Die Ankündigung. Nancy Mehl
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Название: Die Ankündigung

Автор: Nancy Mehl

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Ein Kaely-Quinn-Krimi

isbn: 9783775175098

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      Noah überlegte, woher sie wohl von seiner Abneigung gegen Krawatten wusste, verbiss sich aber die Frage. Den meisten Männern ging es so. Dieser Schluss war also ziemlich naheliegend.

      »Aber wenn das Beobachten von körperlichen Reaktionen kein Profiling ist, was hat es denn dann damit auf sich?« Eigentlich hatte er sie mit dieser Frage nur davon abhalten wollen, noch weiter seine Körpersprache zu deuten. Aber er merkte, dass ihn die Antwort tatsächlich interessierte.

      »Wenn die Polizei Zeugen oder Verdächtige vernimmt, kann sie an ihren Reaktionen ablesen, ob sie die Wahrheit sagen. Wir alle haben bestimmte Verhaltensweisen, die zeigen, was wir wirklich denken. Das funktioniert natürlich nicht immer. Eine exakte Wissenschaft ist es nicht. Die Art, wie jemand sich an den Mund fasst, ist nichts, was wir vor Gericht bringen könnten. Wir brauchen immer noch Beweise. Aber verstehen zu können, was jemand denkt, kann dennoch außerordentlich wertvoll sein. Ich habe einmal herausgefunden, dass der mutmaßliche mehrfache Bombenleger in Washington, D.C., doch nicht unser Mann war: Es war an seinen Reaktionen beim Verhör abzulesen. Er machte im Großen und Ganzen einen ehrlichen Eindruck. Trotzdem war ihm anzusehen, dass er irgendetwas wusste. Und er führte uns dann tatsächlich zum eigentlichen Täter, obwohl er die Sprengsätze nicht selbst gezündet hatte. Offensichtlich hatte er dabei geholfen, die Bomben zu bauen, mit denen der Terrorist Tausende amerikanischer Bürger umbringen wollte.«

      Sie legte die Hände ineinander und sah ihn eindringlich an. »Ich glaube, es ist unsere Aufgabe, alle Waffen in unserem Arsenal zu nutzen, um Verbrechern auf die Spur zu kommen. Und nichts anderes tue ich: Ich jage Verbrecher. Wenn wir zusammenarbeiten, würde ich Ihnen gerne ein paar Dinge beibringen, die Sie vielleicht noch nicht wissen. Aber der Chef sind Sie. Wie wir zusammenarbeiten, entscheiden also Sie.« Sie rutschte auf ihrem Stuhl nach vorne und suchte seinen Blick. »Aber eines möchte ich von vornherein klarstellen: Ich brauche keinen Babysitter.«

      Noah blinzelte ein paarmal und fragte sich sogleich, ob er damit nicht schon wieder ein Signal ausgesendet hatte. Dies würde noch schwieriger werden, als er gedacht hatte. »Sie wissen also, dass Solomon sich um Ihre Sicherheit sorgt?«

      Ihre Reaktion konnte man fast schon als Lachen bezeichnen. »Körpersprache, Sie wissen schon!« Sie seufzte und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. »Solomon Slattery ist ein hervorragender Chef. Es ist mir eine Ehre, für ihn zu arbeiten. Aber er hat zwei Töchter und sieht sie in mir. Quasi schon von Anfang an. Als ich ihn einmal darauf angesprochen habe, hat er es natürlich abgestritten. Aber ich weiß, dass es so ist.« Dann winkte sie ab. »Ich kann ihn nicht ändern. So ist er einfach.« Sie runzelte die Stirn. »Sehen Sie, ich möchte wirklich mit Ihnen zusammen an diesem Fall arbeiten, aber wenn Ihre Arbeit leidet, weil ich Sie aus dem Konzept bringe, bitte ich Solomon, Ihnen jemand anders zuzuweisen. Vielleicht würde er es verstehen.«

      Erleichterung erfüllte ihn. Sie hatte ihm gerade einen Ausweg angeboten. Er öffnete schon seinen Mund, um ihr Angebot anzunehmen, da war ihm, als würde jemand anders an seiner Stelle sprechen. »Ich … ich glaube, ich möchte gern noch mehr wissen.«

      »Worüber?«

      »Über Sie und Ihre Arbeit.«

      Er wollte das wirklich, nur hatte er das erst in diesem Moment begriffen. Was würde sie dazu sagen? Mit Erstaunen bemerkte er, wie ihre Mundwinkel zuckten.

