Название: Alternativlos
Автор: Thomas Kirchner
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная деловая литература
isbn: 9783940431585
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Die Entwicklung der Moderne, die messbare Finanzvermögen in die Höhe getrieben hat, ist also die Trennung von Privat- und Firmenvermögen. Im öffentlichen Leben ist die Trennung des Privatvermögens der Mächtigen vom Staatseigentum schon lange vollzogen – von einigen notorischen Kleptokraten in der Dritten Welt einmal abgesehen. L’état, c’est moi – das ist Geschichte. Im Wirtschaftsleben ereignete sich diese Trennung bei großen Kapitalgesellschaften schon im 19. Jahrhundert. Anstatt auf eigene Rechnung zu wirtschaften, gründen selbst kleine Unternehmer heute immer häufiger Kapitalgesellschaften.
Es ist durchaus sinnvoll, dass zwischen geschäftlichem und privatem Vermögen getrennt wird. Geschäftspartner haben mehr Vertrauen in ein Unternehmen als in eine Privatperson, besonders wenn es um größere Beträge geht. Ein Beispiel: Gerade im angelsächsischen Raum ist es vollkommen üblich, dass sich Ärzte oder Rechtsanwälte in Kapitalgesellschaften zusammenschließen. In Deutschland hingegen ist die Rechtsform der GbR für Sozietäten nach wie vor Standard. Folglich ist das Finanzvermögen angelsächsischer Rechtsanwälte höher als das ihrer deutschen Berufskollegen. Die Rechtsform beeinflusst, was als Finanzvermögen gemessen wird. Was kann man daraus folgern? Dass sich Anwälte und Ärzte zu Spekulanten wandeln, je nachdem, welche Rechtsform sie für ihre Praxis wählen? Oder dass, wie im Beispiel mit der Blauen Mauritius, das Sammeln von Briefmarken zum Auseinanderklaffen von Finanz- und Realwirtschaft führt?
Ein weiterer Faktor, der Finanzvermögen steigen ließ, sind zweifellos Privatisierungen von Staatseigentum im Westen wie auch in ehemals kommunistischen Staaten. Weder China noch die damalige Sowjetunion oder andere Ostblockstaaten hatten 1980 nennenswerte Unternehmen, die in Privatbesitz waren. Sobald diese Firmen privatisiert wurden – sei es über Gutscheine wie teilweise in Russland, die an alle Bürger verteilt wurden, oder auch durch weniger transparente Geschäfte – wuchs das globale Finanzvermögen um den Wert dieser nun häufig börsennotierten Unternehmen. Auch hier ist klar, dass der Übergang von Staats- zur Privatwirtschaft zwar die statistische Erfassung der Finanzvermögen von einem Tag auf den anderen explodieren ließ. Daraus nun aber abzuleiten, dass sich Finanzmärkte verselbständigt oder von der Wirtschaft abgekoppelt haben, ist natürlich völliger Unsinn.
Am absurdesten wird die Kritik am steigenden Finanzvermögen, wenn man die Ausgabe von Belegschaftsaktien betrachtet. Eigentlich sind sich alle einig, dass die Beteiligung der Arbeitnehmer an ihrem Betrieb etwas Positives ist. Sobald jedoch Belegschaftsaktien als Teil der Arbeitnehmervergütung neu ausgegeben werden, steigen der Gesamtwert des Unternehmens und damit auch das weltweite Finanzvermögen. An diesem Beispiel sieht man deutlich, wie wenig Aussagekraft diese Statistik hat, und wie schwierig es ist, daraus vernünftige politische Entscheidungen abzuleiten und zu begründen. Vergleichsweise trivial ist es hingegen, mit diesen großen Zahlen um sich zu werfen und Skandal zu schreien.
Und wie sieht es mit der Theorie aus, dass jedem Vermögen eine Schuld gegenüberstehen muss? Auch das ist Unsinn. Wer eine Immobilie besitzt, hat Vermögen. Wer eine Blaue Mauritius oder einen Picasso besitzt, hat Vermögen. All dies sind Vermögenswerte, denen keine Schulden gegenüberstehen. Genauso verhält es sich mit anderem Eigentum wie Aktien, GmbH-Anteilen und dem gezeichneten Kapital von genossenschaftlichen Banken. Lediglich Schuldtitel wie Anleihen, Pfandbriefe, Bankkonten, Sparkassenbriefe oder Festgeld sind Vermögen, denen auch tatsächlich Schulden gegenüberstehen.
Die Vorstellung, dies träfe bei allen Vermögenswerten zu, sagt uns viel über den Kenntnisstand der Kapitalismuskritiker.
