Das Moordorf. Max Geißler
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Название: Das Moordorf

Автор: Max Geißler

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788711467626

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СКАЧАТЬ fragten: „Nicht mein Ernst? Und warum nicht?“ fuhr Ham Rugen fort:

      „Du meinst: ich habe geschmuggelt, und du hast gestohlen, und mit Schmuggeln und Stehlen sind wir beide gekommen bis auf den heutigen Tag — ... So? Meinst du?“ ....

      Dann nahm Ham Rugen den Tabak zwischen die Zähne und schob ihn mit der Zunge wieder an seinen Platz. Er wollte den alten Schleicher belehren.

      „Das war auch ein ander’ Ding um das Schmuggeln als um das Stehlen“, fuhr er fort und setzte dem Martin Kaiser auseinander, dass es heisst: „Du sollst nicht stehlen“, vom Schmuggeln aber sei nirgends die Rede, und na: Martin Kaiser wier en ollen Sünner, während Ham Rugen bloss getan hätte, was recht und gut wär’; denn erstens mussten die Kontrolörs hinters Licht geführt werden. Dass das verdienstlich gewesen, darüber seien sich die Leute im Teufelsmoor weit und breit einig, und zum andern sei im ganzen Moore keiner, der nicht geschmuggelt habe. Aber stehlen? Stehlen geht nur Martin Kaiser! Und darum wolle Ham Rugen wohl gut Freund mit ihm sein, aber es wär’ ihm schon recht, wenn er nicht zu oft seinen Besuch in der Hütte mache. Übrigens: zu holen gäb’s hier gar nichts, rein gar nichts, weil Ham Rugen sein Geld in die Sparkasse getragen habe.

      „Heww ik di all wat stohlen?“ fragte Kaiser.

      „Nee.“

      „Na, dann swik ok still.“

      „Ham Rugen“, sagte Kaiser nach einer Weile, „dor is in Klinkerberg en Mann un en Fru, de wölln en Hütt köpen — for 40 Toler, segg ik.“

      „For 40 Toler bar Geld?“ fragte Ham Rugen und sah Kaiser lauernd von der Seite an.

      „Ik segg di dat, Ham Rugen. Wenn Ham Rugen aber en Bur sien will, denn is dor ja woll nix tau maken.“

      Nun war der lauernde Blick in den Augen Martin Kaisers. Der pendelte mit dem rechten Bein, das er über das linke Knie gelegt hatte, und in den Winkeln seines Mundes war ein unruhig Zucken.

      Ham Rugen sagte:

      „Zum Freien ist einer zu alt. Manchmal, wenn ich den Winter in der Hütte beim Feuer gesessen, hab’ ich die Zeit schreiten hören. Mit langen Schritten ist sie unaufhaltsam ihren Weg gegangen, oder ich hab’ auch gedacht — na, genug davon. Das sind wohl so Dinge, die einem in der Stille des Winters kommen. Nun bin ich die grosse Einsamkeit und Leere, die hier draussen ist, gewöhnt. Freilich hab’ ich auch gedacht, es wäre doch gut, wenn die Hütte da in der Nähe von Menschen stände. Wie’s nun aber ist, so könnt einer daran denken, auf andere Weise Nachbarn zu bekommen. Du hast recht, Martin Kaiser, ich will die Hütte verkaufen ...“

      Drittes Kapitel.

      Am nächsten Tag in der Frühe kamen Hinnerk und Gesche Stelljes in Begleitung Kaisers über das Moor, die Hütte Ham Rugens zu besehen.

      Ham Rugen wollte den „Altenteil“ haben, dafür aber das urbar gemachte Land mit der diesjährigen Ernte, die Ziege, die Hühner und alle Vorräte im Haus geben. Nur ein Kastenbett musste Hinnerk Stelljes zimmern, gross genug für ihn und Gesche.

      Als die blonde Gesche, deren Haar aussah, als wär’s einmal golden gewesen wie die Sonne, nun aber von braunem Moorwasser missfarbig geworden, noch gefragt hatte, wie alt denn Ham Rugen beim Schmuggeln geworden sei, und erfahren hatte, dass er im sechsundsechzigsten Jahre stehe, ward der Handel geschlossen. Gesche Stelljes nestelte den Beutel aus der Tasche ihres Rockes und zählte Ham Rugen 40 Taler auf die Holzbank an der Sonnenseite der Hütte.

