Der Onyxpalast 4: Schicksalszeit. Marie Brennan
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Onyxpalast 4: Schicksalszeit - Marie Brennan страница 19

Название: Der Onyxpalast 4: Schicksalszeit

Автор: Marie Brennan

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Onyxpalast

isbn: 9783966580762

isbn:

СКАЧАТЬ genau die Art von Dingen, die ihre Mutter missbilligte. Wenn sie jetzt nicht umkehrte, würden sicherlich Glücksspiel, Dichtkunst und sexuelle Freizügigkeit folgen.

      Aber sie wollte ihre Freunde nicht verlassen, selbst wenn diese Illusionen ihres kranken Verstands waren. Konnte sie sich nicht ein bisschen Wahnsinn erlauben und darauf vertrauen, dass Gebete und die rigorose Strenge der Wissenschaft den Rest in Schach hielten?

      Augusta Ada King, Gräfin von Lovelace, Tochter des berüchtigten Poeten Lord Byron und seiner Frau, der Mathematikerin Annabella Milbanke, hatte den Verdacht, dass sie die Antwort darauf kannte – und diese nicht in ihrem Sinne war.

      »Bitte, Ada«, beschwor Wrain sie. »Ich habe die Katastrophe gesehen, die Babbages Notizen sind. Ich würde sagen, dass du sie besser verstehst als er selbst. Oder sie zumindest anderen erklären kannst, was er offensichtlich nicht kann. Wir werden das nicht ohne Hilfe schaffen.«

      Es hätte eine härtere Seele gebraucht als die von Ada Lovelace, um bei jenem verzweifelten, hoffnungsvollen Gesichtsausdruck Nein zu sagen. Mit einem Gefühl sowohl von drohendem Unheil als auch Vorfreude sagte sie: »Charles Babbage ist zu unhöflich und zu vernünftig, um euch in dieser Sache je zu helfen. So unzulänglich mein eigener Intellekt auch sein mag, ich werde ihn eurer Sache zuwenden.«

      ISLINGTON, LONDON

       14. März 1884

      Eliza hatte die Tage vor dem Treffen der Londoner Feengesellschaft damit verbracht, sich auszumalen, wie die Dinge wohl laufen würden. Die Leute konnten sich wohl als nichts weiter als ein Haufen gelangweilter Hausfrauen herausstellen, die Sammlungen von Geschichten von Leuten aus dem ländlichen England lasen, mit den Zungen schnalzten und über den Verlust einer bäuerlichen Gesellschaft seufzten, die keine von ihnen je persönlich gekannt hatte. Vielleicht war es eine Gruppe Gelehrter, die jenen Verlust dokumentierten und Theorien erdachten, welcher Mangel an Bildung oder Gehirn Bauern solch lächerliche Dinge glauben ließ. Vielleicht war es die Art von Leuten, die Eliza letzten Herbst in Charing Cross gesehen hatte – die Hand in Hand mit den Feen arbeiteten, um Chaos unter anständigen Leuten zu säen.

      Sie stellte sich vor, wie sie vor ihren schockierten und mitleidsvollen Zuhörern die Geschichte erzählte, wie Owen entführt worden war. Sie stellte sich vor, wie sie den Vorsitzenden der Gesellschaft belagerte, bis er ihr erzählte, wo sie eine Fee finden konnte. Sie stellte sich vor, dort einen Fae selbst zu finden und die Wahrheit aus ihm herauszupressen.

      Sie kam nie dazu, sich vorzustellen, wie sie in die White Lion Street Nr. 9 hineinkommen würde.

      Eliza war nie zuvor in Islington gewesen. Am Nachmittag des zweiten Freitags nahm sie ihren beinahe leeren Karren und machte sich auf, die Aldersgate Street durch Clerkenwell hinaufzugehen. Sie fragte nach dem Weg, während sie marschierte, und wurde schließlich zu einer Gasse hinter einer Kutschenstation in einem geschäftigen Stadtteil dirigiert.

      Das Gebäude bei Nr. 9 stellte sich als Wohnhaus heraus, und auch noch ein respektables. Eliza starrte es entsetzt an. Der Hintergrund ihrer verschiedenen Fantasien war immer vage gewesen – ein Zimmer, Stühle, gesichtslose Leute. Sie hatte angenommen, dass es eine Art öffentliches Gebäude sein würde, wie diejenigen, wo sich Arbeitergruppen manchmal trafen, um Proteste gegen ihre Herren zu planen. Nicht das Haus von irgendjemandem, wo es unmöglich wäre, sich im Hintergrund zu halten.

