Geisterkind. Christine Millman
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Название: Geisterkind

Автор: Christine Millman

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783947634934

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СКАЧАТЬ lieber ins Dorf zurückkehren?«, fragte Ban. Obwohl sie sich außer Hörweite der Soldaten befanden, sprach er weiterhin im Flüsterton.

      Inja schüttelte den Kopf, noch immer außerstande zu sprechen. Die schreckliche Ahnung, die seit der Begegnung mit dem Wiedergänger in ihr keimte, nahm plötzlich Gestalt an.

      »Aber wir müssen Mutter und deine Brüder warnen. Sie sollten die Türen verriegeln und in ihren Kammern bleiben.«

      Inja schluckte nervös. Ban hatte recht. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie am Ufer des Murgflusses ausharren sollten, bis die Söldner Krickdorf wieder verließen, notfalls auch die ganze Nacht, doch die Vernunft drängte sie dazu, nach ihren Geschwistern zu sehen. Sollten die Männer in die Schankstube einkehren, würden Aberlin und Veit den Eltern sicher zu Hilfe eilen und Benlin, Benhard und Irmeli wären ganz allein.

      »Du hast Recht. Lass uns zurückgehen«, sagte sie mit dumpfer Stimme.

      Im Dorf erwartete sie Stille. Die Menschen hatten die Türen verriegelt und die Fenster mit Lumpen verhüllt, in der Hoffnung auf Schutz. Doch die Soldaten waren nicht wie der Winter, sie ließen sich nicht durch ein wärmendes Feuer und geschlossene Fensterläden vertreiben.

      Wie Inja befürchtet hatte, waren die Männer in die Schankstube eingekehrt. Ihre Pferde standen vor dem Eingang und blockierten den gesamten Weg. Ein blutjunger Söldner band sie an einem Pfosten fest. Inja hielt inne und betrachtete den Mann. Das Haar trug er offen. Es war fettig und fiel über sein schmales Gesicht wie ein schmutziger brauner Vorhang. Sein Wams und die Beinkleider waren aus Leder und er trug den Waffengurt mit der Stachelkugel an seiner Hüfte. Beim Anblick seiner kräftigen Muskeln und des Langschwertes, das fast bis zum Boden reichte, krampfte sich Injas Magen schmerzhaft zusammen und sie warf Ban einen besorgten Blick zu. Ban hielt einen Finger an die Lippen und zog sie eilig in den Schatten des benachbarten Hauses.

      »Wir müssen zur Hintertür schleichen. Auf keinem Fall darf uns jemand sehen«, wisperte er.

      Inja nickte beklommen. Fast lautlos huschten sie zwischen den Häusern hindurch, bis sie zum Gartentor gelangten. Diesmal wartete Ban nicht, bis sie die Stufen hinaufgestiegen war, zu groß war die Sorge um das Wohl seiner Mutter. Inja hastete die Treppe hinauf. Die Tür war unverschlossen. Benlin saß am Küchentisch und blickte ihr ängstlich entgegen. Irmeli lag in der Wiege und schlief.

      «Wo ist Beni?«, fragte sie.

      »Er ist in die Schankstube gegangen«, erwiderte ihr Bruder geknickt.

      Entsetzt riss Inja die Augen auf. »Was? Wie konntest du das zulassen? Weißt du denn nicht, dass Söldner des Königs im Dorf sind?«

      Benlin senkte den Kopf. »Ich weiß. Er ist einfach fortgerannt, hat gesagt er will Veit holen, um uns zu beschützen.«

      Hastig verriegelte Inja die Tür und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Fast ihre gesamte Familie befand sich in der Schankstube, in Gesellschaft der Söldner. Das war übel. Blieb nur zu hoffen, dass sie sich einigermaßen gesittet verhielten. Wenn sie an die Geschichten dachte, die man sich von der königlichen Söldnergarde erzählte, war das jedoch mehr als unwahrscheinlich. Allerorts verbreiteten die Männer Angst und Schrecken. Mit unbarmherziger Härte schlugen sie Aufstände nieder, trieben überfällige Steuern ein und suchten und töteten flüchtige Halunken. In Kriegszeiten schwächten sie Feinde, noch bevor die Schlacht begann, indem sie die Ernten vernichteten, das Vieh abschlachteten und Dörfer und Weiler niederbrannten. Das alleine wäre nicht besonders beunruhigend, doch solange die Söldnergarde ihre Aufgaben erfüllte, kümmerte sich König Ulrik nicht um das, was sie anrichteten, wenn sie zwischendurch ihr kurzes Leben genossen. Bei diesem Gedanken wurde Inja elend zumute. Die Aussicht, dass ihre Familie unversehrt hieraus hervorgehen würde, war gering. Was würde geschehen, sollten die Männer das Haus niederbrennen? Oder gar das ganze Dorf? Wovon sollten sie dann leben?

