Das Moordorf. Max Geißler
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Название: Das Moordorf

Автор: Max Geißler

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788711467626

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СКАЧАТЬ brannte das Moor.

      Am dritten Tag, als der Ostwind nicht mehr über die Fläche stob, fiel ein sanfter, lauer Frühlingsregen. Da schwand das letzte winterliche Braun aus den Birken, und darüber war ein freundliches, zitterndes Grün.

      Nun erglommen auf dem schwarzen Moorgrunde die goldenen Sterne der Sumpfdotterblumen, und das Wollgras schoss aus den Schollen und spann seine weiche silberne Seide über das Schwarz und Grün der Moorflächen.

      Immer noch kräuselte der Rauch über dem brennenden Torf, und über dem grauen Felde war das sanfte Zischen der Tropfen. Der rinnende Regen fiel in die heisse Asche, und der Qualm kroch träg in das Gestrüpp und um die niederen Moorkiefern, die noch immer trutzig verzogen, ihre Kerzen zu Ehren des Frühlings aufzustecken.

      Ham Rugen schritt durch den bleigrauen Morgen. Er hatte den Esker über der Schulter und die Moorstiefel an. Wie der Frost kaum aus dem Erdreiche gewichen, war er zu dem Moortümpel gegangen, der sich unweit jenes Landstreifens befand, den er im Vorjahre mit Sand gemischt und den er so austrocknen zu können hoffte, dass in der Scholle die Kartoffel zu gedeihen vermöge.

      Aber die Rinnen, die er von dem fauligen Wasser in seinen Graben geleitet, hatten nur einen kargen Abfluss geschaffen. Schilfblätter schossen hervor wie blanke Schwerter, und Sumpfflanzen aller Art drängten sich ans Licht.

      Ham Rugen durfte nicht lange sinnend auf dem Flecke stehen, denn er fühlte den Grund unter seinen Füssen weichen. Weil er sich aber sagte, dass der Tümpel, der wohl schon Jahrhunderte gestanden hatte, aus jener Zeit übrig geblieben war, da das Moor ringsum sich zu Torf verdichtete, so vermutete er einen unterirdischen Zufluss.

      Der Tümpel selbst war vielleicht ein unergründliches, tiefes Sammelbecken für die Moorwässer, die von dieser Stelle aus sein urbar gemachtes Land immer von neuem sauer machten.

      Da zog Ham Rugen abermals einen Graben, der den Tümpel entwässern sollte. Und als auch diese Arbeit geschehen, nahm er zu seiner Freude wahr, dass der Spiegel des faulen Gewässers um zwei Fuss gesunken und in dem neuen Graben eine müde, aber deutliche Strömung war.

      Die folgenden Tage zog Ham Rugen Furchen in das sandige Feld und legte Kartoffeln.

      Dann ging er wie ein Sämann über die Asche, aus der die Zeit vorher der Rauch des Torfbrandes gequollen war, und streute Buchweizen hinein. Immerfort fiel das sanfte Nass des Himmels, oder es war die windlose, weiche Stille über dem Lande, durch die der müde Qualm ferner Moorbrände sich wälzte.

      Während Ham Rugen den körnigen Buchweizen an den weichen Grund warf, schritten die Hühner hinter dem Manne drein und pickten den Samen aus der Asche, oder sie scharrten den staubigen Grund und wühlten sich voll Behagen hinein, weil sie fühlten, wie das Bad ihrem Gefieder wohltat.

      Da baute Ham Rugen an der Sonnenwand der Hütte aus Zäunung einen Stall, in den er die Hühner mit einer Handvoll der begehrten Körner lockte, und deckte darüber einen Rest armen Drahtgeflechts, das er zwischen dem Gebälk des Daches geborgen und für das er nie eine Verwendung gewusst hatte. Bis die roten Spitzen der keimenden Saat ihre zarte Weichheit gegen das härtere Grün eingetauscht hätten, sollten die Hühner in dem Stalle verbleiben.

      Als auch die Bestellung der beiden Streifen Landes vollbracht war, die ersten Blätter der Kartoffeln das sandige Erdreich zerbrachen und die zahllosen Pflänzlein des Buchweizens aus der Asche stiegen, an denen die beiden Keimblätter noch zusammengefaltet und mit einem Tropfen Frühtau behängt waren, in dem sich das Morgenlicht brach, sass Ham Rugen an der Sonnenseite der Hütte.

