Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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СКАЧАТЬ Lie­be und Ver­trau­en schen­ken kön­ne.

      Das al­les klang so na­tür­lich, so lieb­lich ge­ra­de­zu aus ih­rem Mun­de. Mir wur­de or­dent­lich warm ums Herz. Sie war noch sehr jung, zwan­zig Jah­re viel­leicht. Ich mach­te ihr ei­ni­ge höf­li­che Re­dens­ar­ten, die sie gern an­zu­neh­men schi­en. Dann schlug ich ihr nach Ver­lauf ei­ner Stun­de vor, sie in ei­nem Wa­gen nach Hau­se zu brin­gen, wor­auf sie dank­bar ein­ging. Im Fia­ker sas­sen wir so dicht ne­ben ein­an­der, Schul­ter an Schul­ter, dass ich ihre Kör­per­wär­me durch mei­ne Klei­der hin­durch fühl­te; die sinn­ver­wir­rends­te Emp­fin­dung üb­ri­gens, die ich ken­ne.

      Als der Wa­gen vor ih­rem Hau­se hielt, sag­te sie mit schwa­cher Stim­me:

      »Ich kom­me al­lei­ne nicht die Trep­pe her­auf, denn ich woh­ne im vier­ten Stock. Sie wa­ren schon so gut; wol­len Sie mich noch bis an mei­ne Tür füh­ren?«

      Wer war dazu be­rei­ter wie ich? Sie ging lang­sam, fast bei je­dem Schritt schwer auf­at­mend. Dann sag­te sie, als wir vor ih­rer Tür an­ge­langt wa­ren:

      »Tre­ten Sie doch einen Au­gen­blick ein, da­mit ich Ih­nen dan­ken kann.«

      Und mei­ner Seel! ich zö­ger­te nicht lan­ge.

      Ihre Ein­rich­tung war be­schei­den, so­gar ein we­nig ärm­lich, aber sau­ber und ge­schmack­voll.

      Wir setz­ten uns ne­ben­ein­an­der aufs So­pha, und sie sprach aufs Neue von ih­rem ein­sa­men trost­lo­sen Le­ben.

      Sie schell­te ih­rem Mäd­chen, um mir et­was zu trin­ken zu be­stel­len; aber es kam nie­mand. Mir war das sehr an­ge­nehm, denn ich sag­te mir, dass die­ses Mäd­chen sie nur des Mor­gens be­dien­te: was man so eine Zu­ge­he­rin nennt.

      Sie hat­te ih­ren Hut ab­ge­nom­men und sah wirk­lich al­ler­liebst aus, als sie jetzt ih­ren Blick auf mich rich­te­te. Die­se Au­gen sa­hen mich so scharf, so durch­drin­gend an, dass ich der Ver­su­chung, die ich plötz­lich emp­fand, nach­gab und sie mit bei­den Ar­men um­fing, wäh­rend ich Kuss um Kuss auf ihre jetzt ge­schlos­se­nen Au­gen­li­der drück­te. Ich konn­te mich gar­nicht satt küs­sen, so hat­te der Blick mich be­zau­bert.

      Sie wehr­te sich nach Kräf­ten und such­te mich zu­rück­zu­stos­sen, in­dem sie fort­wäh­rend rief:

      »Hö­ren Sie auf … ma­chen Sie ein Ende … ma­chen Sie doch ein Ende.«

      Was woll­te sie da­mit sa­gen? In ähn­li­chen Fäl­len we­nigs­tens kann das Wort »ein Ende ma­chen« einen dop­pel­ten Sinn ha­ben. Um sie zum Schwei­gen zu brin­gen, drück­te ich jetzt mei­ne Küs­se auf ih­ren Mund, und gab so ih­rem Rufe die Deu­tung, die mir an­ge­neh­mer war. Sie sträub­te sich nicht gar zu sehr, und als wir uns nach die­ser son­der­ba­ren Art, das An­den­ken des in Ton­kin ge­fal­le­nen Ka­pi­täns zu eh­ren, wie­der an­sa­hen, sprach aus ih­ren Au­gen eine hin­ster­ben­de, wi­der­stands­lo­se Zärt­lich­keit, wel­che mei­ne Be­sorg­nis­se zer­streu­te.

