Название: Alternativlos
Автор: Thomas Kirchner
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная деловая литература
isbn: 9783940431585
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Doch es gab ein Problem: die Devisenreserven der Zentralbank waren durch die Handelsdefizite in den Jahren des Investitionsbooms geschrumpft. Jetzt brauchten die Schuldner – Immobiliengesellschaften, inländische Banken und Finanzierungsgesellschaften – zusätzliche Dollar, um die bald fälligen Dollarschulden begleichen zu können. Die Devisenreserven der Zentralbank würden nicht ausreichen, um alle Dollarschulden zu begleichen. Ziemlich schnell setzte sich die Einsicht durch, dass der feste Wechselkurs nicht halten würde.
Also begann ein Wettrennen um Dollar. Die thailändische Landeswährung Baht wurden gegen Dollar verkauft. Dieses Wettrennen wird in der Presse vereinfacht als spekulative Attacke bezeichnet. Doch Spekulanten waren bestenfalls eine Randerscheinung. Der Verkaufsdruck auf den Baht kam von verzweifelten Schuldnern, denen klar geworden war, dass nicht genug Devisenreserven für Alle vorhanden waren. Bei einer Abwertung wären die Dollarschulden in der Landeswährung Baht entsprechend höher ausgefallen – für viele Unternehmen ein Todesurteil. Dies erklärt, weshalb eine große Zahl von Verkäufern auf einen Schlag Baht gegen Dollar tauschten. Auf den ersten Blick sieht dies wie eine spekulative Attacke aus, aber bei genauerer Betrachtung entpuppt es sich als die Summe einer Vielzahl von Überlebensversuchen.
Bald wurde klar, dass die anderen Tigerstaaten nach ihren jeweiligen Investitionsboom die gleichen Probleme wie Thailand hatten. Indonesien und Südkorea mussten die Kurse ihrer Währungen freigeben, was einer Abwertung gleichkam. Auch in diesen Staaten hatten Unternehmen, Finanzierungsgesellschaften und Banken kurzfristige Kredite in Dollar aufgenommen. Lediglich Malaysia konnte einer Abwertung durch scharfe Maßnahmen wie Kapitalkontrollen verhindern. Dies half zwar kurzfristig. Allerdings ist Malaysia seitdem weit hinter Thailand und Südkorea zurückgefallen, die sich seit der Krise von 1997 nicht nur vollständig erholt haben, sondern es inzwischen zu weit höherem Wohlstand als zuvor gebracht haben. Beide haben Malaysia abgehängt.
Aus der Asienkrise hat man einige Lektionen gelernt: Das in den 80er und 90er Jahren gepriesene asiatische Wachstumsmodell stellte sich als Fehlschlag heraus. Beobachter lobten seinerzeit die staatlich gelenkten Wirtschaftssysteme als dem amerikanischen und europäischen überlegen. Die Krise zeigte jedoch, dass die jeweiligen Regierungen die Risiken der Schuldenberge einfach ignorierten, die sich zur Finanzierung der von ihnen geförderten Investitionsprogramme aufgetürmt hatten. Die asiatischen Staaten haben ebenfalls Lehren aus der Krise gezogen und reduzierten seitdem den staatlichen Einfluss auf die Wirtschaft.
Doch seit der Finanzkrise wird in Europa und den USA erneut der Übergang zu genau dieser gefährlichen Wirtschaftspolitik einer staatlichen Lenkung von Finanzen, Investitionen und Konsum gefordert. Devisenhandel und Schwankungen von Wechselkursen sind Scharlatanen schon lange ein Dorn im Auge. Sie fordern daher stabile Wechselkurse und ignorieren die Erfahrungen aus der Asienkrise. Sie machen nach wie vor Spekulanten für die Abwertungen verantwortlich. Spekulanten spielten jedoch bestenfalls eine Nebenrolle. Des Weiteren werden vor allem Pensionsfonds und deren kurzfristige internationale Investitionen für die Asienkrise verantwortlich gemacht. Die von ihnen verursachten schnellen Kapitalabflüsse hätten die Krise zumindest verstärkt. Diese These widerlegt ein Blick auf die Statistik in Tabelle 3. Sie zeigt die Zusammensetzung der Kapitalzuflüsse (negative Werte: Kapitalabflüsse) in den von der Krise betroffenen Ländern.
