Weiter als der Ozean. Carrie Turansky
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Читать онлайн книгу Weiter als der Ozean - Carrie Turansky страница 6

Название: Weiter als der Ozean

Автор: Carrie Turansky

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961224623

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СКАЧАТЬ ihrer lieben Mutter so schlecht ging? Tränen traten ihr in die Augen, und sie musste einige Male blinzeln, bevor sie weiterlesen konnte.

      Die Schwestern dort versorgen sie gut, und die Ärzte hoffen, dass sie sich von ihrer Lungenentzündung erholt, aber das ist nicht sicher. Ich wollte Dich für den Fall vorbereiten, dass das Schlimmste eintritt. Ich werde sie besuchen, so oft ich kann, und ich verspreche, Dir zu schreiben, wenn sich etwas an der Situation ändert.

      Der nächste Absatz war nicht weniger beunruhigend. Mrs Graham teilte ihr mit, dass ihr Bruder beim Diebstahl erwischt worden war und dass ihre drei Geschwister in ein Kinderheim gebracht worden waren.

      Ich hoffe, Du kommst nach London, wenn Du kannst. Es würde Deine Mutter sicher aufmuntern, wenn sie Dich sieht und weiß, dass Du alles tust, um Dich um Deine Geschwister zu kümmern und ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind. Bitte schreibe mir, ob Du kommen kannst. Ich werde in meinen Gebeten an Dich und Deine Familie denken.

      Herzlich

      Ruby Graham

      Laura drückte den Brief ans Herz und schluckte. Etwas schnürte ihr die Kehle zu. Nach allem, was sie in den letzten Jahren durchgemacht hatten, wurden sie jetzt erneut mit einer schmerzhaften Situation konfrontiert. Ihre Geschwister hatten versucht, sich um sich selbst und um Mama zu kümmern, aber sie waren damit überfordert gewesen. Außerdem hatten sie Hunger gelitten und nicht gewusst, an wen sie sich wenden sollten. Ihr armer Bruder war so verzweifelt gewesen, dass er Brot gestohlen hatte. Das sah ihm überhaupt nicht ähnlich.

      Sie schloss die Augen und rieb sich die Stirn. Katie, Grace und Garth mussten zutiefst verängstigt sein. In welches Heim hatte man sie gebracht? Waren sie alle im selben Haus oder hatte man sie getrennt? Viele Kinderheime nahmen nur Jungen oder nur Mädchen auf.

      Sie musste nach London. Ihre Familie brauchte sie. Würde Mrs Frasier ihr das erlauben oder würde sie ihr kündigen und sich eine neue Kammerzofe suchen? Wenn Laura ihre Stelle verlor, hätte sie kein Geld, um ihrer Familie zu helfen. Vielleicht könnte sie in London eine neue Stelle finden, aber wie sollte sie sich um ihre Geschwister kümmern, wenn sie den ganzen Tag arbeitete?

      Ein ersticktes Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf. Sie hielt sich schnell die Hand vor den Mund, um nicht laut zu weinen. Sie sollte für ihre Mutter und für ihre Geschwister beten, aber sie konnte ihre aufgewühlten Gedanken nicht in Worte fassen. Sie beugte den Kopf und betete um Trost. Aber der Himmel erschien ihr fern und schweigsam.

      Ein leichter Wind fuhr durch die Pflaumenblüten über ihr, und einige rosa Blütenblätter regneten auf sie herab. Sie hielt sich die Augen zu und ließ ihren Tränen freien Lauf.

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      Andrew faltete die Hände auf dem Rücken und schlenderte mit seiner Mutter über den smaragdgrünen Rasen im alten Rosengarten. Es war noch zu früh für die Rosenblüte, aber er sah die neuen Triebe, die ankündigten, dass sie sich in wenigen Wochen in ihrer ganzen Pracht zeigen würden. Um diese Jahreszeit leuchteten am Rand der Beete die bunten Tulpen, Herzblumen, Hyazinthen und Vergissmeinnicht.

      Es tat gut, zu Hause zu sein und durch die Privatgärten seiner Familie zu spazieren. Als Junge hatte er hier draußen viele Stunden verbracht und war Mr Harding, dem mürrischen alten Gärtner mit dem weichen Herzen, überallhin gefolgt. Von ihm hatte er gelernt, die Beete zu bearbeiten, mehrjährige Blumen umzupflanzen und die Kletterrosen zu schneiden. Neben der Arbeit im Garten hatte Andrew Kaninchen gejagt und zugesehen, wie Rotkehlchen ihre Nester bauten und ihre Jungen fütterten.

