Meerjungfrau sucht Mann fürs Leben. Hanne-Vibeke Holst
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Название: Meerjungfrau sucht Mann fürs Leben

Автор: Hanne-Vibeke Holst

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Therese-Trilogie

isbn: 9788726569575

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СКАЧАТЬ am Horizont zu erahnen sind. Ich muß mich beeilen, wenn ich es schaffen will, deshalb mache ich in hohem Tempo weiter, obwohl ich kurz vorm Auf geben bin, als nach den Kartons mit Haushaltgeräten, undefinierbarem Nippes und den schweren mit Büchern und Bändern immer noch der mit den A4-Mappen, Papieren, vergilbten Zeitungsausschnitten, alten Briefen, Aufgaben aus der Journalistenschule, dem Fotoalbum und den Mappen mit Vaters zurückgelassenen Zeichnungen übrig ist. Mit äußerster Kraftanstrengung gelingt es mir, das meiste einigermaßen vernünftig unterzubringen, nur für Vaters Mappe kann ich keinen sicheren Platz finden. Das Format ist zu groß und unhandlich. Deshalb stelle ich sie vorläufig an die Wand – ohne sie zu öffnen und anzugucken –, während ich mich umschaue und mit einer gewissen Zufriedenheit feststellen kann, daß ich jetzt auch hier wohne.

      Ich spüre wieder dieses Grummeln in der Ferne, gehe unter die Dusche, seife meinen Ballon ein und rede beruhigend auf ihn wie auch auf mich ein, während ich versuche, mich darauf einzustellen, daß ich, aus welchem unbekannten Grund auch immer, wohl allein werde losgehen müssen.

      »Wieder mal im Stich gelassen«, singe ich an der Grenze zwischen Hysterie und Ausgelassenheit, werde aber jäh unterbrochen, als das, was wohl die erste richtige Wehe sein muß, wie der Vorbote des Orkans heranstürmt. Ich beginne zu spät mit kontrolliertem Atmen, und als ich endlich meinen Rhythmus gefunden habe, ist die Wehe schon vorbei. Nachdem ich mich schnell mit Bodylotion eingerieben und Leggins und Sweatshirt angezogen habe, rufe ich die Information an, die mir mit nasaler Stime die Nummer von TV 2 Kopenhagen gibt. Dort bitte ich, mit Paul Weber sprechen zu können, den niemand kennt, aber als ich mich nicht abwimmeln lasse, kann die Zentrale herausfinden, daß die Redakteure »zum Essen sind«. Nein, leider ist keine Nachricht hinterlassen worden, in welchem Restaurant das Essen eingenommen werden soll.

      Ich beiße mir auf die Fingerknöchel und gebe die weitere Jagd auf, beeile mich statt dessen, Birgittes Nummer einzutippen. Vogelgezwitscher und Anrufbeantworter – »Wir sind leider im Augenblick nicht zu Hause ...«. Nach dem Piepton hinterlasse ich die lakonische Nachricht, daß ich Wehen bekommen habe, und dann gehe ich in der Reihe weiter zu meiner Mutter, mit der zu reden ich jetzt einen unbändigen Drang verspüre. Sie ist auch nicht zu Hause, und im Theater wird mir gesagt, daß Frau Skårup im Probenraum ist und nicht vor sechs Uhr gestört werden darf. Es ist halb sechs, seit der ersten Wehe sind zehn Minuten vergangen, und jetzt kommt die zweite angebraust und zwingt mich in die Knie. Ich stütze mich auf die Tischplatte, finde schließlich die Atemstöße, die mir helfen, auf den Wehen zu reiten. Also ist doch noch was bei der Geburtsvorbereitung herausgekommen, die ich ansonsten als vergeudete Zeit angesehen habe. Kiki, die letzte auf meiner Liste, ist natürlich auch nicht zu Hause. Aber ihr ulkiger Geliebter Spunk fragt, ob er ihr etwas ausrichten soll.

      »Sage ihr, daß ihre Schwester goddammit endlich ihr Kind kriegt! Sie kann gern zurückrufen!« entgegne ich obercool und wühle auf dem Tisch nach dem Mutterpaß, in dem die Nummer vom Kreißsaal abgedruckt ist.

      Die wachhabende Hebamme fragte mich, ob ich Erstgebärende sei und wie lang der Zeitraum zwischen den Wehen ist, und als ich antworte, neun bis zehn Minuten, bittet sie mich, doch zu warten, bis es nur noch fünf Minuten sind.

      »Aber ich bin allein«, piepse ich benommen, und so erbarmt sie sich und erlaubt mir zu kommen, wenn es »für mich am besten so ist«.

      »Dann werden wir uns schon darum kümmern«, sagt sie beruhigend, und erst hinterher wird mir klar, daß sie glaubt, ich sei vollkommen allein. Daß es überhaupt keinen Mann gibt. Aber vielleicht gibt es ihn ja auch nicht ...