Tabelle 3: Kapitalflüsse in Prozent des BSP (Anmerkungen: Neben ausländischen Direkt- und Portfolioinvestitionen tragen Finanzierungen der öffentlichen Hand und Kreditaufnahme des Privatsektors zu den Kapital-zuflüssen bei. Ein negatives Vorzeichen zeigt einen Abfluss an). Quelle: IWF, World Economic Outlook: Interim Assessment, Dezember 1997
Die Gesamtzu- oder Abflüsse sind unterteilt in Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen. Unter Direktinvestition versteht man beispielsweise den Bau oder Kauf einer Fabrik, Immobilie oder eines ganzen Unternehmens, also Investitionen, die illiquide sind und nicht leicht veräußert werden können. Portfolioinvestitionen sind der Erwerb von leichter zu veräußernden Anteilen wie börsennotierten Aktien. Es ist deutlich zu sehen, dass Portfolioinvestitionen nur einen geringen Teil der ausländischen Nettoinvestitionen ausmachten. In den meisten Ländern stellten Direktinvestitionen einen größeren Anteil an den Investitionen dar.
Der Rest der Investitionen, der nicht separat gezeigt wird, sind Kredite oder Anleihen von aus- und inländischen Banken. Die meisten Kapitalzuflüsse finanzierten also Schulden. Es ist klar, dass dies kein Rezept für solides Wirtschaften war. Trotzdem fokussieren Kapitalismuskritiker ihre Analyse der Ursachen auf Währungsspekulanten und angeblich kurzfristig agierende Aktieninvestoren.
8 Im Jahr 1995: Indonesien -3,5 Prozent, Malaysia -5,9 Prozent und Thailand -8,1 Prozent.
9 Die Quote von Fremd- zu Eigenkapital betrug von 1991 bis 1996 1,8 in Indonesien, 1,5 bis 1,9 in Thailand und sagenhafte 3,2 bis 3,4 in Korea. Lediglich in Malaysia besaßen Unternehmen mehr Eigen- als Fremdkapital, die Quote lag zwischen 0,6 und 0,9. Vgl. Marcus Miller, David Vines: The Asian Financial Crisis: Causes, Contagion And Consequences. Cambridge 2006.
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Verhindert „Turbokapitalismus“ nachhaltiges Wirtschaften?
Der Finanzkapitalismus wirtschaftet nur kurzfristig, behaupten seine Kritiker. Auf der Jagd nach der höchsten Rendite gehen Investoren über Leichen und interessieren sich nicht für Übermorgen. Zur Unterstützung dieser Thesen wird eine Reihe von Indizien herangezogen.
Zunächst zum Wirtschaften nach Quartalsergebnissen: Es gibt zweifellos zahlreiche Unternehmen, deren Führung versucht, von Quartal zu Quartal möglichst stabile Umsätze und Gewinne präsentieren zu können. General Electric war unter der Management-Legende Jack Welch das Paradebeispiel eines Unternehmens, das eine geradezu übernatürliche Stabilität aufwies und in jedem Quartal genau einen Cent mehr Gewinn erzielte, als Analysten prophezeit hatten. Mit dieser Strategie ließen sich zweifellos viele Anleger foppen. Doch es gab auch mehr als genug kluge Köpfe, die diese Tricksereien durchschauten. Kritiker des Wirtschaftens nach Quartalsergebnissen gehören offenbar nicht zu der letzteren Gruppe, denn sie sind selbst davon überzeugt, dass solche Tricksereien funktionieren.
Andere Kritiker jammern über das Aufkommen computergestützter Handelsstrategien, die im Mikrosekundentakt Wertpapiere kaufen und verkaufen, als Indiz für kurzfristige Anlagehorizonte. Das Aufkommen dieser Hochfrequenzhändler deutet jedoch eher auf das Gegenteil hin. Bis nach der Jahrtausendwende wurden Aktienkurse durch offizielle Kursmakler ermittelt, die bei festen Preisspannen zum niedrigeren Geldkurs (Disagio) kauften und teurer auf dem Briefkurs (Agio) wieder verkauften.
In Europa sind Kursmakler bereits in den 90er Jahren von der Computertechnik, in Deutschland insbesondere durch Xetra, ersetzt worden. An der New Yorker Börse konnten sie sich ihre lukrative Nische allerdings noch bis 2007 erhalten. Seitdem wird die Kurspflege nicht mehr von Menschen auf dem Parkett betrieben, sondern vollelektronisch von Computern in Sekundenbruchteilen. Die Preisspannen zwischen Kauf- und Verkaufskursen sind seitdem stark geschrumpft. Computergesteuerte Hochfrequenzhändler haben lediglich das Geschäft der ehemaligen Parketthändler übernommen, zudem mit wesentlich geringeren Margen.
Davon profitiert haben die Anleger, denn Transaktionskosten für institutionelle Anleger haben sich zwischen 2000 und 2011 halbiert.10 Auch Menschen, die nicht direkt an der Börse teilnehmen, kommen indirekt in den Genuss der niedrigeren Transaktionskosten, wenn sie Betriebsrenten oder Lebensversicherungen haben, denn deren Auszahlungen fallen bei niedrigeren Kosten entsprechend höher aus.
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