Название: Das Anthropozän lernen und lehren
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Pädagogik für Niederösterreich
isbn: 9783706560832
isbn:
Zur Erarbeitung wünschbarer Zukünfte ist die Anwendung der Design-Thinking-Methode in modifizierter Weise ebenfalls sinnvoll. So sollten mehrere auch optional wünschbare Zukunftswege erarbeitet werden, um diese auf ökologische, soziale und ethische Kompatibilität zu testen. Wünschbare Zukünfte sind am besten veranschaulichbar, wenn sie in Form idealtypischer Zukünfte „durchdekliniert“ werden, was im Design-Thinking-Ansatz dem Definieren verschiedener Sichtweisen, dazugehöriger Ideen und der Aufstellung verschiedener Prototypen entspricht. Diese sind dann zu testen, was exemplarisch mit Einzelbeispielen aus verschiedenen Lebensweltzukünften geschehen kann. In mehreren iterativen Schleifen können dann innerhalb der verschiedenen Zukunftsszenarien auch Mischungen als Handlungs-Portfolios zusammengestellt werden und durch „backcasting“ einzelne Schritte zum Erreichen eines gesellschaftlich vereinbarten Wunschszenarios geplant werden (Robinson 1988, 2003; Dreborg 1996). In diesem Sinne erstellte der Verfasser vier idealtypische, potenziell wünschbare Zukünfte, denen er ein fünftes, unerwünschtes als Business-as-usual-Szenario gegenüberstellte. Der Ansatz ist, aus folgendem Dilemma herauszufinden: Zwar sind sich die meisten gesellschaftlichen Gruppen grundsätzlich einig, dass ein „weiter-wie-bisher“ nicht möglich erscheint, allerdings spaltet die Frage nach dem richtigen Zukunftsweg nicht nur die Gesellschaft, sondern in Teilen auch die Wissenschaften. Die fünf idealtypischen Zukunftsszenarien sollen also gleichermaßen Diskurs über verschiedene Lösungswege ermöglichen, aber auch einen kooperativen Konsensusprozess sowie daran anschließend eine gemeinsam getragene Erstellung gemischter, bei Bedarf immer wieder modifizierbarer („liquider“) Lösungs-Portfolios aus den verschiedenen Szenarien bzw. den Pfaden dorthin zu ermöglichen. Dazu ist es sinnvoll, die einzelnen Lebensweltbereiche, darunter Energie, Wohnen, Arbeiten, Wirtschaften, Ernährung, Gesundheit, Mobilität in diesem Sinne entlang solcher Szenarien in die Zukunft zu denken. Box 4 sowie Abb. 13, 14 skizzieren derartige mögliche idealtypischen Zukünfte für einige dieser Bereiche. (Näheres zum Konzept, den Beispielen sowie zu weiteren Literaturangaben siehe Leinfelder 2014a, 2016b, 2018, 2020b.) Nachfolgend einige Ideen, wie Lebenswelt-Zukünfte im Unterricht erarbeitet werden können:
Abbildung 13: Die Leinfelder’schen fünf anthropozänen Zukunftspfade, illustriert von Tanja Föhr (aus Leinfelder & Föhr 2015). Näheres siehe Text, Box 4 und Abb. 14.
Abbildung 14: Anthropozäne Zukünfte: Endpunkte der idealtypischen Zukunftspfade als Szenarien für verschiedene Lebenswelt-Themen (Ernährung, Medizin, Energie, Wohnen, basierend auf Leinfelder (2014). Grafik Tanja Föhr (aus Leinfelder & Föhr 2015). Näheres siehe Text und Box 4.
• Abb. 14 zeigt mehrere Lebensweltzukünfte in gescribbelter Fünfeckdarstellung, mit skizzierten Objekten zur besseren Vorstellbarkeit (aus Leinfelder & Föhr 2015); weitere Abbildungen dazu finden sich in Leinfelder (2014a, 2016b). Nach Diskussion des Zukunftsthemas sowie der generellen Einführung in die fünf idealtypischen Zukunftsszenarien (ggf. unter der Verwendung des Texts in Box 4) könnten ähnliche Szenarien für andere Lebensweltbereiche (z.B. Zukünfte der Schule?) in Kleingruppen erstellt und in Form von Texten, selbst gezeichneten Grafiken oder Comics oder kleinen Vorträgen präsentiert werden.
• Fünf Personen (oder fünf Kleingruppen) spielen Sachwalter für je ein Lebensweltszenario (BAU, reaktiv, suffizient, bioadaptiv, high-tech) in einem schauspielähnlichen fiktiven Diskurs oder als interaktiver Alle-gegen-alle-Science Slam.
• Im Kunstunterricht werden 3D-Modelle aus Karton, Ton, Draht usw. erstellt, mit denen man Szenarien besser vorstellbar machen kann.
• Verschiedene idealtypische Lebensweltzukünfte können umfassend zum Thema Ernährung behandelt werden. Dazu eignen sich insbesondere die Lehrerhandreichungen zum bereits weiter oben (Abschnitt 3.2.2) vorgestellten Sachcomic Die Anthropozän-Küche. Dort werden das Konzept der Zukunftswerkstatt ausführlich vorgestellt sowie Perspektivenszenarien behandelt und für den Unterricht aufbereitet. Für das Thema idealtypische Zukunftsszenarien im Anthropozän eignen sich auch cartoonartige Visionskarten, mit denen Visualisierungen möglich sind (für ein Beispiel siehe Hamann et al. 2017)49.
• Auf Doppelseite 203/204 im Sachcomic Die Anthropozän-Küche (Hamann et al. 2016) finden sich die vier idealtypischen Zukunftspfade zur Ernährung in ihrer kompletten Vernetztheit als Abbildung dargestellt, ausgehend von der mittig angeordneten Problemlage (aktuelle Situation bzw. Business as usual). Diese könnte zu umfangreichen Recherchen auch für den Schulunterricht sowie für weitere Formate hilfreich sein.50
• Als Gruppenarbeit könnten auch zukunftspfadtypische Rezepte zusammengestellt, gekocht, verkostet, ressourcenbasierte Fußabdrücke berechnet und bewertet werden. Beispiele könnten sein: lokale, saisonale Kost (Suffizienzpfad), Insektenrezepte51 (bioadaptiver Pfad), vegane fleischimitierende Burger (High-Tech-Pfad) etc. Dies könnte auch in der Schulkantine angeboten werden.
• Postkarten aus der Zukunft schreiben (basierend auf den idealtypischen Zukünften). Beispiele dafür finden sich in Hamann et al. (2016, 206–215).
• Zukunftswünschebefragung im öffentlichen Raum, Auswertung (Wie viele haben sich Dinge gewünscht, die es noch nicht gibt? Wie viele nur Altbekanntes, wie viele Konkretes, wie viele Allgemeinplätze?).
• СКАЧАТЬ