Weiter als der Ozean. Carrie Turansky
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Читать онлайн книгу Weiter als der Ozean - Carrie Turansky страница 4

Название: Weiter als der Ozean

Автор: Carrie Turansky

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783961224623

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СКАЧАТЬ essen haben. Das haben sie mir nicht verraten.“

      Der Polizist runzelte die Stirn und ließ seinen Blick durch die Küche wandern. Schließlich blieb er an Grace hängen. „Wie alt bist du, junges Fräulein?“

      Grace warf einen verängstigten Blick auf Katie und sank noch tiefer in ihren Stuhl. Katie legte die Hand auf Graces Schulter. „Sie ist sieben.“

      „Und du?“

      Katie hob das Kinn. „Ich bin vierzehn.“

      „Genauso alt wie dein Bruder?“

      „Ja, Sir. Wir sind Zwillinge.“

      Der Polizist kniff die Augen zusammen. „Ihr seht überhaupt nicht wie Zwillinge aus.“

      Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte Katie gelacht. „Nein, Sir. Wir sind zweieiige Zwillinge.“

      „Ich kann drei Kinder nicht ohne Essen allein in einer Wohnung lassen. Ihr müsst mitkommen.“

      Panik erfasste Katie. Sie verstärkte ihren Griff um Graces Schulter. Er konnte sie doch nicht einfach mitnehmen!

      Garth trat neben Katie. „Unsere Mutter wird bald aus dem Krankenhaus zurückkommen. Wir müssen hier auf sie warten.“

      Der Polizist wandte sich an Mrs Graham. „Stimmt das?“

      Die Frau zögerte. „Wir hoffen natürlich, dass sie bald nach Hause kommt, aber wir wissen nicht mit Bestimmtheit, wann sie wieder gesund ist.“

      „Ich kann die Kinder nicht allein und ohne Essen und elterliche Aufsicht in der Wohnung lassen.“ Er senkte die Stimme. „Können Sie die drei bei sich aufnehmen, bis ihre Mutter zurückkommt?“

      Mrs Graham zog die Augenbrauen hoch und legte die Hand auf ihre Brust. „Oh! Das würde ich sehr gern machen, aber ich weiß nicht, was mein Mann dazu sagen würde. Wir haben selbst sechs Kinder und kaum genug zu essen für unsere eigene Familie.“

      „Also gut.“ Der Polizist trat auf Garth zu. „Ich bringe die Kinder ins Grangeford-Kinderheim.“

      „Nein! Bitte, wir wollen hierbleiben.“ Garth hielt Katie an der Hand fest. „Ich habe eine Arbeit. Ich liefere für Mr Davies, den Metzger in der Layton Street, Waren aus, und Katie näht für Mrs Palmer, die Schneiderin im Erdgeschoss. Wir bekommen bald unseren Lohn. Dann haben wir genug Geld, um Lebensmittel zu kaufen, bis Mama zurückkommt.“

      „Tut mir leid, Junge. Ihr müsst mitkommen.“ Der Polizist ließ sich nicht umstimmen.

      „Und wenn wir uns weigern?“ Katie legte den Arm um Graces Schultern.

      Der Polizist wurde nun energisch. „Dann muss ich deinen Bruder verhaften, weil er ein Brot gestohlen hat, und ihn ins Gefängnis sperren.“

      Sie schaute Garth an und versuchte zu erraten, was er dachte, aber dieses Mal konnte sie seine Gedanken nicht lesen. Vielleicht war er genauso verwirrt und verängstigt wie sie.

      Der Polizist verschränkte seine kräftigen Arme vor sich. „Ihr habt die Wahl: Entweder ihr kommt jetzt alle drei mit oder ich stecke den Jungen ins Gefängnis und komme dann zurück und bringe euch Mädchen ins Kinderheim.“

      Garth warf einen angsterfüllten Blick auf Katie. Resignation breitete sich in seinem Gesicht aus. „Wir wollen zusammenbleiben.“

      „Das ist nur vorübergehend, bis eure Mama wieder gesund ist.“ Mrs Graham zwang sich zu einem schwachen Lächeln. „Im Heim bekommt ihr genug zu essen und seid sicher untergebracht. Wenn eure Mama wieder gesund ist, kann sie euch nach Hause holen.“

      Katies Magen zog sich zusammen, ihr wurde richtig übel. Das klang alles vernünftig, aber was war, wenn Mama nicht wieder gesund wurde? Was würde dann passieren?

