Semantik für Lehrkräfte. Christian Efing
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Название: Semantik für Lehrkräfte

Автор: Christian Efing

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823302728

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СКАЧАТЬ für die Wirkung von Witzen herangezogen werden. Ein kurzes Beispiel für einen Witz: Treffen sich zwei Jäger im Wald. Beide tot! Im ersten Teil dieses Witzes aktiviert das Verb (sich) treffen die Vorstellung bzw. das Skript einer kameradschaftlichen Begegnung unter zwei Waidmännern, während die Pointe im zweiten Teil des Witzes das alternative Skript einer gefährlichen Schützenhandlung der beiden Waidmänner ins Bewusstsein ruft. Der Witz funktioniert letztlich durch eine sog. Skriptopposition, d.h. eine Gegenüberstellung zweier Skripts, die anhand eines polysemen oder ambigen Wortes (wie in diesem Falle das Verb treffen) mental aktiviert werden.

      Übung 224b

      Beschreiben Sie die Elemente eines Skripts, das als „Zielschuss“ beschrieben werden kann und in dessen Zentrum das Verb (jemanden oder etwas) treffen steht. Vergleichen Sie dieses Skript mit demjenigen, das als „Persönliche Begegnung“ charakterisiert werden kann und in dessen Zentrum das Verb (jemanden oder sich) treffen steht.

      Es gibt zahlreiche Versuche, Frames und Skripts schematisch oder graphisch aufzuarbeiten und darzustellen (eine Übersicht hierzu findet sich in Busse 2012: 844–876). Ein schönes Beispiel, das die Darstellung von Frames (hier als Überbegriff, der auch Skripts umfasst) aus einem fachsprachlichen Bereich zeigt, stellt die folgende Aufarbeitung des „Strafrechtlichen Wegnahme-Frames im Sinne von § 242 StGB“ (nach Busse 2008: 49f.) dar (vgl. Abb. 224a). Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich hier weniger um die Darstellung einer alltagsnahen mentalen Repräsentation handelt, sondern vielmehr um diejenige einer fachlich spezialisierten Konzeption.

      Abb. 224a:

      „Strafrechtlicher Wegnahme-Frame im Sinne von § 242 StGB“ (Busse 2012: 875)

      Ein wesentliches Anwendungsfeld der kognitiven Semantik stellt die Erforschung künstlicher Intelligenz dar, die sog. KI-Forschung. Dort sind Frames und Skripts die Voraussetzung für die automatische Erkennung und Bearbeitung von sprachlichen Texten, indem sie die Grundlage für das maschinelle „Verstehen“ natürlichsprachlicher Phrasen und Texte bilden. – Unabhängig davon und vergleichbar der Konzeption von Prototypen und Stereotypen zeigt auch die intensive Diskussion um Frames und Skripts sowohl eine universalistische Richtung, die sich für sprachlich reflektierte kognitive Funktionsweisen überhaupt interessiert, als auch eine soziokulturelle Ausprägung, die mentale Gemeinsamkeiten einzelner sprachlicher Gemeinschaften herausarbeitet: So stellen Konzepte wie Frame und Skript als solche sprachlich reflektierte Modelle der mentalen Organisation des Menschen dar, während der Frame „Kommerzielle Transaktion“ oder das „Restaurant“-Skript konkrete Analysen mental fundierter, sprachlicher Handlungszusammenhänge darstellen.

      Literatur

      Aitchison 21994/97; Arntz/Picht/Schmitz 72014; Busse 2012; Croft/Cruse 62010; Engelberg/Rapp 2017; Gansel 2017; Konerding 1993; Rickheit/Weiss/Eikmeyer 2010; Roelcke 32010; Schwarz 32008; Staffeldt 2017; Ungerer/Schmid 22006; Ziem 2008.

      2.3 Bedeutung und Grammatik

      Bedeutung entsteht in Kommunikation keineswegs nur durch Wörter, sondern auch durch die Grammatik sowie die Situation, in der kommuniziert wird, also den Kontext der jeweiligen Äußerung. Dieser vereindeutigt zum Beispiel erst, ob ein Satz ironisch gemeint ist oder nicht. Damit steht Semantik in einem engen Verhältnis zur Grammatik wie auch zur Pragmatik.

