Название: Beim Zwiebeln des Häuters
Автор: Gerhard Henschel
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783862870462
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Gegen das Milieu und die Phrasen der guten Menschen, die sich regelmäßig mit einer Kerze in der Hand und einer Träne im Knopfloch nach Taka-Tuka-Land einschiffen, um die Probleme der Welt zu lösen, ist vieles vorzubringen. Röhl beschränkt sich jedoch auf die Phrasen seines eigenen Milieus, in dem man selbstbewusst Position gegen »Knoblauch-Klopse« bezieht und stolz darauf ist, deutsch zu sein. Hier hat das gesunde Volksempfinden endlich wieder eine genuine Stimme gegen die Verniggerung der Kultur gefunden: »Die Jüngeren himmeln einen Schlagersänger nur an, wenn er zumindest englisch singt, noch lieber spanisch, italienisch, französisch, griechisch, am liebsten lateinamerikanisch oder einen Dialekt von den glücklichen Multikulti-Inseln benutzt (Rap, Rasta). Die Mädchen lassen sich ihre meist zu dünnen blonden Haare, wenn irgend möglich, zu Rastalöckchen aufnudeln und ziehen Jeans nur an, wenn sie aus den USA kommen, während ihre Eltern für eine farbige Bluessängerin am Bildschirm fast zu Boden sinken, wann immer möglich ›beim Türken‹ einkaufen gehen und sich als schönste Gaumenfreude erträumen, Tsaziki ›beim Griechen‹ zu essen ...«
So primitiv hat uns zuletzt Alfred Tetzlaff die Welt erklärt, als Röhl sein Geld noch mit links verdiente. Heute sind die beiden Politologen ein Herz und eine Seele.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.12.1995
Der Bundespräsident, unbehaust
Ungewohnt offenherzig zog Roman Herzog in seiner Weihnachtsansprache über seine ehelichen Gepflogenheiten her. Man solle andere Menschen nicht leichtfertig als »Betrüger« oder »Mörder« beschimpfen, wie es »uns allen« zum Beispiel »bei Ehestreitigkeiten« immer wieder unterlaufe, sagte der Bundespräsident. Im übrigen, und das dürfte vor allem die Obdachlosen beeindruckt haben, seien »wir doch alle unbehaust in den Veränderungen, die neue politische und gesellschaftliche Probleme, neue technische Entwicklungen, Globalisierungsvorgänge und anderes mehr mit sich bringen«.
Ein wahres Wort. Oder ist hier etwa jemand »behaust« in den laufenden Globalisierungsvorgängen? Geht das überhaupt? Muss man dafür Miete zahlen? Was kostet der Quadratmeter? Gibt es Kündigungsschutz, und welche Fristen sind zu beachten? Sind Häuser aus Globalisierungsvorgängen spitzgiebelig oder Bungalows? Und wären Häuser aus Liebe nicht komfortabler?
»Ich baue uns ein neues Haus aus lauter Liebe auf«, sang Peter Alexander einst, und Reinhard Mey griff die Metapher auf: »Manchmal wünscht’ ich, unsere Liebe wär’ ein Haus, und du könntest darin wohnen ...« Schön und gut. Doch die Unbehaustheit des Bundespräsidenten, den seine Frau, wenn er sich mit ihr streitet, der Kapitalverbrechen bezichtigt, sollte uns, bei aller Liebe, zu denken geben. Wenn selbst das Staatsoberhaupt seine Ehekräche nicht mehr in den eigenen vierzig Wänden austrägt, sondern unter Brückenbögen, dann ist etwas faul im Staate. Die Villa Hammerschmidt und das Schloss Bellevue sind beide schon maisons perdues. Roman Herzog wohnt nicht einmal mehr in einem Haus aus Liebe, und seit Weihnachten ist er sogar in den Globalisierungsvorgängen unbehaust. Was sagt er selbst dazu?
Ich treffe ihn in Bonn am Rhein am zweiten Weihnachtsfeiertag unter der Konrad-Adenauer-Brücke. Der Bundespräsident hat sich mit Wellblechfetzen zugedeckt und besudelt sich beim Lambruscotrinken. »Ich baue uns ein neues Haus aus lauter Liebe auf«, grölt er. Vor Schreck geht ein Schiff unter, und Roman Herzog brüllt: »Versenkt!« Aber da biegt schon die First Lady um die Ecke und schwenkt ein zum Nudelholz gerolltes Stück Pappe. »Du Betrüger!« zetert sie. »Du Mörder!« Und es beginnt eine wüste Verfolgungsjagd.