      »Na sieh mal an – was machst du hier, einfach so rumstehen?«

      Eliza schluckte einen Fluch hinunter, drehte sich um und sah einen Wachtmeister, der sie misstrauisch betrachtete. Ganz plötzlich wurde sie sich ihrer Kleidung bewusst: zwei zerlumpte Röcke, übereinander, um Wärme zu spenden und weil sie keinen Platz hatte, wo sie den zweiten lagern konnte, außer an ihrem Körper. Männerstiefel, ihr Leder eingerissen und schmutzig. Ein Schultertuch, das keine gute Wäsche mehr gesehen hatte, seit es zum letzten Mal geregnet hatte. Ihre Haube war einst von irgendeiner respektablen Dame abgelegt worden, aber das war Jahre her. Die Schleifen, die sie benutzte, um sie festzubinden, passten nicht zueinander, und in der Krempe war ein Loch, das groß genug war, um ihren Daumen durchzustecken.

      Und sie stand schon einige Minuten da und starrte die Front des Hauses an, als würde sie überlegen, wie sie einbrechen konnte.

      Aus dem Augenwinkel erhaschte Eliza einen Blick auf einen bärtigen Gentleman mit einer Melone, der an die Tür von Nr. 9 klopfte. »Möchten Sie ein paar Austern kaufen, Sir?«, fragte sie den Wachtmeister, während ihre Aufmerksamkeit der anderen Straßenseite galt. Ein Hausmädchen öffnete die Tür und ließ den Gentleman hinein.

      »Nein, möchte ich nicht«, sagte der Polizist und rümpfte beim Gestank der alten Austern die Nase. »Verschwinde. Die Art von Leuten, die hier wohnen, braucht solche wie dich hier nicht.«

      Solche wie sie würden auch nie in jenes Haus kommen. Eliza senkte den Kopf, murmelte eine Entschuldigung, schob ihren Karren an dem Kerl vorbei und vermied es sorgfältig, das Haus anzusehen, während sie wegging.

      Er folgte ihr bis zur nahen High Street. Dort schaffte sie es, ihn in der Menge abzuhängen. Eliza drückte ihre Zunge in die Lücke, wo ihr Vater ihr vor Jahren einen Zahn ausgeschlagen hatte, und dachte über ihre Optionen nach.

      Sie hatte nicht viele. Aber sie war auch nicht bereit, aufzugeben. Wenn sie der Versammlung der Londoner Feengesellschaft nicht beiwohnen konnte, dann konnte sie zumindest versuchen zu sehen, wer das tat.

      Sie machte einen halbherzigen Versuch, ihre Austern anzupreisen, und bog links auf die nächste Straße, die sie fand, in der Hoffnung, dass das Gewirr von Islington sie nicht so besiegen würde, wie es das in der Innenstadt manchmal tat. Auf wenigen schmalen Hinterhöfen hatte sie kein Glück, ehe sie eine Gasse fand, die bis zurück auf die White Lion Street führte. Sie sah sich sorgfältig um, bevor sie weiterging, doch sie sah den Polizisten nirgends.

      Eliza hastete über die Pflastersteine, sodass ihr Karren vor ihr holperte. Ihr Gedächtnis diente ihr gut: Das Haus auf der anderen Straßenseite eine Tür weiter von Nr. 9 hatte geschlossene und versperrte Fensterläden, und die Lampe an der Tür brannte nicht. Unbewohnt, oder die Bewohner waren auf Reisen. So oder so, niemand war da, der sich beschweren konnte, wenn sie sich in der Ecke unten an deren Kellertreppe versteckte.

      Sie wartete, bis niemand in der Nähe war, hievte ihren Karren hinunter und versuchte, die übrigen Austern nicht überall zu verschütten oder in der Dunkelheit zu stolpern. Dann warf sie den zerlumpteren ihrer beiden Röcke über die Austern, um den Gestank zu dämpfen, und lugte zwischen den Eisenstäben durch, um zu sehen, was auf der anderen Straßenseite vorging.

      Wie es schien, waren bereits fast alle angekommen, denn sie sah nur eine weitere Person an die Tür klopfen. Diese war eine junge Dame, dachte sie. Es war schwer zu sagen, weil die Frau jeglichen Versuch zur Heimlichtuerei unternahm und sogar ihre Kapuze nach vorn zog und hektische Blicke über die Straße warf. Eliza drückte sich zurück in die Schatten, und als sie wieder hinausschaute, schloss sich gerade die Tür hinter dem mysteriösen Mädchen.

      Dann war es sieben Uhr, und niemand kam mehr. Eliza setzte sich auf die kalte Treppe, um noch länger nachzudenken. Sollte sie hinten ums Haus gehen? Falls es einen Garten gab, konnte sie vielleicht dort hineinklettern, und falls die Versammlung im Erdgeschoss oder ersten Stock wäre … Ihr gesunder Menschenverstand setzte wieder ein. Es war mehr als wahrscheinlich, dass sie erwischt würde, besonders, wenn dieser Polizist in der Nähe war.

      Besser auf den nächsten Monat warten. Es gab einige Leute in Whitechapel, die ihr Gefallen schuldeten oder empfänglich für Flehen um Hilfe waren. Vielleicht СКАЧАТЬ