Tanausú. Harald Braem
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Название: Tanausú

Автор: Harald Braem

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Historische Romane und Erzählungen

isbn: 9788494150166

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      Weit im Norden, in jenem fernen Land Spanien, bahnten sich zur gleichen Zeit Ereignisse von großer Tragweite an.

      Man schrieb das Jahr des Herrn 1492. Das einst in viele Kleinstaaten zersplitterte und von langen Kämpfen gegen die Araber erschütterte Land war durch die Heirat Isabellas von Kastilien mit Ferdinand von Aragon als Staatswesen gefestigt worden, weshalb man die beiden nun die «Vereinigten Könige» nannte. Die christliche Reconquista hatte viel Land hinzugewonnen, die Mauren aus dem Süden endgültig vertrieben, ihre letzte Hochburg Granada genommen und sogar Teile von Nordafrika erobert. Das Glück war unbestreitbar den Katholischen Königen hold, es ging aufwärts mit der Krone, Spanien reifte zur Weltmacht heran.

      Isabella und Ferdinand weilten in diesem schicksalsschweren Jahr 1492 in ihrer Residenz Santa Fé. Vor kurzem hatte ein merkwürdiger Mann bei ihnen um Audienz ersucht und sie auch erhalten, ein gewisser Cristoforo Colombo, der von den Spaniern seines schwer aussprechbaren Namens wegen Cristóbal Colón genannt wurde. Ein Seefahrer und Abenteurer, ein Besessener, der, von missionarischem Eifer erfüllt, davon sprach, einen neuen, bisher nie gewagten Seeweg nach Indien finden zu wollen. Und was hatte er dem erlauchten Paar alles erzählt und versprochen: dass er dank seiner Studien in Florenz beim Kosmographen Toscanelli und seinem Lehrer, dem Kardinal Pierre d’Ailly, das Imago mundi, das Bild der Erde besser als jeder andere Sterbliche kenne, genaue Karten für seine Entdeckungsreise besäße und die Weltkugel in westlicher Richtung umrunden wolle, dass es dort in jenem unbekannten Teil Indiens unglaublichen Reichtum gäbe, Schätze, wie sie das Herrscherpaar niemals zuvor gesehen habe, und dass nur er allein, Cristóbal Colón, diese waghalsige Reise zu meistern imstande sei.

      Schon viele Jahre war er mit diesem Plan hausieren gegangen, aber stets vom Königshaus abgewiesen worden. Andere, wichtigere Probleme galt es zu lösen. Nun endlich hatten Isabella und Ferdinand zugestimmt und ihm die Mittel für seine Expedition bewilligt, drei Schiffe, Seeleute, Soldaten und Waffen nebst der Zusicherung, er könne sich dort, sofern er die Überfahrt schaffe, Vizekönig von Spanien nennen. Mochte der lästige Mann seinen Willen haben, vielleicht stimmten seine Berechnungen ja doch und brachten der Krone unerwarteten Gewinn …

      Wenige Wochen nachdem dieser Cristóbal Colón begeistert und freudestrahlend davongelaufen war, stand schon wieder ein Bittsteller vor der Tür. Diesmal aber kein unbekannter Spinner und Träumer, sondern ein Mann, den man ernst nehmen konnte, ein berühmter, hochdekorierter Soldat: der achtbare Alonso Fernández de Lugo, der Held von Gran Canaria und Kommandant der dortigen Festung Agaete. Gobernador de la Conquista Adelantado mayor de Canarias durfte er sich nennen, seit er zum Statthalter der besetzten Kanarischen Inseln aufgestiegen war. Was wussten die Katholischen Könige über ihn? Dass er in der armen Provinz Lugo in Galicien geboren war, aber inzwischen als geachteter Bürger der Stadt Sevilla galt, dass seine militärische Laufbahn mit dem Krieg um Granada und der Einnahme der Alhambra begonnen hatte und durch die Eroberung von Gran Canaria unter dem Befehl der Generäle Juan Rejón und de Vera ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte.

      Seit auf Gran Canaria Ordnung herrschte und die unterworfenen Guanchen keinen Aufstand mehr wagten, verwaltete Alonso de Lugo die Ländereien, die man ihm bei der Verteilung des Landes zugesprochen hatte. Das Königspaar wusste nur zu gut: Dieses ruhige Leben konnte einen Mann, der von frühester Jugend an den Umgang mit Waffen gewöhnt war, nicht lange befriedigen. In seinem Schloss hatte er immer wieder darüber nachgegrübelt, wie man die letzten beiden noch freien Kanaren-Inseln, La Palma und Teneriffa, erobern und der Krone unterstellen konnte. Diese Inseln und ihre Eingeborenen waren gefürchtet, weil sie sich jeglichem Zugriff entzogen. Alle Invasionsversuche waren bisher an dem heftigen Widerstand der Wilden gescheitert und hatten nur Verluste an Geld und Menschenleben eingebracht.

