Название: Das Licht ist hier viel heller
Автор: Mareike Fallwickl
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783627022747
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Es stinkt ihm, dass der Grund für seine Attacke nirgends genannt wird, weil niemand ihn kennt. Alle denken das Offensichtliche, dass die Eifersucht ihn dazu gebracht hat, sich so zu verhalten. Dabei war es in Wahrheit eine ganz andere Art von Liebe. Diese Banausen, wie konnten sie seine Bücher verkaufen? Sein Puls schnellt erneut hoch, wenn er nur daran denkt. Wie kommt dieses Schweizer Arschloch dazu, sich an fremdem Eigentum zu vergreifen? Hat Patrizia Reto dazu angestachelt? Der kann ja nicht wissen, wie viel die Bücher Wenger bedeuten.
Voll geil, wie er dem Müsliheini die Fresse poliert, kommentiert SpeckHans11. Dem rinnt das Blut runter, das ist aber nicht vegan haha!
Ich hab dem seine Bücher mal echt gern gelesen!!!, schreibt SuzyWuzy37 unter einen der Artikel. Aber jetzt ist er ja wohl am Tiefpunkt!!!1!!
Zum Schreiben taugen seine Hände eh nicht mehr, lästert ElliK.
Wenger klappt den Laptop zu.
Ob er Patrizia anrufen soll? Er könnte sich entschuldigen. Die Wogen glätten. Es gab eine Zeit, da ging das gut. Da ließ sie sich besänftigen von seiner Stimme, von seinem Streicheln, seinem Versichern und Beschwören. Da war alles zwischen ihnen wie flüssiger Honig.
»Glaub mir doch, ich hatte nix mit der«, hat er dann gesagt, »warum sollt ich? Komm schon, Patzerl. Hast du dir die mal angeschaut? Ich steig doch nicht in die U-Bahn, wenn ich daheim in der Garage einen Lamborghini hab.«
Und dann ihr Blick. Wenn der so von unten kam, aus den tränenverhangenen Wimpern, wusste Wenger, die hab ich wieder rumgekriegt, die schmollt nur mehr wegen der Show. Ein, zwei geschickt platzierte Komplimente noch, und sie schnurrt wie ein kleiner Vibrator.
»Und wieso warst du dann in Frankfurt essen mit ihr?«
»Baby, wichtige Besprechung fürs Verlagsmarketing. Ich mein, essen muss der Mensch, oder? Und es waren ja noch andere Leute dabei, der Seb, die Judith, der Atzwanger, kennst sie eh. Die Fotografen haben nur zufällig in dem Moment abgedrückt, als der Seb schon weg war und der Atzi auf dem Klo.«
»Lügst du mich nicht an?«
»Würd ich doch nie. Mit den anderen red ich und ess ich, aber dich, dich lieb ich.«
Und das floss ihm über die Lippen wie geschmolzene Butter. Ein kleines Lächeln zuckte in ihren Mundwinkeln, gegen das sie ankämpfte, allerdings nur noch halbherzig. Wie im Bett, wenn sie sich wand unter ihm, als wollte sie sich entziehen, obwohl sie sich doch eigentlich nur nach seinen Berührungen sehnte.
»Zu dir komm ich nachhaus«, flüsterte er in ihr Ohr und streifte ihre Wange mit den Lippen, da spürte er, wie ihr Körper nachgab. Wie die Spannung wich und alles weich wurde, die Muskeln, der Widerstand, das Herz, auch wenn sie es nicht zugeben wollte. Ihr Körper konnte ihm nichts vormachen, der strebte bereits zum Wenger hin.
»Und bleibst du diesmal?«, fragte sie mit einer Stimme, die noch weinerlich klang, aber mit einem Hauch Versöhnlichkeit, und Wenger kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie ihm nicht mehr böse war. Dass sie lieber ihm glaubte als den Gazetten. Er sagte nichts von der Lesung in Hamburg die Woche drauf und auch nichts vom Recherchestipendium für Indien im Mai.
Er hob ihr Kinn an, sah ihr in die Augen und küsste sie sanft. Dann drängender. Und dieser Seufzer, der ihr entschlüpfte, sagte ihm eh alles. Er öffnete den Reißverschluss ihres Kleides, ließ die Träger von ihren Schultern gleiten, drückte sie an die Wand. Sie zerrann unter seinen Händen.
Es war so einfach.
Und wer, Herr im Himmel, hätte das nicht ausgenutzt?
Wenger schluckt die Valium-Tabletten mit Wasser und legt sich unter die Decke, die sich kühl anfühlt auf seiner nackten Haut. Jetzt kann er Patrizia sowieso nicht anrufen, sie schläft bestimmt. In Löffelchenstellung mit dem Schweizer. Das ist so einer, der erträgt das die ganze Nacht. Dem wird nie der Arm taub, auf dem Patrizias Kopf liegt, der fängt nie an zu schwitzen so Körper an Körper, der will sich nie umdrehen und seine Ruhe haben.
