Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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СКАЧАТЬ den uns­ri­gen; lang­sam gab jetzt end­lich der An­ker nach. Er ging in die Höhe, aber lang­sam, so lang­sam, dass man sah, er tra­ge ein schwe­res Ge­wicht. End­lich be­merk­ten wir dicht un­ter dem Was­ser­spie­gel eine schwar­ze Mas­se und zo­gen sie mit ei­nem Ruck in mein Boot: Es war der Leich­nam ei­ner al­ten Frau, an de­ren Hal­se ein großer schwe­rer Stein be­fes­tigt war.«

      *

      »Mei­ner Treu«, sag­te der Co­lo­nel La­por­te, »ich bin alt, habe das Reis­sen, mei­ne Bei­ne sind steif wie zwei Tür­pfos­ten, aber wenn eine Frau, eine hüb­sche Frau na­tür­lich, mir be­föh­le, durch ein Na­delöhr zu schlüp­fen, ich wür­de sprin­gen, glau­be ich, wie ein Clown im Cir­kus. So wird es bis zu mei­nem Tode sein, das liegt mir ’mal im Blu­te. Ich bin ein al­ter Wei­ber­freund, aber noch ei­ner aus der al­ten Schu­le. Der An­blick ei­ner Frau, ei­ner hüb­schen na­tür­lich, geht mir bis in die Fuss­s­pit­zen. Das ist ’mal so. Üb­ri­gens, mei­ne Her­ren, sind wir hier in Frank­reich uns alle dar­in et­was ähn­lich. Wir sind alle Rit­ter; die Rit­ter der Lie­be und des Glücks, da man den Herr­gott, des­sen ei­gent­li­che Leib­gar­de wir wa­ren, ab­ge­setzt hat.

      Aber die Frau! ja se­hen Sie, die Frau kann man uns nicht aus dem Her­zen reis­sen. Sie wohnt dar­in und da bleibt sie auch. Wir lie­ben sie, wer­den sie wei­ter lie­ben und jede Dumm­heit für sie be­ge­hen, so lan­ge es noch ein Frank­reich auf der Kar­te Eu­ro­pas gibt. Und wenn man auch Frank­reich ver­nich­tet, so wird es doch im­mer noch Fran­zö­sin­nen ge­ben.

      Wenn ich vor ei­ner Frau, ei­ner hüb­schen na­tür­lich, ste­he, dann bin ich zu al­lem fä­hig. Der Tau­send auch! Wenn ich füh­le, wie ihr Blick mich durch­dringt, die­ser Sap­per­ments-Blick, der ei­nem Feu­er in die Adern giesst, dann kann ich mir nicht mehr hel­fen, dann muss ich ir­gen­det­was tun, mich mit Je­man­dem schla­gen, Streit an­fan­gen, Ti­sche und Stüh­le zer­bre­chen, kurz, ich muss zei­gen, dass ich der Stärks­te, Tap­fers­te, Kühns­te und Hin­ge­bends­te von Al­len bin.

      Aber ich bin es doch nicht al­lein, wahr­haf­tig nicht, die gan­ze fran­zö­si­sche Ar­mee denkt wie ich, dar­auf schwö­re ich. Es geht uns Al­len so, so­lan­ge wir le­ben, vom jüngs­ten Lieu­ten­ant bis zum Ge­ne­ral, wenn es sich um eine Frau, eine hüb­sche na­tür­lich, han­delt. Denkt nur dran, wo­hin uns einst Jean­ne d’Arc ge­bracht hat. Glaubt nur, ich wet­te dar­auf, dass, wenn in der Schlacht bei Se­dan, nach­dem Mac-Ma­hon ver­wun­det war, uns eine Frau, na­tür­lich eine hüb­sche, ge­führt hät­te, wir si­cher­lich die preus­si­schen Li­ni­en durch­bro­chen und, der Teu­fel soll mich ho­len! un­se­ren Schnaps aus ih­ren Ka­no­nen ge­trun­ken hät­ten.

      Wir hät­ten in Pa­ris kei­nen Tro­chu, son­dern eine hei­li­ge Ge­no­ve­va ge­braucht.

      Da fällt mir ge­ra­de eine klei­ne Ge­schich­te aus dem Feld­zu­ge ein, die deut­lich be­weist, dass ei­ner Frau zu Lie­be wir zu al­lem fä­hig sind.

      Ich war da­mals noch Ka­pi­tän, ein­fa­cher Ka­pi­tän, und führ­te ein De­ta­che­ment auf dem Rück­zu­ge vor den Preus­sen, die das gan­ze Land über­schwemmt hat­ten. Wir wa­ren ein­ge­schlos­sen, de­ci­miert, ab­stra­pa­ziert und stumpf ge­wor­den; da­bei star­ben wir vor Hun­ger und Mü­dig­keit.

