Der Schreiberling. Patrick J. Grieser
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Название: Der Schreiberling

Автор: Patrick J. Grieser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Primus

isbn: 9783947816040

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СКАЧАТЬ antwortete Jeremy Slater und blickte wieder in sein Whiskeyglas, um zu zeigen, dass die Sache für ihn erledigt war.

      »Schade, sehr schade!« Der Cowboy fasste zum Abschied an seine Hutkrempe, kehrte Slater den Rücken zu und trat durch die hölzerne Schwingtür ins Freie. Es war bereits dunkel geworden; überall brannten Öllampen oder Laternen in den Fenstern. Bei Nacht wirkte die Stadt mit ihren Arkaden richtig heimelig. Der Cowboy begann »Jezebel« von Frankie Laine zu pfeifen, während er zu der Haltestange ging, an der er sein Pferd angebunden hatte. Kurz überlegte er, ob er einem der schäbigen Varietés einen Besuch abstatten sollte, doch die Müdigkeit von dem harten Ritt steckte ihm schwer in den Knochen. Er sehnte sich nur noch nach einer Matratze. Außerdem hatte er Angst, dass er seine letzten Dollars einem der Tingeltangel-Girls zustecken würde. Seine Geldreserven waren fast aufgebraucht.

      »Einen Moment, Mister!«, erklang es hinter dem Cowboy, als er gerade dabei war, sein Pferd loszubinden. Langsam drehte er sich um. Hinter dem Handlauf des Gehsteiges stand ein Mann mit einem langen Schnurrbart. Sofort stach ihm der silberne Stern ins Auge, der die staubige Weste des Mannes zierte. Dies ist also der Deputy-Sheriff von Cheops!, dachte der Cowboy und erwiderte den Blick des anderen.

      Der Deputy-Sheriff fuhr sich mit der Hand über die Enden seines Schnurbartes, die spitz nach oben standen, um diese zu zwirbeln. Es war wohl eine alte Angewohnheit, die so in Fleisch und Blut übergegangen war, dass es fast unmöglich war, sie sich wieder abzugewöhnen.

      »Wer bist du?«, wollte der Deputy-Sheriff wissen.

      »Ein Besucher dieser Stadt!«

      »Und was willst du hier?«

      »Ehrlich gesagt, will ich nur noch ein weiches Bett und schlafen. Ich habe einen harten und weiten Ritt hinter mir«, antwortete der Cowboy grinsend.

      »Du kommst erst einmal mit in mein Office!«

      »Und, was will ich da?«

      »Ich werde nachschauen, ob deine Visage sich nicht auf einem Steckbrief wiederfindet. In meiner Stadt haben Satteltramps nichts verloren, verstanden?«

      »Und wenn ich mich weigere? Ich bin ein Reisender und außer Alkohol und geilen Weibern habe ich keine Laster!«

      »Du weigerst dich?«, zischte der Ordnungshüter böse, und seine Hand fuhr über den Griff seines Colts, der in einem Lederhalfter an seinem Gürtel hing.

      »Sheridan, lass den Fremden in Ruhe!«, ertönte es auf einmal hinter dem Deputy-Sheriff. Es war Jeremy Slaters Stimme, der gerade aus dem Saloon getreten war.

      »Misch dich nicht in Angelegenheiten ein, die dich nichts angehen, Slater!«, erwiderte der Deputy-Sheriff trotzig.

      »Und ich sage es dir noch einmal: Lass den Mann in Ruhe! Sonst …«

      »Sonst was?«

      Jeremy Slater machte einen Schritt auf den Deputy-Sheriff zu. Er überragte diesen um mindestens einen Kopf. In der Dunkelheit ließ sich Slaters kantiges Gesicht nur erahnen, trotzdem spürte man Bedrohung und mitleidlose Härte, die von ihm ausgingen. Instinktiv wich der Deputy-Sheriff einen Schritt zurück. Er glich in diesem Moment einer verängstigten Bergkatze, die vor einem mächtigen Löwen zurückweicht. Dann spürte der Cowboy, wie Slater den Blick auf ihn richtete. Die Konturen des mächtigen Mannes waren nun vom Licht des Saloons, das nach draußen fiel, klar umrissen.