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Sind Verbriefungen gefährlich?
Es besteht erstaunlich viel Übereinstimmung in der Ansicht, dass Verbriefungen13 einer der wesentlichen Mechanismen waren, durch den sich die Finanzkrise über Landesgrenzen hinweg und auf verschiedenste Bereiche der Wirtschaft ausdehnen konnte. Die Folge dieser Sicht sind zahlreiche Vorschriften und Gesetze, die Verbriefungen stärker einschränken sollen.
Doch zunächst zur Funktionsweise von Verbriefungen. Vergibt beispielsweise ein Flugzeugfinanzierer einen Kredit für den Kauf eines Flugzeugs, muss der Finanzierer natürlich über den Kreditbetrag verfügen. Um das nötige Kapital zu erhalten, besorgt sich der Flugzeugfinanzierer, meistens ein Finanzdienstleister, der sich auf dieses Segment spezialisiert hat, selbst einen Kredit beispielsweise von anderen Banken, die über reichlich Kundeneinlagen verfügen, aber selbst nicht die Möglichkeit haben, derart große und komplexe Finanzierungen durchzuführen.
Oder aber der Finanzierer emittiert eine Anleihe. Nun sind Flugzeugkredite meistens relativ sicherere Kredite mit geringer Ausfallwahrscheinlichkeit, so dass die Margen sehr gering sind. Es lohnt sich also kaum, einen Finanzierer mit eigenen Eigenkapitalanforderungen zwischenzuschalten. Es wäre für alle Beteiligten sinnvoller, wenn der Kredit direkt von den Eigentümern des geliehenen Kapitals vergeben würde. Verbriefungen sind eine einfache Lösung dieses Problems. Der Flugzeugfinanzierer verpackt eine Reihe von Krediten in eine Anleihe14 und verkauft diese, meist mit Hilfe einer Investmentbank, an Anleger. Dieser Vorgang wird als Verbriefung bezeichnet. Die Anleger wissen nun genau, welche Sicherheiten hinter der Anleihe stehen. Hätten sie stattdessen eine Anleihe des Flugzeugfinanzierers erworben, wüssten sie nicht genau, wie ihr Risiko aussieht – schließlich haben sie zusätzlich zum Ausfallrisiko der Flugzeugkredite noch das allgemeine Risiko, dass der Finanzierer in Konkurs geht. Beim Erwerb einer direkt durch Flugzeuge besicherten Anleihe weiß der Anleger hingegen genau, wie das Risiko aussieht.
Solche Finanzierungen sind meistens billiger, zum einen weil das Risiko für die Anleger besser einzuschätzen ist, zum anderen weil es keine Bank gibt, die eine Marge braucht. Verbriefungen sind inzwischen von allen nur denkbaren Forderungen aufgelegt worden. Verbriefungen von Hypotheken, Kreditkarten, Auto-Leasingverträgen und Studienkrediten sind durch die Finanzkrise weithin bekannt geworden.
Aber auch andere weniger offensichtliche Anwendungsgebiete existieren. So nahm beispielsweise der Musiker David Bowie in den 90er Jahren einen Kredit über 100 Millionen Dollar in Form von verbrieften Tantiemen auf. Er bot den Inhabern der Anleihe alle seine zukünftigen Lizenzeinnahmen als Sicherheit. Bowie tilgte die Anleihe übrigens pünktlich.
Der Staat Mexiko verbriefte während der lateinamerikanischen Schuldenkrise seine Öleinnahmen, um billig an Geld zu kommen. Durch diese Sicherheiten konnte Mexiko auf die Anleihen wesentlich niedrigere Zinsen zahlen als auf andere Kredite, die unbesichert waren und deren Gläubiger allein vom guten Willen und der Zahlungsfähigkeit Mexikos abhängig waren. Fluggesellschaften haben nicht nur Flugzeuge und Triebwerke verbrieft, sondern auch Start- und Landerechte und sogar Flugsteige auf Flughäfen.
Auch die Regierung unter Kanzler Schröder nutzte die Möglichkeit von Verbriefungen aktiv, um russische Staatsschulden loszuwerden. Eine eigene Zweckgesellschaft wurde dazu gegründet: die Aries Vermögensverwaltungs GmbH. Aries emittierte Anleihen in Höhe von fünf Milliarden Euro, die in die Kasse des Bunds flossen. Im Gegenzug trat der Bund alle Zahlungen, die Russland auf diese Schulden leistete, an Aries und damit die Käufer der Anleihen ab.
Sogar ein Kreditderivat packte der damalige SPD Finanzminister Hans Eichel in diese Verbriefung. Hätte Russland die Zahlungen auf СКАЧАТЬ