      Erschöpft barg Inja den Kopf in den Händen. Mutlosigkeit und Sorge schwemmten über sie hinweg wie eine tödliche Flut.

      »Was ist mit dir?«, fragte Benlin.

      »Es ist nichts, ich bin nur müde«, murmelte sie in ihre Hand.

      »Die Männer werden Beni doch nichts antun, oder?«

      Die Angst in Benlins Stimme veranlasste Inja dazu, den Kopf zu heben und ihren Bruder anzusehen. Er blickte flehend, wie ein verwundetes Tier. Er fürchtete um Benhards Wohl mehr noch als um das seiner Eltern. Sie nahm seine Hand und zwang sich zu einem Lächeln. »Mach dir keine Sorgen. Benhard wird nichts passieren.«

      »Bist du sicher?«

      »Natürlich. Alles wird gut.« Die Worte kamen ihr glatt von den Lippen und sie hoffte, dass sie sich nicht als Lüge herausstellen würden, noch bevor die Nacht vorüber war.

      2

      Krickdorf

      Dunkelheit senkte sich über das Land, ohne dass die Söldner Krickdorf wieder verließen. Inja befürchtete, dass sie in der Schankstube übernachten würden, wodurch sich die Chancen, mit einem blauen Auge davonzukommen, weiter verringerten. Anfänglich war lautes Grölen von unten zu hören gewesen, doch nach und nach war es still geworden. Eine bedrückende Stille, die Inja wünschen ließ, dass die Söldner wieder grölen und singen mögen. Grölen bedeutete, dass sie gute Laune hatten und feierten. Diese unheilvolle Ruhe hingegen ließ sie das Schlimmste befürchten. Leise öffnete sie die Tür einen Spaltbreit und lauschte. Vereinzeltes Gelächter und das Wimmern einer Frau drangen zu ihr hinauf. Das musste ihre Mutter sein. Irgendjemand rückte an einem Stuhl. Tischbeine schabten rhythmisch über den Boden.

      »He Wirt, noch eine Runde«, rief ein Söldner. Ein Klatschen erklang, ähnlich wie die Backpfeifen, die der Vater verabreichte, gefolgt von einem weiteren Wimmern.

      »Hast du eine Tochter, Schankwirt?«, fragte ein Mann mit rauer Stimme. »Dein Weib hat ein pralles Hinterteil, doch ein junges Ding würde mir noch besser gefallen.«

      »Es tut mir leid Herr, ich habe nur Söhne«, erwiderte Injas Vater. Seine Stimme triefte vor Unterwürfigkeit und unterdrückter Angst.

      »Vielleicht sollten wir nachsehen, ob er die Wahrheit sagt«, warf ein anderer ein. »Zwei Weiber sind besser als eins. Wer weiß, am Ende versteckt er einen ganzen Stall voller Töchter im Haus.«

      Erschrocken schloss Inja die Tür. Benlin, der hinter ihr gestanden und ebenfalls gelauscht hatte, sah sie entsetzt an. »Bei allen Göttern, was tun die Männer da unten?«

      Stumm schüttelte Inja den Kopf, Panik schnürte ihre Kehle zu.

      Doch Benlin war nicht dumm. Er verstand. Entschlossen packte er sie am Arm. »Du musst verschwinden. Geh zu Ban. Seine Mutter wird dich verstecken.«

      »Komm mit mir«, bat Inja. »Bitte. Diese Männer sind böse und gefährlich.«

      Benlin schüttelte den Kopf. »Ich kann Benhard nicht alleine dort unten lassen. Hau ab, bevor es zu spät ist.« Er öffnete die Tür und schob sie in den Flur.

      »Gib mir Irmeli«, wisperte Inja.

      Benlin huschte zur Wiege, nahm seine kleine Schwester hinaus und legte sie vorsichtig in Injas Arme. Irmeli greinte leise und Inja wiegte sie schnell, damit sie nicht aufwachte. Von unten drang ein dumpfer Schlag und ein Schrei zu СКАЧАТЬ