      Auf je­den Fall muss­ten wir vor An­bruch des an­de­ren Ta­ges Bar-sur-Tain ge­win­nen, wenn wir nicht voll­stän­dig ab­ge­schnit­ten und auf­ge­rie­ben wer­den woll­ten. Wie wir noch da­hin ge­lan­gen soll­ten, wuss­te ich wahr­haf­tig nicht mehr. Wir hat­ten we­nigs­tens noch zwölf Mei­len in der Nacht zu mar­schie­ren, zwölf Mei­len durch den Schnee und un­ter dem hef­tigs­ten Schnee­fall und stür­men­dem Win­de. »Es geht zu Ende«; dach­te ich bei mir, »die ar­men Teu­fel wer­den nie­mals hin­kom­men.«

      Seit dem gest­ri­gen Tage hat­ten wir nichts mehr ge­ges­sen. Den gan­zen Tag blie­ben wir in ei­ner Scheu­ne ver­steckt, dicht an­ein­an­der­ge­drängt, um die Käl­te we­ni­ger zu ver­spü­ren, sprach­los und un­fä­hig, uns zu be­we­gen, schläf­rig vor Hun­ger und Er­mat­tung, wie man schläft, wenn einen die An­stren­gung über­wäl­tigt.

      Ge­gen 5 Uhr wur­de es Nacht, eine blei­che Schne­e­nacht. Ich weck­te mei­ne Leu­te. Vie­le woll­ten, un­fä­hig sich zu be­we­gen oder sich auf den Bei­nen zu hal­ten, vor Käl­te und Er­mat­tung stumpf ge­wor­den, nicht mehr auf­ste­hen. Vor uns lag die Ebe­ne wie ein großes Lei­chen­tuch, auf dem der Schnee nie­der­fiel. Das schnei­te und schnei­te wie ein Vor­hang, die­se wei­ßen Flo­cken, die al­les in einen ei­si­gen Man­tel hüll­ten, des­sen Berüh­rung das Blut in den Adern ge­frie­ren ließ und al­les Le­ben er­star­ren mach­te. Das Ende der Welt schi­en da zu sein.

      »Vor­wärts Marsch! mei­ne Kin­der!«

      Sie sa­hen sich das al­les an, die wei­ße Mas­se, die vom Him­mel fiel, als wenn sie sa­gen woll­ten: »Es ist ge­nug; lie­ber gleich hier ster­ben.« Ich zog mei­nen Re­vol­ver:

      »Den ers­ten, der zu­rück­bleibt, schies­se ich nie­der.«

      Und nun setz­ten sie sich lang­sam in Marsch, wie Leu­te, de­nen die Glie­der nicht mehr ge­hor­chen.

      Ich schick­te vier Mann zur Auf­klä­rung un­ge­fähr drei­hun­dert Me­ter vor­aus; dann folg­te der Rest in ei­nem re­gel­lo­sen Hau­fen, je nach­dem die Mü­dig­keit ihre Schrit­te ver­kürz­te. Ich nahm die Zu­ver­läs­si­ge­ren an die Queue, mit dem Be­fehl, die Zö­gern­den durch Ba­jo­nett-Stös­se … in den Rücken … vor­wärts zu trei­ben.

      Es war als ob wir alle le­ben­dig im Schnee be­gra­ben wer­den soll­ten; er schmolz nicht, son­dern blieb auf Käp­pis und Män­teln haf­ten, so­dass wir einen ge­spens­ti­gen Ein­druck mach­ten und wie die Geis­ter ge­fal­le­ner Sol­da­ten aus­sa­hen.

      »Nie­mals«, sag­te ich mir, »kom­men wir hier durch; es müss­te denn ein Wun­der ge­sche­hen.«

      Öf­ters muss­te ich hal­ten las­sen, um den ganz Er­schöpf­ten ei­ni­ge Mi­nu­ten der Ruhe zu ge­wäh­ren. Dann hör­te man nichts, als dies un­be­stimm­te Geräusch des fal­len­den Schnees, und man glaub­te deut­lich wahr­zu­neh­men, wie die ein­zel­nen Flo­cken mit der den Bo­den schon be­de­cken­den Mas­se zu­sam­men­fro­ren.

      Ei­ni­ge Leu­te such­ten den Schnee ab­zu­schüt­teln; die Meis­ten aber rühr­ten sich nicht.

      Dann be­fahl ich den Wei­ter­marsch. Die Ge­weh­re wur­den ge­schul­tert und mit schlaf­fer Hal­tung schlepp­ten mei­ne Bra­ven sich wei­ter.

      Plötz­lich duck­ten mei­ne Eclai­reurs sich nie­der; ir­gen­det­was schi­en sie zu be­un­ru­hi­gen. Sie mel­de­ten zu­rück, dass vor ih­nen Stim­men laut wür­den, und ich sand­te einen Ser­geant mit sechs Mann zur Un­ter­stüt­zung.

      Nach­dem ich eine Zeit lang ge­war­tet hat­te, tön­te der schar­fe Schrei ei­ner weib­li­chen Stim­me durch die stil­le Nacht СКАЧАТЬ