Giganten. Ernst Hofacker
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Название: Giganten

Автор: Ernst Hofacker

Издательство: Bookwire

Жанр: Изобразительное искусство, фотография

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isbn: 9783854453642

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СКАЧАТЬ Eine Pianoballade mit simpel gesetzten Harmonien und sparsamster Begleitung, nur hier und da mit verhaltenen Streichern gezuckert. Yoko selbst bestätigt später, wie zentral John das Anliegen dieses Songs ist: »Imagine war etwas, was er der Welt unbedingt sagen wollte.« Vielleicht gerade wegen seiner unschuldigen Naivität und der kindlichen Einfachheit der Grundidee wird Imagine, als Single ausgekoppelt am 16. Oktober 1971, praktisch über Nacht zur Friedenshymne einer ganzen Generation.

      Auch wenn Imagine nach dem starken Tobak von Plastic Ono Band wie Lennon light anmutet, John ist zufrieden. Er hat bewiesen, dass er nicht nur seinen künstlerischen Weg gefunden hat, er hat auch gezeigt, dass er damit am Markt erfolgreich bestehen kann. Streicheleinheiten für das geschundene, längst aber nicht uneitle Ego.

      Nun, da sich John solo bewiesen hat, kehrt er zurück zum politischen Aktivismus, dem er sich gemeinsam mit Yoko verschrieben hat. Und das funktioniert nach bewährter Manier – der Künstler ist die Botschaft, das Medium die Nachricht, und John und Yoko alles auf einmal. Die Beschaulichkeit des abgelegenen Tittenhurst ist nun passé, am 3. September 1971 geht das Paar nach New York. England wird John nicht wiedersehen und Amerika bald von den beiden hören.

      In New York massiert sich zu Beginn der Siebzigerjahre die junge politische Szene des Landes. Der Vietnam-Krieg, längst zum Fiasko für die US-Regierung geworden, eint so unterschiedliche Gruppierungen wie die Black Panthers mit Angela Davis, die kindsköpfigen Yippies um Abbie Hoffman oder auch die anarchistische White Panther Party von MC5-Manager John Sinclair. Dieses radikale Anti-Establishment, dem auch Leute wie Allen Ginsberg, Bobby Seale und Jerry Rubin angehören, nimmt die berühmten Aktivisten aus Swinging London mit offenen Armen auf. Und die lassen sich nicht lange bitten, treten nun bei allen möglichen Veranstaltungen auf und nutzen ihre Popularität, um Solidarität mit den neuen Waffenbrüdern im Geiste zu demonstrieren. TV-Shows, Benefizkonzerte oder Demos für einsitzende Gesinnungsgenossen, John und Yoko sind dabei. Der Ex-Beatle und die bei Beatles-Fanatikern verhasste Yoko sind nun geachtete und einflussreiche Galionsfiguren der Gegenkultur, die in jenen Jahren noch vom naiven Glauben an den Erfolg der eigenen Mission beseelt ist.

      Johns Kunst allerdings tut all das nicht gut. Im Frühjahr 1972 gehen die Lennons ins Studio und nehmen mit Elephant’s Memory, einem Musikerhaufen, den sie in Greenwich Village aufgetan haben, ein neues Album auf. Yoko hat bei acht der zehn Studiosongs mitkomponiert. Und John, der auf den Alben davor sein Innerstes nach außen gekehrt hatte, hat nun den Protestsänger in sich entdeckt. Songs wie Woman Is The Nigger Of The World, Sunday, Bloody Sunday, Angela oder John Sinclair sind weniger Pop als vertonte Agitation. Und die ist nun mal naturgemäß platt, auch wenn sie von einem Beatle ausgebrütet wird. Hinzu kommt, dass das musikalische Spektrum auf Some Time In New York vom archaischen Folkblues über eigenwillige Reggae-Anleihen und polternden Rock bis hin zur spectoresken Wall Of Sound reicht – homogen ist das nicht, und besonders sorgfältig verarbeitet auch nicht. Da macht die als Bonus-Disc beigegebene Live-Platte mit Aufnahmen aus dem Londoner Lyceum und einem Gastauftritt bei Frank Zappas Mothers Of Invention den Kohl nicht fett. Das Album enttäuscht.

      Auch privat steht Ärger ins Haus. Die US-Behörden fordern John im März 1972 auf, das Land zu verlassen. Begründet wird dies mit Lennons Verurteilung wegen Marihuana-Besitzes in England 1968, tatsächlich aber steckt dahinter, dass der US-Geheimdienst John und Yoko subversive Aktivitäten unterstellt. Man will die beiden loswerden. Es ist der Beginn einer zermürbenden vierjährigen Auseinandersetzung mit den Behörden. Der Startschuss zu einer weiteren, nicht weniger zermürbenden Periode in Johns Leben folgt bald darauf.

      Im Dakota Building, an der Westseite des Central Parks gelegen, finden die Lennons im Mai 1973 eine neue Bleibe. Das Haus wird zum Zentrum des Lennono-Universums, privat, künstlerisch, geschäftlich. John hat wieder ein Zuhause. Im Sommer beginnt er mit den Aufnahmen zur nächsten Platte, Mind Games (1973). Enttäuscht hat er zur Kenntnis genommen, dass zu viele seiner neuen, politisch vermeintlich so engagierten Freunde doch eher der Spaßfraktion angehören. Überdies dämmert ihm, dass letztlich auch dem größten Revoluzzer das seelische Hemd näher ist als die sozialpolitische Hose. Die große Politik lässt er also links liegen und richtet den Blick wieder verstärkt auf den eigenen Seelenfrieden. Den hohen Standard von Imagine und Plastic Ono Band aber kann das Album nicht halten – die wirklich packenden Momente sind zu wenige, zu willkürlich scheinen die Themen gesetzt. Immerhin, der Titeltrack bringt es zum mittleren Hit.

