Название: Das Anthropozän lernen und lehren
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Pädagogik für Niederösterreich
isbn: 9783706560832
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Abbildung 10: Ein Beispiel für die Möglichkeit von Verschränkungen in Comics: Personalisierung (damaliger WBGU-Präsident Prof. Schellnhuber, damaliger US-Präsident Obama), naturwissenschaftliche Information (Treibhauseffekt, wird an anderer Stelle im Comic aufgegriffen und vertieft), wissenschaftsbasierte politische Aussage (Telefonat), Raumskalenverschränkung (Erde: global, Schellnhuber: lokal, Obama: Washington) sowie emotionale Bildmetapher Fiebrige Erde (in gewisser Anlehnung an den „armen Poeten‘ von Carl Spitzweg). (Aus Hamann et al. 2013)
Box 3: Phosphate – Gewinnung – Verarbeitung – Nutzung – Verschmutzung27
In einer gewissen Geschwindigkeit in Form von Guano grundsätzlich „nachwachsendes“ Phosphat ist längst abgebaut. Ganze Inseln wurden dazu umgestaltet und teilweise entvölkert. (Zur tragischen Geschichte des Phosphatabbaus auf den Pazifikinseln Banaba und Nauru siehe z.B. Ellis 1936, Folliet 2011, Jaramillo 2016, Teaiwa 2015, 2017.) Insbesondere die Landwirtschaft benötigt heute enorme Mengen an Phosphaten, welche fast ausschließlich aus wenigen fossilen und endlichen Vorkommen der Kreide- und Alttertiärzeit abgebaut werden, mit einer gewaltigen, geopolitisch bedeutsamen Monopolstellung in der heute an Marokko angegliederten Westsahara (USGS 2016). Der Abbau dieser Vorkommen ist technisch aufwendig und wegen der vielen assoziierten Schwermetalle enorm umweltkritisch (e.g. BGR 2013, PotashCorp 2014, Benjelloun 2016). Obwohl also Phosphat eine sehr endliche geologische Ressource darstellt, bringt der Mensch zwischenzeitlich mehr in den Phosphatkreislauf ein, als die Natur an Phosphat aus Verwitterung und natürlichen Recyclingprozessen zur Verfügung stellt. Somit gelangt nun also mehr als das Doppelte des vorindustriellen Werts an reaktivem Phosphor in die Umwelt, womit die planetarische Grenze für den Phosphorkreislauf (sensu Rockström et al. 2009 und Steffen et al. 2015) bereits überschritten ist. In Deutschland gingen zwar die Phosphatkonzentrationen in Fließgewässern durch den Stopp der Verwendung von Phosphaten für im Privathaushalt verwendete Waschmittel sowie durch verbesserte Kläranlagen deutlich zurück, allerdings nahmen die Ausflüsse aus der Landwirtschaft weiter zu. Insgesamt haben landwirtschaftliche Prozesse den größten Anteil an den Phosphateinträgen in die Umwelt (Meier 2017).
Als Beispiel für weitere Rechercheergebnisse sei ein kurzer Text zum Thema Phosphate – Gewinnung – Verarbeitung – Nutzung – Verschmutzung eingefügt, um die Komplexität und Querverbindungen zu anderen Themen exemplarisch aufzuzeigen (Box 3).
Viele Beispiele aus dem Buch, auch zur Storyboard-Erstellung und zum Gesamtprojekt finden sich auf den Projektwebseiten28. Das Buch wird häufig im Unterricht zur Projektarbeit verwendet, bevorzugt für Jahrgangsstufe 9 und 10 bzw. Sekundarstufe II, aber teilweise sogar für den Grundschulunterricht. Auch hierzu wurden wieder Lehrerhandreichungen erstellt (Hamann et al. 2017), die kostenlos verfügbar sind29. Neben vielen weiteren Einsatzmöglichkeiten wurden in den Handreichungen insbesondere die schulische Anwendung im Projektunterrichtformat „Zukunftswerkstatt“ angeregt und ausführliche Erläuterungen dazu gegeben. Die Evangelische Schule Berlin Zentrum war auf dem Kirchentag 2017 in Berlin sogar mit einem Kochstand zur Anthropozän-Küche vertreten, kochte vor Ort zwei Rezepte aus dem Buch nach (Rezepte aus Uganda und Indien) und bot zudem noch Insekten als Zukunftsfood zur Verkostung an. Den Interessierten wurden dazu viele, zuvor anhand des Buchs im Unterricht erarbeitete Anthropozän-Themen erläutert30.
Beispiel 4: Stoffgeschichten als Comic. Kurz erwähnt sei das bemerkenswerte Comic-Projekt der Universität Augsburg Stoffgeschichten – Flatscreen & Co. mit dem innovativen Webcomic High Five (Anderle et al. 2019)31. Der von Martyna Zalalyte illustrierte Comic erzählt die Geschichte der 13-jährigen Toni, deren Smartphone auf den Boden fällt und zerbricht. Beim Versuch es aufzuheben, schrumpft sie plötzlich und wird ins Innere des Smartphones gesogen. Auf ihrer Suche nach einem Ausgang trifft sie auf fünf chemische Elemente: Gold, Palladium, Indium, Europium und Neodym. Sie geben Toni einen spannenden Einblick in ihre eigene Geschichte. Gleichzeitig erhält sie umfangreiche Einblicke in die Stoffkreisläufe der Elemente, ein wesentliches Thema im Anthropozän (op cit.). Dieser Sachcomic, der stark auf fiktive Elemente setzt, verwendet ein neues Format, das des Webcomics, der kontinuierlich scrollbar ist, dabei teils linear, teils vertikal, so dass nun Erzählstränge betont sind und Spannung gut aufgebaut werden kann. Der lange Erzählstrang ist aber auch in Einzelcomics zerlegbar, die dann als pdf verfügbar sind. Der Webcomic erlaubt damit sowohl einen guten Einstieg in weiteren Unterricht rund um das Thema nicht nachwachsende Ressourcen, kann aber auch direkt zentral im Unterricht, etwa als Recherchegrundlage, verwendet werden. Alternativ könnten ähnliche Projekte auch selbst analog generiert werden, etwa auf langen Papierrollen, welche horizontal und/oder an einer Wand befestigt werden.
Beispiel 5: Scribble-Comics als Imaginationsauslöser: Ein häufiger Einwand gegen Verwendung graphischer Formate, gar Cartoons oder Comics lautet „Ich kann nicht so gut zeichnen“. Die eigene Erfahrung mit Seminaren in der Hochschullehre und in Schulprojekten ist, dass viel zeichnerisches Potenzial vorhanden ist. Aber auch mit einfachsten Strichfiguren und Scribbles ist sehr vieles machbar. Eine Websuchabfrage nach „Strichmännchen“, „Strichmännchen-Comics“, „Sketchnotes“ oder „Comics zeichnen“ ergibt eine Fülle von Beispielen und jede Menge Anleitungen. Der Verfasser dieses Artikels erstellte gemeinsam mit einer Graphic-Recorderin und graphischen Moderationsspezialistin die Visualisierung eines Konzeptes für das Futurium (vormals Haus der Zukunft) in Berlin für die Öffentlichkeit (Leinfelder & Föhr 2015). Einige Beispiele sind auch in den vorliegenden Beitrag eingestreut (siehe Abb. 13, 14). Auch der Verfasser selbst scribbelt Abbildungen für Vorträge oder Vorlesungen СКАЧАТЬ