Название: Das Anthropozän lernen und lehren
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Pädagogik für Niederösterreich
isbn: 9783706560832
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Abbildung 11: Comic-Darstellung von Phosphatabbau und Transport zur Küste in Marokko, Westsahara. (Grafik Zineb Benjelloun, Aus Die Anthropozän-Küche [Marokko-Kapitel], Leinfelder et al. 2016, S. 48)
Als Anregung für den möglichen Einsatz von Comics für Anthropozän-relevante Themen im Schulunterricht böten sich damit etwa folgende Formate an:
• Komplexe Anthropozän-Themen anhand vorhandener Sachcomics erarbeiten (siehe dazu auch Abschnitt 3.3);
• Sachcomics zum Anthropozän analysieren, Faktencheck durchführen, Evaluation, evtl. in Form von Umfragen zur Verständlichkeit, zum Erhalt der Komplexität, zur Motivation des Arbeitens damit erstellen;
• aus erlerntem oder selbst recherchiertem Stoff oder auch aus eigenen Beobachtungen zu Anthropozän-Themen selbst Comics erstellen, ggf. auch in Kooperation verschiedener Fächer mit dem Kunstunterricht;
• Graphic Recordings zu einzelnen Schulstunden erstellen (alternativer „Mitschrieb“).32
Eigene Ausstellungen zum Anthropozän lassen sich im Unterricht konzipieren und ggf. dort oder auch andernorts umsetzen. Die Themen sollten zuvor im Unterricht behandelt worden sein. Mögliche Formate und Themen könnten Folgendes beinhalten:
• Kunstprojekte: Ausstellungen aus selbstgesammeltem Plastikmüll33, aus selbsterstellten Upcycling-Produkten34, zu Slow Fashion35, aus selbstgehäkelten36 oder selbstgebastelten Objekten, aus selbst erstellten Sachcomics u.v.m.
• Fotoausstellungen zum Anthropozän mit selbst erstellten Fotos37;
• komplette Erstellung eigener wissenschaftlicher Ausstellungen (am besten in Kooperation mit den Wissenschaften)38.
Selbstverständlich sind auch weitere Formate geeignet, um Anthropozän-Themen adäquat zu viualisieren, dies könnte das Planen, ggf. auch Anlegen von Wanderwegen mit Anthropozän-Objekten und graphischen Tafeln umfassen, aber auch Videoprojekte39 oder Video-podcasts40.
3.3 Partizipation und Design Thinking im Anthropozän
Partizipationsprojekte, insbesondere in der Form von Citizen Science, sind heute gut etabliert und umfassen eine enorme Bandbreite von Inhalten und Formaten (Finke 2014). Ursprünglich als Unterstützung von Wissenschaften in der Datengewinnung gedacht, finden sich partizipative Tätigkeiten überwiegend, aber nicht ausschließlich in naturwissenschaftlich-technischen Bereichen (ehrenamtliches Museumspersonal, Vogel- und Schmetterlingsmonitoring durch Privatpersonen und vieles mehr). Moderne Citizen Science-Projekte haben teilweise erheblichen Umfang und technische Unterstützung durch Smartphone-Apps. Ohne ehrenamtliche Unterstützung wären viele wissenschaftliche Projekte gar nicht leistbar, exemplarisch genannte seien das Mückenatlas-Projekt41 oder das seit 1996 laufende weltweite Reefcheck-Projekt42, ohne welches die Riffwissenschaften nicht über die starke globale Gefährdung der Korallenriffe erfahren hätten und bis heute nicht alleine das notwendige Monitoring betreiben könnten. Citizen Science-Projekte unterstützen aber nicht nur die Wissenschaften in wesentlicher Weise bei ihren Aufgaben, sondern sind auch sehr geeignet, um Vertrauen in die Wissenschaften auszubauen und diese zu „legitimieren“. Die Teilnehmenden tragen zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn bei, dies motiviert und unterstützt das Selbstvertrauen und die Selbstwirksamkeitserfahrung – „ich kann etwas Sinnvolles tun und bin Teil des Teams“ (siehe dazu auch Leinfelder 2013a). Neben Monitoring- und Kartierungsprojekten gibt es viele andere partizipative Formate mit jeweils stark unterschiedlicher Expertenbeteiligung – das Format ist also anpassbar. Im schulischen Bereich sind auch Schülerlabore weit verbreitet, die häufig von Hochschulen zur Verfügung gestellt und betreut werden und zu Unterrichtszwecken vielfältig nutzbar sind. Beim Bundesverband der Schülerlabore LernortLabor43 findet sich eine aktuelle Zusammenstellung der Möglichkeiten für die MINT-Nachhaltigkeitsbildung (LeLa 2018). Auch der Design-Thinking-Ansatz enthält viele partizipative Elemente.
Insgesamt erscheinen gut designte partizipative sowie Design-Thinking-basierte Projekte hervorragend geeignet, um
• Motivation auch zur Beschäftigung mit komplexen Themen zu erzeugen;
• sich mit der „Gesamtheit“ einer Situation zu befassen, also vernetztes, systemisches Denken und Handeln einzuüben;
• aus vernetztem Denken Problemlösungsschritte zu generieren (vgl. Gomez & Probst 2001):
• Zusammenhänge und Spannungsfelder der Problemsituation verstehen;
• Zusammenhänge und Spannungsfelder der Problemsituation herstellen;
• Gestaltungs- und Lenkungsmöglichkeiten erarbeiten;
• mögliche Problemlösungen beurteilen;
• Problemlösungen umsetzen und verankern.
Derartige Bildungsansätze erscheinen wesentlich, um nicht nur Komplexität des vernetzten Systems von Ökosphären mit der Anthroposphäre, sondern auch mögliche integrative Handlungsoptionen und deren Umsetzungen zu vermitteln bzw. anzuregen. Dies steht im Einklang mit der vom WBGU vorgeschlagenen Transformationsbildung, welche ebenfalls dazu befähigen soll, globales Verantwortungsbewusstsein zu reflektieren, systemisches Denken zu fördern und daraus ein systemisches Verständnis der Handlungsoptionen zu generieren (WBGU 2011). Dadurch wird der Gesellschaft Wissen über Umweltprobleme zur Verfügung gestellt und diese zu gesellschaftlicher Teilhabe sowie zu politischem Handeln angeregt. Der WBGU schlägt dazu vor, im Unterricht einen Bezug zu Schlüsselfaktoren der Transformation herzustellen, indem transformationsrelevante Themen fächerübergreifend bzw. fächerverbindend behandelt werden, so dass systemisches Denken alltagsnah erfahrbar und Wirkzusammenhänge nachvollziehbar gemacht werden (siehe z.B. Pelletier et al. 1998; Pintrich 2003; Gormley 2011, WBGU 2011).44
Jeweils ein Beispiel aus dem eigenen Umfeld des Verfassers sei nachfolgend kurz vorgestellt.