      Mit Löbner (2003: 21) kann man daher verschiedene Ebenen ansetzen, auf denen Bedeutung entsteht bzw. die bedeutsam sind (vgl. Kap. 2.6.4 mit Abb. 264a):

      1 die lexikalische Semantik, d.h. die kontextfreie Bedeutung eines einzelnen Lexems;

      2 die Wortbildungssemantik (kompositionale Semantik);

      3 die Semantik der grammatischen Formen, die den Bedeutungsbeitrag der frei wählbaren grammatischen Formen beschreibt;

      4 die Satzsemantik, die die Regeln beschreibt, die festlegen, wie die Bedeutungen der Komponenten in einem komplexen Ausdruck zusammenwirken;

      5 die Äußerungssemantik, die die Mechanismen (zum Beispiel Bedeutungsverschiebungen) untersucht, welche Äußerungsbedeutungen ein Ausdruck im Kontext annehmen kann.

      Im Folgenden soll überblicksartig auf die Ebenen 2 bis 4 eingegangen werden, um den Zusammenhang zwischen Bedeutung und Grammatik zumindest kurz zu skizzieren. In den Kapiteln zur Frame- und Script-Semantik mit ihren Bezügen zur Kasusgrammatik (2.2.4), zur Form- und Wortbildung (2.6.1), zu Phrasen und Sätzen (2.6.2), zur Bedeutung im sprachlich-kulturellen Vergleich (2.8) sowie zum Wortschatzerwerb (3.1) werden die Zusammenhänge von Semantik und Grammatik (-Erwerb) ebenfalls aufgegriffen.

      Auf den ersten Blick mögen Semantik als Bedeutung und Grammatik als Struktur verschiedene Bereiche der Sprache betreffen, wie man auch das Fremdsprachenlernen oft als Lernen einerseits von Vokabeln, andererseits von Grammatik auffasst und kennengelernt hat. Jedoch sind beide Bereiche weniger klar getrennt, als ein eingeengter Fokus rein auf die lexikalische Semantik suggerieren mag; vielmehr gibt es eine deutliche Schnittmenge, einen Bereich, in dem die Grammatik auf vielfältige Art und Weise an der Bedeutungskonstitution mitwirkt.

      Als Erstes mag man hier an die Wortbildungssemantik denken. Im Bereich der Komposita-Bildung führt die (grammatische) Kombination zweier oder mehrerer lexikalischer Morpheme zu einer neuen Bedeutung, die zumeist mehr ist als die reine Addition der Teilbedeutungen der einzelnen Konstituenten. Eine Haustür mag leicht als ‚Tür ins Haus‘ identifizierbar sein, aber dieses Beispiel zeigt bereits, dass hinter Komposita verkürzte grammatische Strukturen liegen, die man entschlüsseln können muss, um die kompositionale Bedeutung der neuen Wortbildung, die auf den ersten Blick unterspezifiziert ist, korrekt zu erfassen. So kann man nicht der Wortbildung entnehmen, sondern muss diese Bedeutungsrelation konstruieren, dass ein Kalbsschnitzel zwar ein ‚Schnitzel aus Kalbsfleisch‘ ist, ein Kinderschnitzel aber hingegen ein ‚Schnitzel für Kinder‘. Das Beispiel der Komposita zu Schuhen zeigt, dass weitere Relationen möglich sind: Lederschuh ‚Schuh aus Leder‘, Damenschuh ‚Schuh für Damen‘, Turnschuh ‚Schuh zum Turnen‘. Auch im Bereich der Derivation erschließt sich Bedeutung über grammatisches Wissen um die Bedeutung von Wortbildungsmorphemen: So gilt es im Deutschen etwa zu beachten, dass das Suffix {-er} ein nomen agentis-Suffix sein kann, das eine Person bezeichnet (Drucker ‚Person, die druckt‘), ebenso aber ein nomen instrumentalis-Suffix, das ein Gerät bezeichnet (Drucker ‚Maschine, die druckt‘). Nur mit diesem Wissen um Grammatik können unbekannte bzw. neue Wortbildungen verstanden, aber auch produktiv gebildet werden. Auch bei den Präfixen findet sich diese Art von Wortbildungssemantik, etwa wenn man das Präfix {be-} mit der Bedeutung ‚mit etwas [Nomen] versehen‘ beschreiben kann, zum Beispiel in bebildern, benoten.

      Nach Ulrich (2000: 10) ist die sichere Beherrschung von Wortbildungsregeln als rezeptive, produktive wie kreative Wortbildungskompetenz ein zentraler Bestandteil des mentalen Lexikons (vgl. Kap. 3.1) eines Menschen.

      Erweitert man die Perspektive von der Wortbildung hin zum Satz, finden sich neben Wortbildungsmorphemen weitere bedeutungshaltige grammatische Formen wie etwa die Kategorien Singular/Plural, Kasus, Tempus (vgl. etwa die analytische Perfektbildung) oder Positiv/Komparativ/Superlativ, СКАЧАТЬ