Würden Sie diesem Paar eine Wohnung vermieten?
taz, 28.12.1995
Würstchen mit Haarteil
Heinos Lebensbilanz
Heino, »das kleine Würstchen aus Oberbilk« (Heino über Heino), wurde 1985 von Franz-Josef Strauß auf dessen Geburtstagsfeier herzlich begrüßt. »Das war eine verkehrte Welt: Ein Ministerpräsident Strauß wartet jahrelang darauf, Heino kennenzulernen – verrückt. Aber es hat mir natürlich unendlich gutgetan. Es bewies mir, dass ich irgend etwas richtig gemacht habe.«
Das stellt Heino in seiner Autobiographie fest. »Und sie lieben mich doch« – der trotzige Titel verweist auf Heinos Imageprobleme. »Es hat mich schon sehr geschmerzt, dass ich von manchen Leuten für eine Symbolfigur der Rechten gehalten wurde.« Das sei er nie gewesen, sondern »ein richtig armes Schwein« und ein »Hans-Dampf in allen Gassen«, aber auch »ein stilles, zurückhaltendes Kind«, »der Junge aus der Backstube«, ein »Schäferhund-Fan« und Träger eines Haarteils, »und mich beruhigt der Gedanke: Ich bin ja nicht der einzige in der Showbranche, der ein Haarteil trägt. Andere haben auch noch ein Gebiss – ich aber habe noch alle meine Zähne.«
Politisch tendierte Heino (»Im Grunde meines Kinderherzens war ich Kommunist«) mal hierhin (»Als ich später meine Stimme abgeben durfte, habe ich immer SPD gewählt«) und mal dorthin (»Im Grunde tendiere ich zu den Grünen«), doch über alle Widrigkeiten triumphierte die Liebe. Heino (»Ich liebte die Natur, die freie Landschaft«) liebt seine Heimat (»Das ist mein Fleckchen Erde«). Er liebt aber auch Rudi Schurickes »Caprifischer« (»Ich liebte dieses Lied«), Karin (»Karin hatte eine Super-Figur: lange Beine, schmaler Popo, knackiger Busen; ein edles, schmales Gesicht, langer Pferdeschwanz«), Henny (»Wir taten, was alle jungen Menschen am liebsten tun, obwohl es lange noch keine Pille gab«), Lilo (»Ich habe sie ziemlich schnell geküsst. Es schmeckte wie Erdbeeren mit Sahne«) und Hannelore (»Ich liebte Hannelore, basta«). Speziell Hannelores Gastbeitrag verdanken wir auch die endlich Gemeingut gewordene Kenntnis der Geschehnisse in der dritten Hütte: »Und dann hat er mich hinauf in mein Zimmer unterm Dach begleitet. Und da ist es dann passiert. Endlich! Ich will nur dies verraten: Es war so schön wie noch nie im Leben.«
Zuvor hatte Heino mehrmals überstürzt den Rückzug antreten müssen. Als »die hübsche Henny«, die er geschwängert hatte, mit ihrer Mutter vor seinem Elternhaus erschien, handelte er sofort. »Ich dachte mir: jetzt musst du aber gucken, dass du schnell zur Hintertür rauskommst auf den Hof. Erstmal Land gewinnen. Weg war ich. Erst eine Stunde später kam ich wieder nach Hause.« Einige Jahre später klingelte seine Jugendliebe Karin an der Haustür, mit einem kleinen Mädchen an der Hand. »Da hat es auch bei mir geklingelt. Das war Karin Theilenberg. Und das kleine Mädchen war mir sehr ähnlich, das sah man auf den ersten Blick.« Wieder reagierte Heino antrittsschnell: »Ich bin mit meinem Schwiegervater blitzartig durch den Hinterausgang geflohen. Wir gingen in eine Kneipe und warteten beim Bier ab, dass sich der Qualm verzieht.«
Dem Bier blieb Heino treuer als den Frauen, die er zu Müttern gemacht hatte. Er hat Udo Lindenberg zugeprostet (»Wir saßen in Udos Garderobe und tranken ein paar Bierchen«), als junger Zeitschriftendrücker schon vormittags zugelangt (»Um zehn Uhr zog ich los als Treppenterrier, um elf Uhr ging ich in die Gastwirtschaft, ein kühles Bierchen trinken«) und die erste Plattenaufnahme zünftig begossen (»Ich ging in die erstbeste Kneipe und zischte ein paar Bierchen«). Gern kehrt Heino heute noch beim Dorfspaziergang ein (»Im Dorf befindet sich das gemütliche Haus Rupperath, wo ich schon mal ein Bierchen trinke«), und wenn er mit Hannelore wandern geht, trinken die beiden auch einmal zur Abwechslung »in einem Wirtshaus ein Bierchen« – ein Hobby, das Heino mit seinem Freund Hans-Dietrich Genscher teilt: »Er kam immer mit ausgebreiteten Armen auf mich zu, und dann tranken wir schon mal ein Bierchen und redeten über meine Lieder. Genscher hat eine große Heino-Sammlung zu Hause.«
Alles an Heino ist schlicht – seine Musik, sein Geschmack, sein Herzensgrund, sein Fleckchen Erde, seine Autobiographie und sein Geist. »Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich das Meer: soviel Wasser! So blau! Bis zum Himmel!« Schlichtheit der Gedanken und des Gemüts ist das Programm, das Heinos Fans an Heino lieben, der sich ihren Traum vom Glück so schlicht wie möglich СКАЧАТЬ