      Bei schönem Wetter war er gern im Freien gewesen und bei Mr Harding in die Schule gegangen. Und manchmal auch, wenn das Wetter nicht so schön gewesen war. Er hatte jene Stunden mit dem alten Mann genossen und die Geheimnisse des Gartens in sich aufgesogen. So hatte er nicht im Haus und in der Nähe seines Vaters sein müssen, der ein hitziges Temperament hatte und nur selten mit dem, was Andrew sagte oder tat, zufrieden war.

      Er presste die Zähne zusammen, schob diesen Gedanken beiseite und wandte sich an seine Mutter. „Wo hält sich Vater im Moment auf?“

      „Er ist zum Angeln in Schottland. Morgen oder am Samstag müsste er zurück sein.“

      Andrew nickte und war dankbar, dass er und seine Mutter ein wenig Zeit für sich haben würden, bevor sein Vater zurückkehrte.

      „Erzähl mir von Italien.“ Sie sah ihn mit einem herzlichen Lächeln an. „Ich hoffe, du hast nicht die ganze Zeit nur gearbeitet.“

      Andrews Blick wanderte über den Garten, während er sich an die schönsten Momente der zwei Monate erinnerte, die er mit Henry Dowd, seinem Freund und Mentor, in Italien verbracht hatte. „Rom ist atemberaubend. Dort gibt es so viel Geschichtliches und so viele faszinierende Sehenswürdigkeiten. Aber wir waren die meiste Zeit in der Nähe von Florenz. Die Landschaft dort ist wunderschön, und es gibt etliche historische Bergstädte, die bis ins Mittelalter zurückreichen.“

      „Das hört sich interessant an.“

      „Ja, es ist eine reizvolle Gegend. Die kleinen Bergstädte haben farbenfrohe enge Straßen und sonnengetränkte Plätze, die Piazzas. Es gibt bemerkenswerte Kunstwerke, und die Menschen sind so freundlich. Und das Essen schmeckt köstlich.“

      „Kein Wunder, dass es dir dort so gut gefallen hat.“

      Er grinste. „So ist es. Ich hoffe, dass ich irgendwann wieder dorthin fahren kann.“

      „Und eure Arbeit? Lief alles gut?“

      „Ja. Wir haben das Anwesen eines Mandanten verkauft und alle seine Geschäfte in Italien abgewickelt.“

      Ein Bediensteter trat zu ihnen. „Entschuldigen Sie, Madam. Mrs Jackson ist angekommen.“

      „Oh. Sagen Sie ihr bitte, dass ich gleich bei ihr bin.“

      Der Mann nickte und schritt zum Haus zurück.

      „Entschuldige, Andrew. Ich hatte ganz vergessen, dass Althea heute kommt. Sie und ich sind Schirmherrinnen des Frühlingsfests von St. Lukas. Wir haben einiges zu besprechen.“

      „Das macht nichts, Mutter.“ Er küsste sie auf die Wange. „Genieß die Zeit mit deiner Freundin. Wir sehen uns später.“

      „Danke, mein Lieber.“ Sie tätschelte seinen Arm und ging dann zurück zum Haus.

      Andrew atmete tief ein und genoss den Geruch von feuchter Erde und blühenden Blumen. Bei einem friedlichen Spaziergang durch den restlichen Garten, um zu erkunden, welche Pflanzen sonst gerade blühten, könnte er sich in Ruhe überlegen, wie er seinem Vater das Unaufschiebbare sagen würde, wenn der von seinem Angelausflug zurückkehrte. Das Gespräch würde wahrscheinlich nicht angenehm verlaufen, aber es war überfällig.

      Er erreichte das Ende des Rosengartens und bog auf den Schotterweg, der zum Teich und dann weiter zum Obstgarten führte.

      Ein unerwartetes Geräusch ließ ihn innehalten. Er neigte den Kopf und strengte seine Ohren an. Weinte da jemand auf der anderen Seite der Stechpalmenhecke? Er lauschte noch einen Moment und ging dann einige Schritte in diese Richtung.

      Als er das Ende der Hecke erreichte, blieb er stehen und sah sich um. Eine junge Frau in einem schwarzen Dienstbotenkleid mit weißer Schürze saß auf der Steinbank. Ihr blondes Haar war unter einer Haube hochgesteckt, und sie drückte einen Brief an ihre Brust. Ihre Schultern bebten, und Tränen glänzten auf ihren Wangen.

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