Weiter als der Ozean. Carrie Turansky
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Читать онлайн книгу Weiter als der Ozean - Carrie Turansky страница 10

Название: Weiter als der Ozean

Автор: Carrie Turansky

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961224623

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      Laura schlüpfte in ihren Mantel. Dann umarmte sie Millie herzlich. „Ich werde dich vermissen, Millie.“

      „Ich dich auch. Pass gut auf dich auf. Gib uns Bescheid, wie es läuft und wann du zurückkommst.“

      „Das mache ich.“ Laura nahm ihre Handtasche und ihren Koffer vom Bett und trat auf den Gang hinaus. Sie ging auf die Dienstbotentreppe zu, aber dann überlegte sie es sich anders und drehte sich um. Wenn Andrew Frasier auf sie wartete, nahm sie die Haupttreppe. Sie wollte nicht das Risiko eingehen, ihm auf der dunklen Hintertreppe zu begegnen.

      Sie atmete tief ein und marschierte los. Als sie auf dem untersten Treppenabsatz ankam, sah sie Andrew Frasier mit Mr Sterling unten an der Treppe stehen. Der stämmige Butler bedachte sie mit einem besorgten Blick. Er war immer freundlich zu ihr gewesen, und dafür war sie sehr dankbar.

      Andrew Frasier sah zu ihr hoch und lächelte. „Ah, Miss McAlister, da sind Sie ja.“ Er zog eine Taschenuhr aus der Westentasche. „Wenn Sie sich beeilen, können Sie den Fünfzehn-Uhr-dreißig-Zug noch erwischen.“

      Sie warf einen Blick auf die große Standuhr neben dem Kamin in der großen Halle, während sie die letzten Stufen hinabstieg. Es war schon fast drei. Zu Fuß würde sie es unmöglich bis halb vier zum Bahnhof schaffen. Es dauerte mindestens vierzig Minuten, um in den Ort zu kommen, selbst wenn sie mit ihrem Koffer zügig vorankäme.

      „Layton holt bereits das Automobil“, sprach Andrew weiter. „Er fährt Sie zum Bahnhof.“

      Laura blieb auf der untersten Stufe abrupt stehen. „Oh, nein, Sir. Das ist nicht nötig. Ich kann zu Fuß gehen.“

      „Aber wenn Sie den Nachmittagszug verpassen, fährt der nächste Zug erst um Viertel nach sieben. Ich will nicht, dass Sie so lange am Bahnhof warten müssen.“ Er schaute zum Fenster. „Außerdem sieht es so aus, als bekämen wir bald Regen. Bitte lassen Sie sich zum Bahnhof bringen.“

      Er schien sein Angebot ernst zu meinen. Eine schnelle Fahrt im Automobil wäre natürlich viel angenehmer als ein langer Fußmarsch im Regen. „Wenn Sie meinen. Danke, Sir.“

      Elsie, das junge Küchenmädchen, kam aus der Tür am Ende des langen Gangs und eilte mit einem kleinen Korb auf sie zu. „Bitte sehr, Sir.“

      „Sehr gut.“ Er nahm den Korb. „Bitte richten Sie Mrs Lindquist meinen Dank aus.“

      „Ja, Sir.“ Elsie senkte den Kopf und eilte zur Dienstbotentreppe zurück, die in die Küche hinabführte.

      Draußen vor dem Haus knirschte der Schotter unter den Autoreifen.

      „Das dürfte der Wagen sein.“ Andrew deutete zur Haustür.

      Mr Sterling schritt vor ihnen her durch die schwarz-weiß gekachelte Eingangshalle und zog die schwere Holztür auf. Andrew trat als Erster hinaus, und Laura folgte ihm. Der Butler nickte ihr ermutigend zu. Sie lächelte ihn dankbar an.

      Als sie aus dem Haus trat, ließ sie ihren Blick über die gewundene Zufahrt zum Rasen und zu den Gärten wandern. Der Geruch von Regen und frisch gemähtem Gras wehte ihr entgegen. Sie atmete tief ein, und ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. Es war albern, sentimental zu werden, weil sie von Bolton wegfuhr. Das hier war nicht ihr Zuhause. Sie kehrte nach London zurück, wo sie geboren und aufgewachsen war. Aber ihre Familie befand sich in einer Notlage und war zerstreut. Laura konnte also bei ihrer Heimkehr keine herzliche Begrüßung erwarten. Ihre engsten Freunde lebten hier, sie waren Dienstboten in diesem Haus, wie sie selbst.