      Aber in de Lugo brannte der Ehrgeiz, die rebellischen Inseln forderten ihn regelrecht heraus, sie stellten für einen Haudegen und Strategen wie ihn die richtige Aufgabe dar. Also brach er nach Santa Fé auf, um die Krone zu bitten, ihm den Oberbefehl für das geplante Unternehmen zu erteilen.

      Alonso Fernández de Lugo war eine stattliche Erscheinung, stets in feinste Stoffe nach der neuesten Mode gekleidet und elegant in seinem Auftreten. Bei seinen Freunden galt er als Draufgänger, bei seinen Feinden als skrupelloser Frauenheld, Spieler und Intrigant. Auch die Königin musste zugeben, dass sein Charme, seine hochgewachsene Gestalt, das dichte schwarze Haar und die dunklen, feurigen Augen nicht ohne Wirkung auf sie blieben. Besonders als er nun seinen Hut zog und mit Grandezza einen solchen Bogen zur Seidenschärpe damit beschrieb, dass die federgeschmückte Krempe fast den Boden berührte. Bei der Verbeugung mit dem angedeuteten Kniefall klirrte sein Degen hell gegen die Marmorkacheln.

      Ferdinand spürte Isabellas gesteigerte Aufmerksamkeit sofort, ließ sich aber nichts anmerken. Ohnehin schätzte er seine Gemahlin nicht sonderlich, hatte sie nie geliebt, sondern lediglich dem Druck beider Familien und der Berater am Hofe nachgegeben und der nützlichen Zweckheirat zugestimmt. Was dieser tapfere Soldat aber zu berichten wusste, interessierte auch ihn.

      Gleich nach der Zeremonie der langatmigen Begrüßungsfloskeln stellte er seine Fragen.

      «So, La Palma wollt Ihr für die Krone erobern», sagte er, während seine Finger spielerisch durch den Bart strichen. «Eine langweilige Insel, die bloß aus feuerspeienden Bergen, Lavawildnis und undurchdringlichem Dickicht besteht. Warum gerade dieses Ödland?»

      «Oh, es ist reich an Trinkwasser, Holz und Früchten», antwortete de Lugo beflissen, «die Insel könnte ein guter Stützpunkt für unsere Flotte sein, Ausgangspunkt für die weitere Eroberungspolitik der Krone, Majestät.»

      «Hm, ich sehe, Ihr denkt vorausschauend und strategisch klug, aber dennoch bin ich nicht übermäßig entzückt … Sagtet Ihr Trinkwasser, Holz und Früchte? Diese Gaben der Natur mögen für anspruchslose Seeleute ja gewiss ganz nützlich sein, als erstrebenswerte Schätze für die Krone allerdings würde ich sie eher erbärmlich nennen, meint Ihr nicht?»

      De Lugo konnte ein hintergründiges Grinsen nicht unterdrücken. Diesen Einwand hatte er erwartet und war gründlich darauf vorbereitet.

      «Ihr habt völlig recht, Majestät, Euer sprichwörtlicher Scharfsinn hat Euch sogleich die richtige Fährte erkennen lassen», schmeichelte er. «Natürlich sind es nicht solche Dinge allein, die La Palma interessant machen …» Er beugte sich vor und senkte seine Stimme zu einem beschwörenden Raunen. «Es soll dort auch Gold geben, kostbare Edelsteine in Hülle und Fülle, dazu mancherlei andere wertvolle Raritäten im Innern der Erde …»

      «Ach, wirklich?» fragte Ferdinand. Wie von de Lugo vorausgesehen, erwachte schlagartig das Interesse des Königs. «O ja», nickte de Lugo. «Gold und Silber … wenn die Berichte stimmen, liegt auf der Insel ein unermesslicher Reichtum herum, der nur darauf wartet, von uns eingesammelt zu werden.»

      «Welche Berichte?»

      «Es handelt sich um die mündliche Aussage des Verwandten eines Seemanns, der auf der Insel war.»

      «Hm, reichlich vage, wie mir scheint.»

      «Dennoch könnte es sich als lohnend erweisen, den Sachverhalt an Ort und Stelle zu überprüfen, zumal, wie bereits schon erwähnt, die Insel einen ausgezeichneten Stützpunkt für unsere Flotte darstellt …»

      Der König nickte nachdenklich. Nach einer Weile des Schweigens räusperte er sich: «Geht nicht die Kunde von La Palma, dass die primitiven, gottlosen Wilden auf dieser Insel besonders kampflustig und gefährlich seien?»

      «Wenn Ihr erlaubt, Majestät: nicht gefährlicher als die Mauren von Granada.»

      «Aha, so schätzt Ihr die Lage ein … Andere vor Euch waren allerdings auch so optimistisch wie Ihr. Rüstete Peraza in Gomera nicht СКАЧАТЬ