      

      Laura McAlister nahm Mrs Frasiers weinrotes Seidenkleid vom Bügelbrett und hielt es hoch, um sich zu vergewissern, dass sie jede Falte ausgebügelt hatte. Sonnenlicht fiel durch das Fenster im Wäscheraum und ließ die schwarzen Perlen am Mieder funkeln. Sie drehte das Kleid langsam und betrachtete den Rücken und die Seiten. Mit ihrer Arbeit zufrieden, schob sie einen Kleiderbügel in den Ausschnitt des Kleides, legte den langen Rock über ihren Arm und trat auf den Flur hinaus.

      Es war schon fast Mittag und Zeit für das Mittagessen der Dienstboten. Sie wollte das Kleid nach oben bringen und ins Ankleidezimmer ihrer Herrin hängen, um sich dann zu den anderen Dienstboten im Aufenthaltsraum zu gesellen. Vielleicht war die Morgenpost schon gekommen, und sie würde einen Brief von Mama vorfinden, auf den sie sehnsüchtig wartete. Normalerweise bekam sie einmal oder zweimal in der Woche Post von ihrer Familie, aber aus irgendeinem Grund hatte sie seit fast zwei Wochen nichts mehr von ihnen gehört.

      Ihre Besorgnis wuchs, und ihr wurde eng ums Herz. Wenn sie nicht bald etwas hörte, würde sie darum bitten, einen Tag frei zu bekommen, damit sie nach London fahren und ihre Familie besuchen könnte.

      Es war schmerzhaft und beunruhigend, von ihnen getrennt zu sein, aber nach dem Tod ihres Vaters hatte Laura Arbeit finden müssen, um ihre Familie finanziell unterstützen zu können. Durch eine Freundin hatte sie von den Harringtons gehört, einer wohlhabenden Familie in London, die eine neue Zofe gesucht hatte. Sie hatte sich für die Stelle beworben und war noch am selben Tag eingestellt worden.

      Zuerst war alles gut gelaufen, aber dann war der Neffe der Harringtons eingezogen, Simon. Er hatte ihr mit seinen anzüglichen Bemerkungen das Leben schwer gemacht. Leider hatte er es dabei nicht belassen, sondern hatte ihr auch auf den Gängen nachgestellt und angefangen, ihr auf der Hintertreppe aufzulauern. Das letzte Mal war sie ihm nur mit knapper Not und einem zerrissenen Kleid entkommen. Sie hatte so große Angst gehabt, dass sie noch am selben Nachmittag das Haus verlassen hatte.

      Mit einem Schauer verdrängte Laura die hässlichen Erinnerungen und stieg die Dienstbotentreppe hinauf. Es war ein Wunder, dass sie nur eine Woche später eine neue Stelle bei der Familie Frasier bekommen hatte. Mrs Ellis, die Haushälterin, und Mr Sterling, der Butler, behielten das Personal streng im Auge und erlaubten keine persönlichen Beziehungen unter den Dienstboten.

      Sie fühlte sich auf Bolton sicher und war für ihre neue Stelle dankbar.

      Als sie im Erdgeschoss ankam, stand ihre Freundin Millie, die als Hausmädchen hier arbeitete, an der grünen Abtrenntür und spähte in die Eingangshalle.

      „Was machst du denn hier?“, flüsterte Laura.

      Ihre Freundin zuckte zusammen und fuhr herum. „Laura! Hast du mich erschreckt!“

      „Entschuldige. Was ist denn los?“

      Millie grinste, und Grübchen traten auf ihre rosigen Wangen. „Komm und schau selbst.“

      Laura trat neben ihre Freundin und lehnte sich an die Tür. Sie spähte durch den Spalt, und ihr stockte der Atem. Ein großer, attraktiver junger Mann stand am Fuß der Treppe und unterhielt sich mit Mrs Frasier. Er trug einen modischen grauen Anzug, der für seine schlanke Figur maßgeschneidert war. Seine Krawatte mit blauem Paisleymuster stach von seinem gestärkten weißen Hemd und seinem gebräunten Gesicht ab. Aus dieser Entfernung konnte sie seine Augenfarbe nicht erkennen, aber er hatte hellbraunes Haar und ein markantes Kinn. Kleine Fältchen bildeten sich in seinen Mund- und Augenwinkeln, als er Mrs Frasier СКАЧАТЬ