Название: H. G. Wells – Gesammelte Werke
Автор: Herbert George Wells
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813628
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Und sowie die Körbe leer waren, ging der Fremde ans Fenster, begann zu arbeiten, ohne sich im geringsten um die Strohhaufen, das erloschene Feuer, die Bücherkiste draußen oder um die Koffer und das andere Gepäck zu kümmern, das inzwischen in sein Schlafzimmer hinaufgeschafft worden war.
Als Mrs. Hall ihm das Mittagessen brachte, war er schon so eifrig damit beschäftigt, kleine Mengen der Flüssigkeit aus den Flaschen in die Probiergläser zu schütten, dass er ihre Gegenwart nicht eher wahrnahm, als bis sie den größten Teil des Strohs weggeschafft und das Servierbrett auf den Tisch gestellt hatte, was sie, angesichts des Zustandes, in dem sich der Fußboden befand, etwas geräuschvoll getan haben mochte. Nun wandte er halbwegs den Kopf, um sich sofort wieder abzuwenden. Aber sie bemerkte, dass er die Brille abgenommen hatte, die neben ihm auf dem Tische lag, und es schien ihr, als ob er außerordentlich tiefe Augenhöhlen hätte. Er setzte das Augenglas wieder auf, wandte sich dann ganz um und blickte ihr ins Gesicht. Sie war eben im Begriff, sich über das Stroh auf den Dielen zu beklagen, als er ihr zuvorkam.
»Ich wünschte, Sie kämen nicht herein, ohne anzuklopfen«, sprach er in jenem Tone großer Gereiztheit, der so charakteristisch für ihn war.
»Ich klopfte an, wahrscheinlich haben Sie – –«
»Das mag sein; bei meinen Untersuchungen – meinen wirklich sehr dringenden und wichtigen Untersuchungen – kann jedoch die leiseste Störung, das Knarren einer Tür – Ich muss Sie bitten – – –«
»Natürlich, mein Herr. In diesem Falle können Sie ja den Schlüssel umdrehen, so oft es ihnen beliebt.«
»Ein ausgezeichneter Gedanke«, meinte der Fremde.
»Aber das Stroh, Herr! Wenn ich mir die Freiheit nehmen dürfte, zu bemerken –«
»Lieber nicht. Wenn das Stroh Sie stört, setzen Sie’s auf die Rechnung.« Und er brummte etwas vor sich hin, was einem Fluche verzweifelt ähnlich klang.
Er sah so seltsam aus, als er so kampfbereit und zornig, eine Flasche in der einen, das Probierglas in der anderen Hand, dastand, dass Mrs. Hall es mit der Angst kriegte. Aber sie war eine entschlossene Frau. »In diesem Falle, mein Herr, würde ich gerne wissen, wie hoch –«
»Ein Schilling – rechnen Sie mir einen Schilling an. Das wird doch genügen?«
»Gut«, entgegnete Mrs. Hall, indem sie das Tischtuch ergriff und über den Tisch breitete. »Wenn Sie damit einverstanden sind, natürlich –«
Er wendete sich ab und nahm, ihr den Rücken kehrend, den Rockkragen aufwärts gestellt, seinen früheren Platz ein.
Den ganzen Nachmittag arbeitete er bei verschlossener Tür und, wie Mrs. Hall bezeugt, meist stillschweigend. Nur einmal vernahm man eine heftige Erschütterung, das Klirren aneinanderstoßender Flaschen, als ob jemand auf den Tisch geschlagen hätte, das Zersplittern eines heftig zu Boden geschmetterten Glases und dann einen schnellen Schritt, der das Zimmer durchmaß. Etwas Außerordentliches befürchtend, ging sie zu seiner Tür und horchte. Zu klopfen nahm sie sich nicht erst die Mühe.
»Ich komme nicht weiter«, raste er. »Ich komme nicht weiter! Dreimalhunderttausend, viermalhunderttausend! Solche Zahlen! Ich bin betrogen! Mein ganzes Leben kann ich damit verbringen! – Geduld! nur Geduld! – Oh, ich Narr!«
Das Klappern von nägelbeschlagenen Schuhen auf den Ziegeln der Schankstube, das jetzt laut wurde, brachte Mrs. Hall sehr zu ihrem Verdruss um die Fortsetzung seines Selbstgesprächs. Als sie zurückkehrte, war es wieder still im Zimmer, mit Ausnahme des leisen Krachens des Stuhles und des gelegentlichen Klirrens einer Flasche. Alles war vorüber; der Fremde hatte seine Arbeit wieder aufgenommen.
Als sie ihm den Tee brachte, sah sie unterhalb des Spiegels in der Zimmerecke Glasscherben und einen nachlässig weggewischten, goldgelben Fleck. Sie machte ihn darauf aufmerksam.
»Schreiben Sie’s auf die Rechnung«, knurrte er sie an. »Um Gottes willen, quälen Sie mich nicht! Wenn ich Schaden anrichte, schreiben Sie’s auf die Rechnung«, und er fuhr mit den Eintragungen in sein Notizbuch fort. – – –
»Ich will dir etwas sagen«, begann Fearenside geheimnisvoll. Es war spät am Nachmittag und die beiden saßen in der kleinen Bierstube von Iping beisammen.
»Nun?«, fragte Teddy Henfrey.
»Der Mensch, von dem du sprichst, den mein Hund gebissen hat – ich sage dir – er ist schwarz! Seine Beine wenigstens. Ich sah durch den Riss in seinen Hosen und in seinen Handschuhen. Du hättest doch auch etwas Rotes zu sehen erwartet, nicht wahr? Fehlgeraten! Alles war schwarz. Schwarz wie mein Hut da.«
»Meiner Treu«, meinte Henfrey, »das ist eine seltsame Geschichte. Aber seine Nase ist doch scharlachrot!«
»Das ist richtig«, erwiderte Fearenside, »ich weiß es und will dir sagen, wie ich es mir erkläre. Der Mensch ist ein Schecke, Teddy, schwarz und weiß gefleckt. Und er schämt sich, es zu zeigen. Er ist eine Art Mischblut; anstatt sich zu vermischen, sind die Farben in Flecken herausgekommen. Ich habe schon von derartigen Fällen gehört. Und bei Pferden ist es das Gewöhnliche, wie jedermann weiß.«
4. Kapitel – Mr. Cuss interviewt den Fremden
Ich habe die Umstände, welche die Ankunft des Fremden in Iping begleiteten, mit besonderer Ausführlichkeit erzählt, damit der Leser den merkwürdigen Eindruck, den er hervorrief, verstehen soll. Aber bis auf zwei eigentümliche Zwischenfälle kann ich über die Umstände seines Aufenthaltes im »Fuhrmann« bis zu dem denkwürdigen Tag des Vereinsfestes rasch hinweggehen. Es gab der Hausordnung wegen zahlreiche Scharmützel mit Mrs. Hall, aber bis СКАЧАТЬ