Das Moordorf. Max Geißler
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Читать онлайн книгу Das Moordorf - Max Geißler страница 8

Название: Das Moordorf

Автор: Max Geißler

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711467626

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СКАЧАТЬ sie blank machen.

      Ham Rugen rief das Mädchen an.

      „Is das die Hütte von Gesche Stelljes?“ fragte das Kind.

      „Is sie“, sagte Ham Rugen. „Willst du zu Gesche Stelljes?“

      „Ja, ich will.“

      „Und wo läufst du her — so durch die Nacht? Weisst du nicht, dass man im Düwelsmoor zuschanden werden kann?“

      „Ich dachte nicht daran“, antwortete das Mädchen. „Ich lief nur immer und lief.“

      „Was willst du von Gesche Stelljes?“

      Das Mädchen legte die Hand in die Ham Rugens, liess sich über den Graben leiten und setzte sich neben den Mann auf die Bank an der Hütte.

      „Gesche ist meine Schwester. Ich bin Wöbke Dierks. Weil Gesche Stelljes ihr Kind wieder gestorben ist, das ich zu warten hatte, wenn es nicht bei Hinnerk Stelljes’ Mutter war, hat sie mich zu Martin Kaiser und seiner Frau gegeben.“

      „Aber Gesche Stelljes hiess doch vordem Gesche Otten“, fragte Ham Rugen.

      „Ja, wir sind nur Halbschwestern, Gesche Stelljes’ Vater ist tot. Und Muttern ihr zweiter Mann hiess Jan Dierks. Die beiden sind aber schon lange nach Amerika ausgewandert. Und Martin Kaiser und seine Frau sagten, sie wollten mich nehmen, da mich nun die Gesche nicht mehr für die Kleine brauche, die ja doch tot geblieben ist.“

      „Nun sag mir einer“, fragte Ham Rugen, „warum du aus Klinkerberg fortgelaufen bist? Kind, das sind zwei Stunden durchs Moor.“

      „Ja“, sagte das Mädchen, und in seiner Stimme verzitterte ein Weinen. „Martin Kaiser hiess mich bei Tina Tölken, die die Woche über im Hüttendorf an der Hamme bleibt, die Ziege losbinden. Er wolle sie heut nacht schlachten, sagte er. Ich solle nur warten, bis Leidchen Tölken gemolken hat. Leidchen Tölken wohnt in dem andern Haus und kommt immer die Ziege melken, solange Tina Tölken in den Hammehütten ist. Wie die Nacht kam, hat mich Martin Kaiser gehen heissen. Aber anstatt in Tina Tölkens Hütte die Ziege stehlen, bin ich ins Moor gelaufen, immer weiter, immer weiter. Ich wollte laufen, bis der Tag käme, und dann fragen, wo Gesche Stelljes wohnt oder Ham Rugen. Bist du Ham Rugen?“

      „Ja, Kind. Das ist nun wieder einmal wundersam! Ich weiss nicht, ob ich jemals im Mondschein gesessen, den Nachtigallen zugehört und gedacht habe, dass es doch von sonderlicher Lieblichkeit sei, wenn alle Büsche klingen. Und in dieser einen Nacht kommt auf Wegen, die gar keine Wege sind, ein Menschenkind. Und gehen doch nie Menschen über das Moor und gar niemals um solche Mitternacht.“

      Ham Rugen verfiel in schweigendes Sinnen.

      „Und stehlen will ich nicht. Die Leute mögen von Martin Kaiser nichts wissen, und die Kinder in Klinkerberg sagen zu mir: ‚Mausewöbke‘, weil ich bei Martin Kaisern bin. Ist das denn wahr — sie sagen auch, Martin Kaisern hätten sie 36 Jahre von seinem Leben im Gefängnis behalten?“

      „Wohl, Kind, wohl“, antwortete Ham Rugen.

      „Und er hätt’, wie er jung gewesen, doch die Kinder schreiben und rechnen gelehrt und die zehn Gebote?“

      „Auch das ist wohl einmal gewesen“, sagte Ham Rugen.

      „Und zu Martin Kaisern will ich nicht mehr. — Ob mich Gesche Stelljes behält?“ fragte das Mädchen nach einer Weile. Ihre Stimme klang zag, und wieder war das heimliche Weinen darin. An den dunklen Wimpern der grossen Augen hingen zwei blitzende Tropfen.