      Der Chauffeur eilte um den Wagen herum und trat zu Mr Frasier.

      „Bitte bringen Sie Miss McAlister zum Bahnhof.“

      „Ja, Sir.“ Layton nahm Lauras Koffer und schnallte ihn am Heck des Automobils fest.

      Mr Frasier öffnete die Tür zur eleganten Rückbank.

      Laura bedachte ihn mit einem unsicheren Blick. „Wenn ich mit Mrs Frasier wegfahre, sitze ich normalerweise vorn neben dem Fahrer.“

      „Meine Mutter kommt heute nicht mit. Es spricht also nichts dagegen.“ Er deutete auf den Rücksitz. „Sie wollen doch nicht zu spät kommen und den Zug verpassen.“

      Laura rutschte auf den Rücksitz und legte ihren Rock um sich, obwohl sie das Gefühl nicht abschütteln konnte, dass es sich nicht geziemte, dass sie wie ein Familienmitglied auf dem Rücksitz Platz nahm.

      „Das ist für Sie.“ Mr Frasier reichte ihr den Korb.

      Sie blinzelte verwirrt, dann nahm sie ihn entgegen.

      „Ich habe keine Ahnung, was Mrs Lindquist eingepackt hat, aber es schmeckt bestimmt besser als das, was Sie im Zug bekommen.“

      „Danke.“ Sie war so überrascht, dass sie nicht wusste, was sie sonst sagen sollte.

      „Danken Sie nicht mir, sondern Mrs Lindquist, wenn Sie zurück sind.“ Er nahm einen Umschlag aus seiner Anzugjacke und hielt ihn ihr hin.

      Sie starrte den sauberen weißen Umschlag, auf dem ihr Name stand, verständnislos an. „Was … was ist das?“

      Seine braunen Augen funkelten, und er zog schmunzelnd einen Mundwinkel nach oben. „Das ist für Sie.“

      Sie biss sich auf die Lippe und war nicht sicher, ob sie den Umschlag annehmen sollte.

      „Es ist nur ein kleiner Betrag als Hilfe auf Ihrem Weg.“

      Sie zögerte immer noch. Warum gab er ihr Geld?

      „Bitte, meine Mutter und ich wollen Sie damit unterstützen.“

      Wenn dieses Geschenk auch von seiner Mutter kam, konnte Laura es unbesorgt annehmen. „Danke. Und bitte richten Sie auch Mrs Frasier meinen Dank aus.“

      „Das mache ich. Ich wünsche Ihnen eine sichere Fahrt.“ Er schloss die Tür.

      Der Chauffeur drehte an der Kurbel. Als der Motor ansprang, stieg der Mann vorn ein. Im selben Moment landeten schon die ersten Regentropfen auf dem weichen Autodach.

      Mr Frasier hob die Hand, und Laura nickte ihm zum Abschied zu, als der Wagen losfuhr.

      Sie lehnte sich auf dem schwarzen Ledersitz zurück und starrte auf den Korb und den Umschlag. Warum hatte sich Mr Frasier so viel Mühe gemacht? Und warum war er so freundlich zu ihr? Er schien dafür keine Gegenleistung zu erwarten, aber das wusste sie nicht mit Bestimmtheit. Sie riss den Umschlag vorsichtig auf und holte einen cremefarbenen Briefbogen heraus. Als sie das Blatt auseinanderfaltete, landeten zwei steife Fünf-Pfund-Noten auf ihrem Schoß.

      Ihr entfuhr ein überraschtes Keuchen. Ihr Lohn betrug nur vier Pfund im Monat, da sie auf Bolton auch Kost und Logis bekam. Das war ein sehr großzügiges Geschenk, das ihr in London bestimmt helfen würde. Sie nahm den Brief und las ihn stumm.

      Miss McAlister, ich hoffe, Sie nehmen dieses kleine Geschenk an, das Ihnen und Ihrer Familie in dieser schweren Zeit helfen soll.

      Für ihn mochte es ein kleines Geschenk sein, aber für sie war es eine hohe Summe.

      Ich bete, dass Ihre Mutter bald wieder gesund wird und Sie Ihre Geschwister im Kinderheim СКАЧАТЬ