      Wir wohnen nur einen Zeitungswurf vom Krankenhaus entfernt, und da ich es verabscheue, als Jammerlappen dazustehen, entschließe ich mich, zu Fuß zu gehen. Paul hat offensichtlich den Alfa genommen, der sowieso ausschließlich für kleine italienische Männer designed ist. Ich nehme den Fahrstuhl nach unten und steuere dann mit der Tasche in der Hand verwegen den Zebrastreifen an, erreiche ihn aber nur mit Mühe und Not, bevor ich erneut nach Luft schnappen muß und krampfhaft den Mast mit dem Signalknopf umklammere. Der Verkehr rauscht vorbei, es ist mitten in der Rushhour, ein rasanter Fahrradbote fährt mir fast über die Zehen, und ein blindes Mädchen mit Blindenhund fragt mich, ob es jetzt grün sei. »Ja«, murmele ich und habe dabei keine Ahnung, wie ich selbst jemals über die Straße kommen soll, deshalb bleibe ich einsam und verlassen stehen, zusammengekrümmt am Randstein. Da hält ein Taxi neben mir, das Seitenfenster gleitet nach unten, und der Fahrer fragt, ob etwas nicht in Ordnung sei?

      »Können Sie mich rüber ins Krankenhaus fahren? In die Geburtsabteilung?« frage ich und falle dem pakistanisch aussehenden Fahrer fast um den Hals, als er »’türlich« nickt und mir auf den Rücksitz hilft. Im Autoradio hat er irgendeine Art bengalischer Katzenjammermusik, die er rücksichtsvoll leiser dreht, als wir losfahren.

      »Sie gleich Kind kriegen – auf mein Rücksitz?« lächelt er begeistert in den Rückspiegel, und während er überholt und fast einen Radfahrer in einer rechten Kurve mitnimmt, erzählt er stolz, daß er selbst fünf Kinder und eine Frau habe, die eine »richtige Gebärmaschine« sei.

      Ich nicke höflich und erleichtert auf, als wir auf den Blegdamsvej abbiegen und das Rigshospital in Sicht kommt. Routiniert findet er den Eingang zur Geburtsstation, hilft mir aufmerksam aus dem Auto, aber nachdem ich bezahlt habe und meine Tasche greifen will, schaut er mich mit einem Mal nachdenklich an.

      »Kein Mann?« fragt er.

      »Scheint nicht so«, lächle ich schwach.

      »Soll ich mitkommen?« bietet er mir daraufhin an, als wäre er bereits dabei, die praktischen Probleme, die eine derartige Hilfe mit sich bringen würde, zu lösen.

      Ich lehne dankend ab und versichere ihm, daß ich schon zurechtkommen werde, dann reiße ich mich zusammen, um kompetent und ganz normal auszusehen, als ich mit der Tasche über der Schulter die Tür aufschiebe. Was für Angebote ich heute schon bekommen habe. Sie wiegen fast meine Wut auf das Männervolk auf, die ich im Fahrstuhl bedrohlich gären fühle. Paul, du Arschloch!

      »Unbefugte haben keinen Zutritt« steht mahnend an der Glastür zur Geburtsstation, und ich zögere, bevor ich auf die Klingel drücke. Ich fühle mich unbehaglich, empfinde die ganze Situation als unwirklich und bin mir nicht mehr sicher, ob ich nicht einfach nur hysterisch bin. Hysterisch schwanger. Ich klingle trotzdem. Was sonst?

      »Hallo«, sagt die diensthabende Hebamme und läßt mich in das Allerheiligste ein. »Sind Sie es, die allein ist?«

      Ich nicke und korrigiere sie matt, während ich ihr meinen Mutterpaß gebe.

      »Mein Freund kommt vielleicht später.«

      Sie nickt kurz, bittet mich Platz zu nehmen und zu warten, bis ein Untersuchungszimmer frei ist.

      »Heute abend ist es ein bißchen stürmisch hier«, fügt sie erklärend hinzu und will sich schon wieder entfernen.

      »Aber, aber, ich glaube, es eilt!« kann ich ihr noch hinterherrufen. »Jetzt sind sieben, acht Minuten dazwischen, oder?« fragt sie.

      »Dann haben wir noch massenhaft Zeit! Sie sind ja Erstgebärende...«

      »Anfängerin!« hätte sie mich ebensogut titulieren können. Ich betrachte wütend ihren gebügelten Kittelrücken, schon angespannt, weil ich mich in die Gewalt dieser besserwissenden Menschen begeben soll. Warum habe ich mich nicht dazu entschieden, mein Kind zu Hause zu bekommen, dann könnte ich mich jetzt wie eine der gebärenden Katzen zusammenrollen, die Kiki und ich im Heu auf Læsø fanden, als wir im Sommer Großvater auf seinem Hof besuchten. Ich bin so aufgebracht, als ich mich auf einen der Laminatstühle setze, daß ich ein sehr junges Mädchen, das mir gegenübersitzt, fast nicht bemerkt hätte. Aber kaum sitze СКАЧАТЬ