      „Weinen sollst du nicht“, sagte Ham Rugen und legte Wöbke Dierks die Hand auf das goldene Haar. „Wenn Gesche Stelljes deine Schwester ist, wird sie dich wohl nehmen.“

      „Sie sagt, sie hätte nicht Geld genug“, entgegnete Wöbke und blickte wieder stumm an die Erde. Dann horchte sie in das Schlagen der Nachtigallen.

      „So müssen wir sehen, was zu tun ist. Wie alt bist du denn?“

      „Ich werde zwölf.“

      Ham Rugen schritt mit Wöbke Dierks um die Hütte. Seine Tritte versanken im Gras. Wöbke war barfuss.

      An der offenen Tür lauschte der alte Mann. Die Ziege raschelte in der Streu. Die tiefen Atemzüge verrieten, dass Hinnerk und Gesche Stelljes schliefen.

      Ham Rugen nahm das Kind an der Hand und sagte, Wöbke solle sich mit auf sein Stroh legen.

      Da kroch das Mädchen in den Bettkasten. Ham Rugen plusterte das Stroh am Fussende ein wenig auf, damit es einen erhöhten Pfühl für den Kopf gebe. Dann legte er sich auch schlafen.

      Die Uhr ging im Kasten — immer im Gleichtakt. Ham Rugen legte dem Schrittmass des Pendels Worte unter ...

      Und in den Stechpalmbüschen schlugen die Nachtigallen.

      Fünftes Kapitel.

      Als Gesche Stelljes die Ziege im Morgentau auf die Weide band und im nassen Grase kniete, das Tier zu melken, schlüpfte Wöbke Dierks aus Ham Rugens Bettkasten.

      Hinnerk Stelljes, der noch auf dem Stroh lag, und der die Gunst der Viertelstunde nützte, in welcher er sein Lager nicht mit Gesche zu teilen hatte, hob den Kopf ein wenig, als er Wöbkes rote Jacke sah, deren kurze Ärmel die runden weissen Arme der Deern freiliessen. Er hatte oft schon gedacht: so zarte Haut hat keine Deern im Moor, und keine hat so goldenes Haar wie Wöbke Dierks.

      Hinnerk Stelljes’ Augen blieben weit offen.

      „Na“, sagte er, „dat gift en gooden Dag.“

      Wöbke sah drein wie ein gefangenes Reh. Hinnerk Stelljes hatte ausgesprochen, was sie längst gedacht hatte.

      Die Deern schaute zu Ham Rugen. Der richtete sich im Bett auf und schwieg, wollte sich aber für alle Fälle bereit halten und kroch aus dem Kasten. Dann erzählte er Hinnerk mit zwei Worten, wie er die Deern im Moor entdeckt habe, und warum sie gekommen sei.

      „Dat gift en gooden Dag“, wiederholte Stelljes und zog die Augenbrauen in die Höhe; das tat er immer, wenn er ein Wetter im Anzuge wusste. Aber das Wohlbehagen der Alleinherrschaft im Bettkasten war in diesem Augenblick lebhafter als der Gedanke an ein Wetter mit Blitz und Donner, das an Hinnerk Stelljes vorüberzog.

      Holla — da stand Gesche schon in der Tür.

      „Deern! Deern!“ schrie sie.

      Die Überraschung, die ihr der unerwartete Anblick der Halbschwester schuf, war so über alle Massen gross, und das Bedürfnis, zu erfahren, wie Wöbke Dierks über Nacht von Klinkerberg in die ihr unbekannte Hütte gelangt, war so rege, dass kein Wort aus Gesches offenem Munde flog.

      Hinnerk Stelljes wartete verborgen der Dinge, die da kommen sollten.

      Ham Rugen lehnte mit über der Brust verschlungenen Armen am Tisch.

      Wöbke Dierks blickte stumm zu Boden. Sie hielt die Schürze, die vordem ein Sack gewesen war, in der Hand.

      Dann erzählte Ham Rugen.

      Was nun mit der Deern werden solle? fragte Gesche. Hier könne sie doch nicht СКАЧАТЬ