      »Das hier ist Sheridan Webster, der sich für den Ordnungshüter dieser Stadt hält«, begann Slater mit knirschender Stimme – eine Stimme, die zu seiner rauen Gestalt wie die Faust aufs Auge passte. »Er ist Desmond Picketts Knecht, der Sklave eines verabscheuungswürdigen Kerls, der meint, mit Angst und Schrecken könne man alles kaufen. Solange Webster macht, was Pickett will, darf er diesen Stern tragen.«

      Sheridan Webster, der Deputy-Sheriff, blieb still. Trotz der Geräusche, die aus dem Saloon drangen, lag so etwas wie eine angespannte Stille über dem Gehsteig. Eine unsichtbare Glasglocke, die alle Geräusche von draußen dämpfte. »Pass auf, Sheridan! Irgendwann wirst du für diese Banditen nichts mehr wert sein und dann werden sie dich zum Teufel jagen!«

      »Wir werden sehen, wer zum Teufel gejagt wird, Slater!« antwortete der Deputy-Sheriff, doch in seiner Stimme klang ein unsicherer Ton mit. Deshalb zog er seinen Hut tief ins Gesicht und würdigte die beiden Männer keines Blickes mehr. Es war ihm sichtlich unangenehm, dass seine innere Unruhe in seiner Stimme mitgeschwungen war. Wie ein Schemen verschwand er in den dunklen Gassen von Cheops.

      »So ein Arschloch!«, murmelte der Cowboy und spuckte auf den Boden.

      Slater bückte seine massige Gestalt unter den Handlauf des hölzernen Laufstegs und trat dem Cowboy direkt gegenüber. Und diesmal streckte er ihm die Hand entgegen. »Mein Name ist Jeremy Slater, aber das weißt du bestimmt schon – sonst hättest du nicht nach einem Job gefragt!«

      Der Cowboy ergriff die Hand und musste sich sichtlich anstrengen, vor lauter Schmerz keine Grimasse zu schneiden. Der Händedruck seines Gegenübers war so stark, dass er das Gefühl hatte, Slater würde ihm alle Knochen brechen.

      »Mein Name ist …«, er stockte für einen Moment, denn seinen alten Namen hatte er schon lange abgelegt. »Ich bin Rainer.«

      »Du siehst aus, als hättest du einen langen Ritt hinter dir! Es sind noch ein paar Meilen bis zur Blue-Lodge-Ranch, aber wenn du die Zähne zusammenbeißt, dann kannst du in einem warmen Bett bei mir auf der Ranch schlafen und eine heiße Bohnensuppe am Lagerfeuer genießen!«

      Slater mochte zwar ein hartes Äußeres haben, das in der Vergangenheit schon viele Prüfungen zu überstehen hatte und ihn zu dem gemacht hatte, was er jetzt war, aber in seinem Inneren gab es etwas Gutes, Reines, das Ungerechtigkeiten verabscheute und zu bekämpfen versuchte, wo immer es auftrat. Ihm war sofort klar, dass der Fremde nach dem Verlassen des Saloons Webster in die Arme laufen würde und danach verhaftet, ausgeraubt und womöglich auf Desmond Picketts Ranch verschleppt werden würde.

      »Das weiß ich sehr zu schätzen, Sir!«, sagte der Cowboy und klopfte dem Rancher anerkennend auf die Schulter, wobei er das Gefühl hatte, dass er gegen ein Stück Stahl schlug. An dem muskulösen Mann war kein Gramm Fett zu viel.

      »Gut, dann lass uns losreiten!«

      Die Sonne brannte unbarmherzig auf die Prärie nieder, sodass sich feine Schweißperlen auf der Glatze des Reiters bildeten. Eine seltene Erbkrankheit hatte dazu geführt, dass kein einziges Härchen auf seinem Kopf gewachsen war. In der Schule hatte man Desmond Pickett deshalb gehänselt und Skull-Boy genannt; die Mädchen in seiner Klasse kicherten stets, wenn sie ihn sahen. Dieser Spott hatte ihn geschliffen wie einen rohen Diamanten, machte ihn zu dem, was er heute war: zu einem der mächtigsten und gefürchtetsten Männer in ganz Kansas!

      Er stieg von seinem Pferd und musterte die Männer, die vor ihm auf den Knien im Staub lagen und deren Hände hinter dem Rücken gefesselt waren. Sie schwitzten wie die Tiere. Pickett musterte sie kalt. Seine stumpfen ausdruckslosen Augen wirkten in der Mittagssonne fast farblos. Es war, als blickte man in ein Wesen, das keine Seele besaß. Die perfekte Imitation eines Menschen, dessen Bewegungen wie bei einer Marionette von unsichtbaren Fäden eines Puppenspielers gesteuert wurden.

      Pickett zog ein blau-weiß kariertes Tuch aus seiner Tasche und tupfte sich damit seinen glänzenden Schädel ab. »Wen haben wir denn hier, Gary?« Seine Stimme klang weich und sanft wie bei einem Knaben, der noch nicht in den Stimmbruch gekommen ist. Dabei wirkte die Stimme so fremdartig, dass den knienden Männern ein Schauer über den СКАЧАТЬ