Wenger hat die Jalousien nicht ordentlich geschlossen, schmale Streifen Straßenlaternenlicht fallen herein. Irgendwo bellt ein Hund. Er hasst die neue Wohnung. Er hasst Hallein, diese Kleinstadt mit ihren mittelalterlich engen Gassen, in denen die Leute früher ihre Scheiße einfach aus dem Fenster gekippt haben. Das machen sie eh immer noch, nur halt verbal. Und das Fenster ist das Internet. Er will nicht hier sein, aber wo er stattdessen sein will, kann er auch nicht sagen. Es wäre nur schön, wenn jemand neben ihm läge.
Als er aufwacht, prüft er als Erstes, ob er eine Morgenlatte hat. Hat er nicht. Sein Handy klingelt in der Hose, die er in der Nacht zu Boden hat fallen lassen. Wenger dreht sich stöhnend auf die andere Seite. Dass die Matratze billig war, macht sich bemerkbar, seine Schultern sind verkrampft und schmerzen. Er wollte nicht viel Geld ausgeben für das Bett, wozu auch, er würde es ja doch nur wegschmeißen, sobald er wieder zuhause eingezogen wäre, also hat er ein günstiges schmuckloses Metallgestell gewählt, das auch noch quietscht, wenn er sich schlaflos hin und her wälzt. Eine Hässlichkeit von einem Bett, aber es bekommt ohnehin niemand zu sehen.
Wenger tastet nach dem Wasserglas, öffnet halb die verklebten Augen, trinkt und fällt zurück ins Kissen. Er sollte die Bettwäsche wechseln, das hat er nicht gemacht, seit er hier eingezogen ist. Immerhin klebt kein Sperma drauf. Nicht wie bei Spin, als er dreizehn wurde und Patrizia nichts Besseres eingefallen war, als ihm schwarze Bettwäsche mit Totenköpfen zu kaufen. Sie wollte ihm demonstrieren, dass sie wusste, was cool war. Aber schwarze Bettwäsche für einen Dreizehnjährigen! Barbara hat nie etwas gesagt. Barbara hat alle Sachen gewaschen, gebügelt, gefaltet und zurück in die Schränke gelegt, für Wenger, Patrizia, Zoey und Spin, und wer weiß, was sie dabei alles gefunden und gesehen hat. In den Jackentaschen, auf den Hemdkragen und den Laken. Vielleicht erklärt sich dadurch das Unbehagen, das er ihr gegenüber stets verspürt. Es fällt ihm schwer, Barbara in die Augen zu schauen.
Wenger steht auf, wankt ins Bad und pisst in die Muschel. Er gähnt sich selbst im Spiegel an und zuckt bei seinem Mundgeruch zusammen. Statt sich die Zähne zu putzen, gurgelt er mit dem Whiskey, der auf der Waschmaschine steht, spuckt ihn ins Becken. Er tastet die Tränensäcke unter seinen Augen ab. Da war mal zarte, von winzigen Falten durchzogene Haut, empfindlich, ja, aber nicht aufgebläht wie kleine Taschen. Er drückt mit dem Zeigefinger drauf, es entsteht eine Mulde, die nun langsam wieder ausbeult. Bläulich ist die Haut, ungesund schaut das aus. Schlimmer ist allerdings der Bluterguss neben dem linken Auge, der schillert, da drückt er lieber nicht drauf. Das war ein guter Schlag vom Fitnessfuzzi, eh klar, das ist eine trainierte Sau, eine Kantn, der hebt Patrizia in die Luft und setzt sie auf seinen Schwanz, im Stehen, ohne sich anzulehnen. Wenger hat das mal in einem Porno gesehen und sich gedacht, dass kein Mann das kann, aber wetten, der Schweizerarsch, der kann das.
Nur sagen darf er halt nichts dabei, es ist nicht sexy, dieses Schwyzerdütsch. »Reit mein Schwänzli«, lachhaft, »ich lutsch an deinem Brüstli«, nein. Vielleicht kann der Grasfresser seine Patrizia hochheben, er hat die Kraft, er hat den Körper, aber wenigstens kann er ihr nichts Anregendes ins Ohr flüstern. Wenigstens hat er die Worte nicht.
Wenger seufzt und zieht die Nase hoch. Scheiß Koks, das hat ihm auch nicht geholfen gestern Abend. Keiner wollte mit ihm reden, alle haben ihn gemieden. Ein paar angedeutete Kopfnicker hat er kassiert, als Zeichen des Wiedererkennens, die meisten sind dem Blickkontakt ausgewichen. Dabei hat er sich extra rasiert und die Haare gewaschen. Gut hat er СКАЧАТЬ