      John hat nun alles erreicht. Er ist Lennon Superstar, linkes Gewissen der Rockaristokratie und genialischer Solokünstler. Sogar die Sache mit Yoko haben die Fans, so scheint es, gefressen. Dabei brodelt es heftig unter der harmonischen Oberfläche. Seit fünf Jahren ist das Paar mehr oder weniger ununterbrochen, Tag für Tag, Nacht für Nacht und Stunde um Stunde, zusammen. Nicht, dass sie einander überdrüssig wären, aber ihre überaus intensive Beziehung raubt ihnen zusehends die Luft. Im August ist Yoko klar, dass sie handeln muss, will sie nicht riskieren, dass John irgendwann ausbricht. Zumal sie sieht, dass dem Gatten die Reize der jungen Assistentin May Pang nicht verborgen geblieben sind. Zwar behauptet John später, dass Yoko ihn im September 1973 schlicht »rausgeschmissen« hat, ganz so derb aber will sie nach eigenem Bekunden die vorübergehende Trennung nicht inszeniert haben, die als Johns »Lost Weekend« in die Annalen eingeht.

      Wie dem auch sei, im Herbst findet sich John plötzlich in Los Angeles wieder. May ist mit Yokos Segen zu seiner Gespielin aufgestiegen, und mit den Kumpels Harry Nilsson, Ringo Starr und Keith Moon teilt er ein Strandhaus in Malibu. Seit seinem 23. Lebensjahr ist er Ehemann gewesen, jetzt, mit 33, unversehens wieder Junggeselle. Und der lässt es krachen. Zur Freude der Boulevardpresse, die keine Gelegenheit auslässt, die Eskapaden des ehemaligen Beatle auszuschlachten. Zweifelhafter Höhepunkt: Eines Abends fliegt Mister Lennon aus einer Bar in Los Angeles – sturzbesoffen und mit einer Damenbinde auf dem Haupt. Parallelen zu Hamburger Tagen sind augenfällig, plötzlich ist John wieder der ruppige, launische Zyniker, der sich seinerzeit auf offener Star-Club-Bühne auch gern mal eine Toilettenbrille um den Hals gehängt hat.

      Musik macht er auch noch. Genau dieselbe wie damals im Star-Club, den Rock’n’Roll, der ihn in den Fünfzigerjahren elektrifiziert hat und den er immer noch so sehr liebt. Gemeinsam mit Phil Spector verlegt John die regelmäßigen Saufgelage gelegentlich ins Studio, wo er Standards wie You Can’t Catch Me und Sweet Little Sixteen von Chuck Berry, Larry Williams’ Bony Moronie und Be My Baby von den Ronettes aufnimmt. Dumm nur, dass Spector inzwischen den einen oder anderen Trip zu viel eingeworfen hat, gern mit dem Revolver rumfuchtelt und dabei auch schon mal in die Studiodecke feuert – sch(l)ussendlich macht sich der Produzent im Dezember mitsamt den Bändern aus dem Staub. Lennons Rock’n’Roll-Sause ist damit vorerst geplatzt.

      An anderer Front entspannt sich die Lage: In Malibu empfängt John Paul McCartney und Gattin Linda, sogar gemeinsame Sessions sind überliefert. Trotzdem, Miss Pang und ihr Junggeselle haben das kalifornische Lotterleben im Frühling 1974 satt. Sie kehren zurück nach New York und nehmen ein Apartment an der East 52nd St. Umgehend beginnt John, ein neues Album einzuspielen. Walls & Bridges heißt es und erscheint am 26. September. Einmal mehr aber hat Lennon nur durchwachsene Qualität zu bieten. Geniestreichen wie Whatever Gets You Thru The Night oder # 9 Dream steht Überflüssiges wie das Instrumental Beef Jerkey, Mittelmaß wie Surprise, Surprise und Blödsinn wie Ya-Ya entgegen, dazu das Selbstmitleid von Nobody Loves You (When You’re Down And Out). Ein ähnliches Bild wie auf Mind Games – beide Platte wirken zerrissen, stellenweise schlaff und hingeschludert.

      Elton John, Pianist auf Whatever Gets You Thru The Night, hat mit John gewettet, dass der Track ein Nr.-1-Hit werden wird. So geschieht es. Am 16. November 1974 löst der Song You Ain’t Seen Nothing Yet von Bachman Turner Overdrive an der Spitze der Billboard Charts ab, Johns erste Nr. 1 als Solokünstler. Seine Wettschuld, einen gemeinsamen Auftritt, löst er am 28. November im Madison Square Garden ein. Es wird seine letzte öffentliche Performance sein. Und Yoko ist Zeugin. Ihr Eindruck: »Ich saß da mit zugeschnürtem Hals, weil er so einsam aussah da draußen.« Nach der Show treffen sie sich kurz, und John beschreibt das später so: »Als ich von der Bühne kam, stand sie da, und СКАЧАТЬ