      »Okay, ich biete Ihnen den gleichen Deal an wie Alex. Sie dürfen mir drei Fragen stellen. Egal, welche. Keine Einschränkungen. Und wenn ich sie beantwortet habe, entscheiden Sie, ob Sie sich auf diese Sache einlassen. Sonst werde ich Solomon bitten, Ihnen jemand anders zuzuweisen. Einverstanden?«

      »Einverstanden.«

      »Keine falsche Scheu. Eine solche Chance bekommen Sie nie wieder.«

      »Verstehe.« Er zögerte. »Was hat Agent Cartwright gefragt?«

      »Ist das Ihre erste Frage?«

      »Nein.«

      »Dann machen wir weiter.« Sie klopfte mit den Fingern auf den Tisch. »Aber Halt! Bevor Sie anfangen, möchte ich Sie noch etwas fragen. Wenn das für Sie okay ist.«

      »Ich denke schon.«

      Kaely blätterte den Stapel durch und zog eine Akte heraus. Sie öffnete sie und nahm ein paar Bilder heraus, die sie nebeneinander vor sich auf den Tisch legte. Dann drehte sie ihren Stuhl zur Wand um. »Suchen Sie sich ein Bild aus und merken Sie es sich.«

      »Ist das jetzt irgendein Trick?«

      »Nein. Sie haben gesagt, Sie würden gerne verstehen, was ich tue. Es ist nur ein Beispiel dafür, wie ich Körpersprache und Reaktionen deute. Unsere Aufgabe ist es, die Wahrheit herauszufinden. Um Verbrecher zu fassen, brauchen wir alle verfügbaren Werkzeuge.«

      »Okay«, sagte er zögernd. Er wählte ein Bild. »Ich habe eines.«

      »Wenn ich mich jetzt umdrehe, dann starren Sie bitte nicht auf die Fotos. Schauen Sie weg.«

      »Alles klar.« Er wandte den Blick hin zu einem Foto des FBI-Direktors, das an der Wand hing.

      Kaely schwenkte ihren Drehstuhl wieder in seine Richtung herum. Sie sammelte die Bilder ein und legte sie zur Seite. »Ich komme später noch darauf zurück. Jetzt können Sie Ihre erste Frage stellen.«

      Noah sah sie einen Augenblick lang unschlüssig an und dachte darüber nach, was er eigentlich wissen wollte. In letzter Sekunde nahm er seinen Mut zusammen. Denn was hatte er schon zu verlieren?

       [ Zum Inhaltsverzeichnis ]

      6

      Außer Atem blieb Cindy Linthicum einen Moment stehen. Die Nachmittagsluft war belebend und die kräftigen Rot-, Gelb- und Orangetöne der Blätter im Forest Park wunderschön. Sie sog die Herbstluft ein, dann lief sie vor dem Endspurt auf ihrer Runde durch den größten öffentlichen Park in St. Louis noch kurz auf der Stelle. Am Himmel über ihr waren dunkle Wolken aufgezogen. Nun musste sie zusehen, die letzten Meter noch vor dem einsetzenden Regen zu schaffen. Sie nahm ihre Brille ab und putzte sie an ihrem Sweatshirt. Dann setzte sie sie wieder auf und zog die Wollmütze, die ihren kurzen, dunklen Haarschopf bedeckte, etwas weiter herunter. Zu Hause würde sie einen warmen Kaffee trinken und an ihrem Blog schreiben. Sie teilte ihre Vorliebe für Amisch-Romane, Scrapbooking und das Sammeln von Kochbüchern gern mit ihren Online-Freunden. Cindy war zufrieden mit ihrem Leben.

      Sie bog von ihrer eigentlichen Laufroute zum Kunstmuseum ab, ihrem Lieblingsgebäude im Forest Park. Gern setzte sie sich nach ihrer Runde ein paar Minuten auf die Stufen und genoss die zauberhafte Aussicht auf das Grand Bassin, ein fantastisches Wasserbecken mit Springbrunnen auf der anderen Seite des Art Hill, des Hügels, der zwischen den beiden berühmten Sehenswürdigkeiten gelegen war. Die Bäume entlang der Allee vor dem großen Bauwerk leuchteten in einem feurigen Rot. Auf dem Weg zur Frontseite des Gebäudes sah sie zu ihrer Rechten einen Mann auf einer Parkbank liegen. Zuerst dachte sie, er würde schlafen. Doch als sie an ihm vorbeilief, bemerkte sie, dass er zwar einen eleganten Anzug trug, aber keine Schuhe. Seine Hände waren merkwürdig über der Brust gefaltet. Sie blieb stehen, drehte sich noch einmal um und joggte zurück zur Bank, um ihn sich genauer anzusehen.

      Sie trat näher und sprach ihn laut an. Keine Reaktion. Als sie СКАЧАТЬ