      Er sah übers Feld, sah voller Freude, wie die Wässer in den neuen Torfgräben rannen, und kaute Tabak.

      Da kam einer quer durch das Moor gestapft. Er hatte es nicht eilig und tat keinen Sprung, sondern umging die sumpfigen Stellen gemächlich. Und weil bald da ein Tümpel faulen Wassers, bald dort ein Morast vor ihm lag und dann das lockere Moor über seinen Füssen zusammenschlug, näherte sich der Mann in seltsamem Zickzackgang, auf dem er bald diese, bald eine andere Richtung einzuschlagen gezwungen war.

      „He, Martin Kaiser“, rief ihm Ham Rugen entgegen und nahm die Hand von der Stirn, mit der er das schützende Dächlein über den Augen gegen die blitzende Maisonne gebildet hatte, „bist ok all upstahn?“

      „Hm“, sagte der andere, „un wat makst du dor?“

      „Ik wöll en beten Kloogheet sammeln“, rief Ham Rugen und lachte.

      „Wer weet, wo dat good för is“, entgegnete Martin Kaiser gelassen. „Un hast ok good slapen äwer Nacht?“ setzte er hinzu und schaute Ham Rugen forschend an.

      Das Gerücht, dass Ham Rugen das Moor baue und Kartoffeln lege, hatte den alten Martin Kaiser in sprachloses Staunen versetzt.

      „Ja“, sagte Ham Rugen, „ganz good, man güstern Abend, as ik eben to Bett wier, steek mi en Floh in Kopp.“

      „Oha“, lachte Martin Kaiser, der merkte, dass Ham Rugen seinen Spott mit ihm treibe, „na, lat mi man ins (einmal) hen.“

      Damit schob er Ham Rugen ein wenig auf der Brettbank beiseite und setzte sich neben ihn. So sassen sie eine Weile.

      Ham Rugen dachte: „Wat he woll will?“ Und Martin Kaiser sann: „Wenn he mi mal satt eten und drinken laten will, will ik him woll en gooden Rat gäwen.“

      Er nahm schweigend das zerknüllte Papier aus der Tasche der Hose, zupfte ein wenig von dem schwarzen Shagtabak ab und schob es in den Mund.

      Dann sassen sie wieder eine Weile, blinzten in die Sonne und spuckten abwechselnd in den Sand.

      „He wöll nich“, dachte Kaiser und sagte: „Do is dor woll en Bur (Bauer) wesen, Ham Rugen?“ Er deutete bei diesen Worten auf die junge Saat.

      „Wird woll“, sagte Ham Rugen.

      Dann sassen sie wieder eine Weile, blinzten in die Sonne und spuckten abwechselnd in den Sand.

      „Mit dat Smuggeln, dat is nu all vörbi“, begann Kaiser eine Viertelstunde später zu reden.

      „Dat’s all vörbi“, antwortete Ham Rugen.

      Ein Fischreiher flog mit schwerem Flügelschlag den Wiesen der Hamme entgegen. Es war, als wirble das Gold des Maimorgens unter seinen Schwingen. Die Sonne hatte den Tau fortgetrunken, der an den Spitzen der Gräser gehangen, und faltete mit den blanken Fingern die Keimblätter des Buchweizens auseinander.

      „Du bist dein Lebtag kein Freund vom arbeiten gewesen, Ham Rugen: was soll das heissen?“ fragte Kaiser und deutete auf den bestellten Moorgrund und die keimende Saat, als der Reiher im Licht des Morgens verschwunden war.

      „Das soll heissen, dass ich den Bauern und Kaufleuten nicht mein mühselig Erspartes hingeben will für Dinge, die einer nur zum Essen braucht, und die imgrunde nichts wert sind. Da hab’ ich gedacht, soviel, wie Ham Rugen nötig hat, wirds wohl bringen.“

      „En swor Stück Arbeit, Ham Rugen, en sihr swor Stück Arbeit.“

      „Is ook“, entgegnete Ham Rugen, „äwerst nu is doahn.“

      „Hm“, sagte Martin Kaiser, „ob du nicht am Ende einen Platz für mich hättest? Du bist ja doch allein in der Hütte.“

      „Für dich? Halbpart meinst du?“ sagte Ham Rugen und blickte СКАЧАТЬ