      Dann wur­de ich wie­der ganz Welt­mann, spiel­te den Lie­bens­wür­di­gen und Un­ter­hal­ten­den. Und nach ei­ner wei­te­ren Stun­de der an­ge­nehms­ten Plau­de­rei er­laub­te ich mir zu fra­gen:

      »Wo spei­sen Sie?«

      »Na­he­bei, in ei­nem klei­nen Re­stau­rant.«

      »Ganz al­lei­ne?«

      »Na­tür­lich.«

      »Wol­len Sie nicht mit mir zu­sam­men spei­sen?«

      »Wo denn?«

      »In ei­nem gu­ten Bou­le­vard-Re­stau­rant.«

      Sie zö­ger­te noch et­was, aber ich gab nicht nach. Sch­liess­lich wil­lig­te sie ein, in­dem sie sich gleich­sam vor sich selbst ent­schul­dig­te:

      »Ich lang­wei­le mich sehr … ach so sehr! -- Je­den­falls muss ich aber eine hel­le­re Toi­let­te an­le­gen«, füg­te sie dann hin­zu.

      Und sie ging in ihr Schlaf­zim­mer.

      Als sie wie­der her­austrat, war sie in Halb­trau­er, rei­zend, zart und schlank; sie trug eine graue, sehr ein­fa­che Toi­let­te. Je­den­falls stand ihr die­se Ge­sell­schafts-Toi­let­te min­des­tens so gut, wie vor­her das Trau­er-Ko­stüm.

      Das Di­ner ver­lief sehr lus­tig. Sie trank Cham­pa­gner, wur­de im­mer auf­ge­räum­ter und zu­tun­li­cher, und schliess­lich kehr­te ich mit ihr wie­der in ihre Woh­nung zu­rück.

      Die­ses an den Grab­stät­ten ent­stan­de­ne Ver­hält­nis dau­er­te un­ge­fähr drei Wo­chen. Aber man wird schliess­lich al­les leid, auch die Frau­en. Ich trenn­te mich von ihr un­ter dem Vor­wan­de ei­ner un­auf­schieb­ba­ren Rei­se. Bei mei­nem Ab­schied be­wies ich mich so groß­mü­tig, dass sie des Dan­kes kein Ende fand. Ich muss­te ihr ver­spre­chen, ja schwö­ren, dass ich nach mei­ner Rück­kehr wie­der zu ihr kom­men wür­de; sie schi­en in der Tat et­was in mich ver­liebt zu sein.

      Ich un­ter­hielt mich mit an­de­ren Ver­hält­nis­sen und es ver­ging un­ge­fähr ein Mo­nat, ohne dass ich dar­an dach­te, die­se klei­ne Grä­ber-Lieb­schaft wie­der zu er­neu­ern. Ver­ges­sen hat­te ich sie al­ler­dings noch nich … Die Erin­ne­rung an sie ver­folg­te mich wie ein Ge­heim­nis, wie ein psy­cho­lo­gi­sches Rät­sel, wie eine je­ner un­lös­ba­ren Fra­gen, die wir uns un­aus­ge­setzt zu ent­wir­ren quä­len.

      Ei­nes Ta­ges hat­te ich das leb­haf­te Ge­fühl, ich weiß selbst nicht warum, dass ich sie auf dem Fried­hof Mont­mar­tre wie­der­fin­den wür­de, und ich be­gab mich kurz ent­schlos­sen dort­hin.

      Lang­sam spa­zier­te ich dort her­um, ohne je­mand an­de­res an­zu­tref­fen, als die ge­wöhn­li­chen Be­su­cher die­ser Stät­te, Leu­te, die noch nicht alle Be­zie­hun­gen zu ih­ren To­ten ab­ge­bro­chen ha­ben. Auf dem Gra­be des in Ton­kin ge­fal­le­nen Ka­pi­täns war we­der eine trau­ern­de Dame zu ent­de­cken, noch auch Blu­men oder ein Kranz.

      Aber als ich mich ge­ra­de in ein an­de­res Vier­tel die­ser großen To­ten­stadt be­ge­ben woll­te, be­merk­te ich plötz­lich am Ende ei­ner schma­len von Kreu­zen ein­ge­fass­ten Gas­se ein Paar, Herr und Dame, in tiefer Trau­er auf mich zu­kom­men. Wer be­schreibt mein Er­stau­nen, als ich die sich Nä­hern­den er­kann­te? Sie war es!

      Als sie mich be­merk­te, wur­de sie feu­er­rot, und als ich sie im Vor­bei­ge­hen streif­te, mach­te sie mir ein klei­nes Zei­chen, ein Zwin­kern mit dem Auge, als ob sie sa­gen woll­te: »Tue nicht, als ob Du mich kenn­test!« aber auch zu­gleich: »Komm bald wie­der mal zu mir, mein Schatz!«

      Der Herr sah an­stän­dig vor­nehm und ele­gant aus; er trug das Band der Ehren­le­gi­on im Knopf­loch und СКАЧАТЬ