      Hinnerk Stelljes aber zog seinen Rock aus, nahm die Säge von der Wand, die ja nun ihm gehörte, mass in der Hütte und begann draussen Bretter zu schneiden für den Bettschrank, der in die Ecke zu stehen kommen sollte, welche dem Lager Ham Rugens gegenüber war.

      Währenddem hatte Martin Kaiser Ham Rugen hinter die Hütte gerufen und ihm zu verstehen gegeben, dass er die Käufer hergebracht habe; das forderte ein Entgelt.

      „Fif Groschen“, sagte Ham Rugen.

      „Sewwen un en halwen“, forderte Martin Kaiser.

      Da erhielt er sieben und einen halben Groschen und trollte sich seines Wegs.

      Ham Rugen war Hinnerk Stelljes zur Hand beim Bau des Bettschranks. Hinnerk Stelljes hatte kurzgeschorenes, rötliches Haar und ein bartloses Gesicht.

      Woher sie kämen?

      „Von der Geest“, sagte Stelljes. Und die Gesche sei aus Moorende gebürtig. Auf der Geest habe sie gedient. Sie hätten noch nicht lange zusammengeheiratet. Das Kind sei ihnen gestorben; das habe Stelljes’ Mutter gepflegt. Hinnerk wolle in Tagelohn gehen oder selbst Torf graben — er sei schon zweimal zurückgestellt worden, und nun fürchte er, beim dritten Mal doch noch Soldat werden zu müssen. Weil die Leute aus dem Moor vorerst noch vom Militärdienst befreit seien und er doch Gesche nicht gern wieder dienen schicken möchte, wollten sie’s im Moor versuchen.

      „He hätt nix hewwt“, sagte Gesche, die mit dem russigen Kessel aus der Tür trat, um diesen im Graben zu waschen, „nix nich! De vierzig Toler sin mien Geld.“

      Sie hatte das Gespräch der Männer gehört und warf ihnen die Worte zu wie den Hühnern die kargen Krumen vom Tisch.

      Ham Rugen sah, dass Gesches Rock über dem rechten Knie zerschlissen war. Nun kauerte sie am Graben und scheuerte mit einem Bündel Binsen, das sie manchmal in den Sand tupfte, den berussten Kessel. Der hatte vor einer Stunde noch Ham Rugen gehört.

      „Wenn’s nich wegens Militär west wier, ik hätt nix köpt. Nie nich! Dienen is beter as im eegen Hus hongern.“

      Gesche sprach, ohne dabei aufzuschauen, während sie vom Graben mit dem leidlich sauberen Kessel zurückkehrte.

      Vor der Tür der Hütte blieb sie ein wenig stehen und schob mit dem nackten Fuss vorjährig verwittertes Laub aus dem Winkel, der von der Lehmwand des Ziegenstalls und der des Hauses dicht neben der Tür gebildet wurde. Dann ging sie in die Hütte.

      Ham Rugen hielt das Brett an einem Ende, das Hinnerk Stelljes mit der Säge zerschnitt.

      Ehe der Abend kam, war der Bettkasten, der keine Schiebtür besass, zusammengeschlagen: zwei Brettwände, über die das Rohrdach lief; und die dritte Wand wurde durch die Mauer der Hütte gebildet. In der Langseite befand sich das Loch, durch das Hinnerk und Gesche Stelljes auf das Stroh krochen. Quer hindurch lief der Bettboden. Auf den breitete Gesche Ham Rugens Vorrat an Streu. Und weil der nicht so reichlich war, tat sie zu unterst eine Lage federndes Heideried. Über das Stroh breitete sie die Wolldecke und legte darauf das Bett, das sie in der Kiepe auf dem Rücken hergetragen hatte.

      Wie die Scheibe der Sonne hinter den Horizont gesunken war und nur noch das feurige Rot am Westhimmel stand, welches zeigte, wo sie in strahlender Schönheit entschwunden, sassen die drei Bewohner der Hütte auf der Bank.

      Hinnerk Stelljes hatte zuvor einen Gang über das nahe Moor getan, war die Gräben entlanggeschritten, die Ham Rugen die Zeit her gezogen, und sagte, er wolle versuchen, vielleicht ein wenig mehr Land zu bebauen; aber er wolle auch einen Torfstich von grösserem Umfang anlegen. Die Arbeit im Torf lohne besser als der Feldbau.

      In den Wassern stand noch der blutrote Schein des sterbenden Tages. Die Kiefern und die Birken schoben sich in tiefem Schwarz gegen den Westhimmel in das flammende Leuchten über dem abendlichen Horizont.

      Im СКАЧАТЬ