Fluch der verlorenen Seelen. Darina D.S.
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Название: Fluch der verlorenen Seelen

Автор: Darina D.S.

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Fluch der verlorenen Seelen

isbn: 9783969536155

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СКАЧАТЬ an die frische Luft, Leere schaffen. Leise schlich sie aus ihrem Zimmer. Sie wollte keine Aufmerksamkeit erwecken. Behutsam öffnete sie die große Tür in der Eingangshalle und warf einen kurzen Blick nach draußen. Es war niemand mehr auf dem Parkplatz zu sehen, nicht einmal der Gärtner, und so glitt sie auf Zehenspitzen ins Freie. Sie wusste genau, wie sie sich unsichtbar machen musste, das hatte sie schon früher immer getan, damit ihr Stiefvater sie nicht bemerkte. Amalia zog die frische Morgenluft ein. Die ersten Vögel zwitscherten, sie schloss die Augen und genoss den Moment. In Gedanken versunken schlenderte sie auf einem schmalen Weg ziellos weiter durch den Wald. Nach einer Weile fand sie sich an einem See wieder, wo sich ihr eine einzigartig schöne Kulisse bot. Trauerweiden, so weit das Auge reichte, ließen ihr Geäst, getragen von dem lauen Wind, sanft im Wasser spielen. Seerosen, deren Knospen sich langsam öffneten, glitten in gemächlichen Bewegungen über die Oberfläche. Frösche quakten und die Vögel sangen ihre Lieder. Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg durch das dichte Geäst der Bäume und brachen an der Wasseroberfläche. Ein atemberaubendes Farbenspiel. Amalias Augen leuchteten und ein begeistertes Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie ließ ihren Blick weiterwandern und entdeckte auf der anderen Seite des Sees ein kleines dunkelbraunes Haus im japanischen Minka-Stil. Es hatte ein rotes doppeltes Pagodendach, den Eingang bildeten Shoji-Schiebetüren. Nach dem Aussehen zu urteilen, handelte es sich hier um ein Dojo. Ihre Neugierde wuchs, sie wollte unbedingt einen kurzen Blick hineinwerfen, denn sie hatte bisher noch keines von innen gesehen. Sie konnte sich gut vorstellen, dass Yato oft hier sein würde – was er nie tat.

      Die Melodie von Kung-Fu Fighting kam ihr in den Sinn und Amalia summte sie nach. Langsam begab sie sich am Seeufer entlang auf die andere Seite des Sees. Der schmale Trampelpfad war gesäumt von Brennnesseln, und zahlreiche herausstehende Wurzeln, die sich darüber erstreckten, brachten Amalia immer wieder fast zu Fall. Ihre Tollpatschigkeit bereitete ihr vor allem auf Wegen wie diesem Schwierigkeiten. Der Gedanke, dass sie niemals ein nützliches Mitglied des Ordens sein würde, hielt Amalia fest im Griff. Sie schaffte es nicht mal, einen Fuß vor den anderen zu setzen, ohne dabei fast zu stürzen. Sie atmete tief durch und erreichte das Dojo schließlich unbeschadet. Den Eingangsbereich zierten zwei große weiße Fuchsstatuen und ein hängendes Schild mit asiatischen Zeichen, die sie nicht verstand. Sie berührte eine der Keramikfiguren und schob langsam die Tür auf. Als sie ihren Kopf vorsichtig hineinsteckte, war niemand zu sehen. Auf dem Boden lagen weiche Tatamimatten und die Wände waren aus hellem Holz, dekoriert mit Bambusschwertern.

      Auf Zehenspitzen trippelte Amalia durch den großen Trainingsraum zur Schiebetür an seinem anderen Ende. Interessiert, wohin sie führen würde, öffnete Amalia diese behutsam und vor allem leise.

      Vor ihr lag ein Teich, in dem farbenfrohe Kois ihre Kreise zogen und über den eine zierliche dunkelrote Holzbrücke führte. Ein mannshoher ziegelroter Schrein, nächst der Brücke, stach Amalia sofort ins Auge. Darin thronte eine weiße Fuchsstatue mit einem roten Tuch um den Hals.

      Am anderen Ufer des Teichs erblickte sie die Frau aus der Bibliothek, Kyuu; ihre hüftlangen schwarzen Haare waren im Nacken mit einer hellroten Schleife zusammengebunden. Sie trug einen traditionellen Hakama – eine Art roter Hosenrock – und ein lockeres weißes Oberteil mit Flügelärmeln. In ihrer linken Hand hielt sie einen langen Bogen, mit der Rechten legte sie den Pfeil ein.

      Mit den zwei japanischen Ahornbäumen, den unzähligen Wildrosen und dem Wald im Hintergrund glich sie einem märchenhaften Wesen. Als sie den Pfeil auf die Zielscheibe schoss, hob sich ein leichter Wind und ließ die Blätter um sie herumtanzen. Kyuu drehte sich zu Amalia um und obwohl sie weit entfernt von ihr stand, hörte sie Kyuus sanft gesprochene Worte klar:

      »Komm rüber, Amalia.«

      Wie unter einem Bann zog es sie zu ihr. Kyuu wirkte surreal: Ihr Gesicht mit der kleinen Nase, den schönen hellgelben, mandelförmigen Augen und dem Kussmund schien wie aus Porzellan.

