Alternativlos. Thomas Kirchner
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Название: Alternativlos

Автор: Thomas Kirchner

Издательство: Bookwire

Жанр: Зарубежная деловая литература

Серия:

isbn: 9783940431585

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СКАЧАТЬ Ausgedrückt in Prozent des Bruttosozialprodukts.

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       Wurde die Asienkrise durch Währungsspekulanten ausgelöst?

      Kapitalismuskritiker schieben die Krise der asiatischen Tigerstaaten der Jahre 1997 bis 1998 gerne Währungsspekulanten in die Schuhe. Rückendeckung für diese Theorie bekommen sie von Politikern der betroffenen Länder wie dem damaligen malaysischen Premier Mahatir. Der wetterte bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gegen ausländische Spekulanten, die angeblich nichts Besseres zu tun hatten, als Währungen und ganze Volkswirtschaften zu zerstören. Mahatirs Ausfälle überraschen nicht, insbesondere nicht, dass er die Schuld bei Ausländern sucht. Denn der Politiker attackiert immer wieder Ausländer und Minderheiten, beispielsweise als er 2001 ankündigte, homosexuelle ausländische Diplomaten oder Minister auf der Stelle auszuweisen.

      Erstaunlich ist hingegen, wie erfolgreich er den Ton der kapitalismuskritischen Debatte zur Asienkrise vorgab. Bis heute sind viele Menschen davon überzeugt, dass Spekulanten die Währungen der asiatischen Tigerstaaten zerstörten. Mahatir brachte immer wieder George Soros in die Debatte und behauptete, Beweise für dessen Aktivitäten zu haben. Soros selbst war allerdings von den plötzlichen Abwertungen überrascht worden. Die angeblichen Beweise hat Mahatir bis heute nicht vorgelegt.

      Die Hintergründe der Asienkrise sind weit komplexer, als Gegner freier Märkte wahrhaben wollen. Die Krise war von einheimischen Akteuren und leichtfertigen politischen Entscheidungen ausgelöst worden und nicht durch ausländische Spekulanten. In den 80er und 90er Jahren hatten sich die sogenannten asiatischen Tigerstaaten (Thailand, Singapur, Hong Kong, Malaysia, Taiwan und Indonesien) rapide entwickelt und dadurch ihren Beitrag zum Ende der Theorien des Neokolonialismus geleistet. Das hohe Wirtschaftswachstum führte zu relativ hohen Zinsen in den heimischen Währungen.

      Doch anstatt die Währungen freizugeben und die Wechselkurse von den Märkten bestimmen zu lassen machten die Regierungen der Tigerstaaten den Fehler, ihre Währungen fest an den Dollar zu koppeln. Höhere Zinsen in den Tigerstaaten als im Dollar hätten eigentlich zu einer Aufwertung dieser Währungen führen müssen. Doch die Regierungen hielten die Währungen niedrig, um ihre Exportwirtschaft zu fördern.

      Hohes Wachstum trotz hoher Zinsen hatte zunächst positive Auswirkungen. Der Lebensstandard in den Tigerstaaten stieg unablässig. Regierungen nahmen umfangreiche Infrastrukturprojekte in Angriff, bei denen es erheblichen Nachholbedarf gab. Zur Finanzierung des Wachstums konnten diese Länder angesichts hoher Zinsen und stabiler Wechselkurse ausländische Investitionen anziehen. Deren Kapitalbedarf war zu groß, um trotz hoher Sparquoten allein durch einheimisches Kapital gedeckt werden zu können. Nur durch Kapitalzuflüsse aus dem Ausland konnte der Bedarf gedeckt werden.

      Investoren sahen hohe Wachstumsraten, gut ausgebildete Arbeitskräfte und Märkte mit noch viel Wachstumspotential. Anfang der 90er Jahre gehörten die Tigerstaaten zu den beliebtesten Zielen für Kapitalanlagen. Nicht nur wohlhabende Menschen investierten – auch die Masse europäischer und amerikanischer Kleinanleger konnte ihre Ersparnisse durch Investmentfonds in diesen Nationen investieren. Antoine van Agtmael hatte schon in den 80er Jahren den Begriff Emerging Markets für solche Schwellenländer geprägt, deren Einkommen rapide stiegen und im internationalen Vergleich im Mittelfeld lagen.

      Die Tigerstaaten lagen am oberen Ende der Emerging Markets und hatten sich nun auch begrifflich von der Dritten Welt und Entwicklungsländern abgesetzt. Sie wurden zu respektablen Empfängern von Kapital. Insgesamt waren die Kapitalmärkte der Tigerstaaten allerdings noch relativ unterentwickelt. Ein Großteil der Finanzierungen war deshalb in Bankkrediten konzentriert und lief nicht über Anleihen oder Aktien, die an Märkten breit gestreut werden konnten. Die Wirtschaft befand sich deshalb in einer hohen Abhängigkeit vom Bankensystem. Finanzmärkte steckten noch in Kinderschuhen, obwohl angesichts der Menge des Kapitalbedarfs eine weite Streuung der Finanzierungsquellen notwendig gewesen wäre, wie sie nur in einem flexiblen System von Kapitalmärkten erreicht werden kann, aber nicht durch staatlich gelenkte Bankkredite.

      Vor lauter Euphorie übersahen alle Beteiligten kritische Spannungen, die sich in der Wirtschaft der Tigerstaaten zusammenbrauten. Es waren nicht nur Finanzhaie und Bankiers, die diesem Irrtum aufsaßen, wie manch finanzkritischer Leser denken mag. Unternehmer, Politiker, Akademiker, Journalisten – vor lauter Wachstum sah niemand die Schwächen des Systems. Zum einen führte das Wirtschaftswachstum zu einem Investitionsboom, insbesondere in Industrieanlagen und Immobilien. Steigende Immobilienpreise führten, wie zu erwarten, zu einer Immobilienblase mit den dafür typischen Bauprojekten, die in Erwartung einer stetig steigenden Nachfrage konzipiert wurden. Investitionen nahmen so stark zu, dass diese Länder aufgrund der Importe von Investitionsgütern 1995 Handelsdefizite hatten.8 Und das, obwohl die Wirtschaft dieser Länder eigentlich exportorientiert aufgebaut war, also Überschüsse hätte generieren müssen.

      Zum anderen ermutigten die festen Wechselkurse Unternehmer, Darlehen in Dollar anstatt der Landeswährung aufzunehmen. Zinsen in Dollar waren deutlich niedriger. Die Zinskosten konnten sogar noch weiter gedrückt werden, wenn man kurzfristig laufende Kredite aufnahm und sie bei ihrem Auslaufen durch Aufnahme neuer Kredite zurückzahlte. Gerade in der Immobilienbranche, die aufgrund der hohen Baukosten immer und überall mit einem hohen Grad an Verschuldung arbeitet, war die kurzfristige Finanzierung in Dollar weit verbreitet. Was konnte schon schiefgehen? Die Politik garantierte die Stabilität der Wechselkurse. Es ist also kein Wunder, wenn zu Beginn der Asienkrise viele Unternehmen nur über wenig Eigenkapital verfügten und sich hauptsächlich über kurzfristige Bankkredite finanzierten.9

      Das asiatische Wirtschaftsmodell von staatlich gelenkten Investitionsentscheidungen erschien vielen Beobachtern im Westen bis zur Krise als das überlegene. Technokraten können nicht irren und treffen immer optimale Entscheidungen. Doch was passiert, wenn sich die Technokraten in den mächtigen Ministerien dann doch verspekulieren? Wenn Fehlinvestitionen zentral gesteuert werden, nehmen sie ein weit größeres Ausmaß an, als wenn dezentral agierende Marktteilnehmer Fehler begehen. Es wurde nicht bedacht, dass solche staatlich gesteuerten Fehlinvestitionen weitaus katastrophalerer Folgen haben als private Spekulationsblasen.

      Dieser Irrtum überrascht umso mehr, wenn man die Erfahrungen des Vorbilds der asiatischen Tigerstaaten betrachtet: Sie hatten das japanische Modell der Steuerung durch das omnipotenten Ministerium für Handel und Industrie (kurz: MITI) übernommen. Doch bereits Anfang der 90er Jahre war Japan mit seiner zentral gesteuerten Privatwirtschaft gescheitert. Wie ich in Kapitel 41 zeigen werde, leidet dieses Land noch heute unter den Auswirkungen dieses fehlgeschlagenen Experiments. Aber inmitten eines jeden Booms ist es sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die Grenzen des Aufschwungs zu erkennen. Natürlich gibt es immer und überall Kritiker, die vor einer unmittelbar bevorstehenden Rezession warnen. Gerade sie machen es umso schwieriger, zwischen seriösen und unseriösen Warnungen zu unterscheiden.

      Wie bei jeder Krise kamen mehrere Faktoren zusammen: japanische Banken hatten in den 80er und 90er Jahren die Expansion japanischer und lokaler Unternehmen in den Tigerstaaten kapitalkräftig unterstützt. Doch nach 1995 reduzierten japanische Banken internationale Risiken, weil sie mehr als genug Probleme in ihrer Heimat hatten. Für die Unternehmen in den Tigerstaaten war dies ein Problem, denn aufgrund der unterentwickelten Kapitalmärkte waren sie von Bankkrediten abhängig. Feste Wechselkurse suggerierten allen Beteiligten immerwährende Währungsstabilität. Und angesichts des jahrelangen soliden Wachstums konnte sich niemand eine Konjunkturabschwächung vorstellen.

      Die Krise ging von Thailand aus, wo die Immobilienfirma Somprasong Land eine Zinszahlung auf einen Kredit über 80 Millionen Dollar nicht leisten konnte. Mit einem Schlag wurde aller Welt klar, dass der Boom vorbei war. Auch andere Immobilienfirmen hatten sich übernommen und standen jetzt vor dem СКАЧАТЬ