      »Es tut mir leid, dass ich dich in der Bibliothek erschreckt habe.« Kyuu lächelte und Amalia senkte verlegen den Kopf. »Möchtest du es auch mal probieren?«, wisperte sie Amalia mit ihrer lieblichen Stimme zu.

      Die Angst, die sie bei ihrer ersten Begegnung verspürt hatte, war wie verflogen. Zögerlich nahm sie den Holzbogen von Kyuu entgegen. Amalia hätte nicht gedacht, dass er so leicht sein würde. Kyuu legte ihr einen Pfeil in die andere Hand und führte diese gleich in die richtige Position. Amalia zog mithilfe von Kyuu an und schoss den Pfeil in Richtung Ziel. Sie wollte gar nicht sehen, wohin der Pfeil flog und kniff die Augen zusammen. Doch als sie sie wieder öffnete, konnte sie nicht glauben, dass sie ins Schwarze getroffen hatte.

      »Das ist deine Waffe«, sagte Kyuu.

      Amalia nahm einen weiteren Pfeil. Sie musste sich selbst davon überzeugen, dass sie auch allein treffen würde. Diesmal traf sie zwar nicht ins Schwarze, aber dennoch das Ziel.

      »Du hast recht! Das ist meine Waffe!«, jubelte sie voller Freude.

      »Soll ich dir so einen fertigen und dich unterrichten?«, fragte die Japanerin und nahm Amalia den Bogen wieder ab.

      »Ja, bitte. Das wäre toll. Darf ich dich was fragen?«

      Die Japanerin nickte.

      »Wie funktioniert das mit dem Feuer?« Sie bewunderte Kyuu und ihre Anmut beim Schießen. Ob sie das jemals genauso gut schaffte, vermochte sie nicht zu sagen, aber insgeheim hoffte sie es.

      »Ich bin eine Kitsune, ein verfluchtes Geisterwesen«, antwortete Kyuu. Als sie Amalias fragenden Blick bemerkte, erklärte sie weiter: »Ein Kitsune ist ein mehrschwänziger Fuchs. Ich beherrsche die blauen Flammen, in denen ich eure Waffen schmiede.« Kyuu öffnete ihre Handfläche, im selben Moment tanzten kleine blaue Flammen über ihre Finger.

      »Wow!« Amalia fixierte das Feuer gebannt. »Ah, dann ist deine Geisterform ein Fuchs«, merkte sie an. Amalia erinnerte sich an den geisterhaften Schatten, den sie in der Bibliothek gesehen hatte.

      Die Japanerin nickte zustimmend. Amalia konnte es sich bildlich vorstellen; das Tier passte zu Kyuu und ihrer Anmut. »Also, ich habe das schon richtig verstanden: Du meinst verflucht wie der Kirchengrimm?«, hakte Amalia nach.

      »Ja, warum?«

      »Wir waren auf einer Mission, dort fanden wir einen Barghest. Freya hat ihn mit der Glefe schwer verletzt. Kannst du ihm vielleicht helfen? Er hat mir das Leben gerettet.«

      »Ich werde sehen, was ich tun kann.«

      »Danke. Für alles«, sagte Amalia etwas verlegen und begab sich auf den Rückweg. Dieser Ort war unvergleichlich. Sie wusste, dass sie von nun an öfter hier sein würde.

      *

      Nachdem Julien gemeinsam mit Collin den Kirchengrimm in das Kellergewölbe gebracht hatte, wies sein Cousin ihn an, sich auszuruhen und zu einem späteren Zeitpunkt in sein Büro zukommen, um über den Auftrag und insbesondere Amalia zu sprechen. Doch in seinem Zimmer angekommen, fand Julien keine Ruhe. Er setzte sich aufs Bett, strich sich nachdenklich über die Stirn, stand auf und tigerte von einer Ecke in die andere. Er musste jetzt mit Collin reden, ihm von seinen Befürchtungen erzählen. – Amalia war noch nicht bereit. Julien schüttelte den Kopf, lief ins Bad und drehte den Wasserhahn auf. Er spritzte sich das kalte Wasser ins Gesicht und überlegte, wie er seinen Cousin überzeugen konnte, Amalia nicht in den Orden aufzunehmen, zumindest noch nicht. Langsam stellte er das Wasser ab und trocknete sich das Gesicht. Er warf einen kurzen Blick in den Spiegel, atmete tief durch und machte sich auf den Weg in Collins Büro. Als er den ihm wohlvertrauten Weg entlangging, vorbei an den Zimmern seiner Freunde und die Stufen hinauf in den dritten Stock, sah er durch die Fenster den Morgenhimmel. Er trat durch die Tür, stieg die Wendeltreppe СКАЧАТЬ