Название: H. G. Wells – Gesammelte Werke
Автор: Herbert George Wells
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813628
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Ich folgte ihnen bis zu meinem Arbeitszimmer und fand auf meinem Schreibtisch, von dem Briefbeschwerer aus Marienglas2 niedergehalten, noch einen Bogen der Arbeit, die ich an dem Nachmittag, da die Öffnung des ersten Zylinders vor sich gegangen war, liegengelassen hatte.
Eine Zeit lang stand ich da und las in dieser im Stich gelassenen Arbeit. Sie bestand in einer Abhandlung über die wahrscheinliche Übereinstimmung der Entwicklung sittlicher Vorstellungen mit der Entwicklung der Zivilisation; der letzte Satz war der Anfang einer Prophezeiung: »In zweihundert Jahren etwa«, hatte ich geschrieben, »dürfen wir erwarten …« Der Satz brach plötzlich ab. Ich erinnerte mich meiner Unfähigkeit, an jenem Morgen, seit dem kaum ein Monat verstrichen war, meine Gedanken zusammenzuhalten; erinnerte mich, wie ich plötzlich abgebrochen hatte, um mir meinen »Daily Chronicle« von dem Zeitungsjungen zu holen. Ich erinnerte mich, wie ich zur Gartentür hinabging, als der Junge herankam, und wie ich seinen sonderbaren Bericht von den »Männern vom Mars« anhörte.
Ich ging wieder hinab und trat ins Speisezimmer. Dort lagen der Hammelbraten und das Brot, beides nun längst verdorben, und eine umgeworfene Bierflasche, gerade so, wie ich und der Artillerist das alles verlassen hatten. Mein Heim war verödet. Ich begriff nun, wie unsinnig die leise Hoffnung war, die ich so lange gehegt hatte. Und jetzt geschah etwas Seltsames. »Es ist umsonst«, hörte ich eine Stimme sagen. »Das Haus ist verlassen. In den letzten zehn Tagen ist niemand hier gewesen. Du sollst nicht länger hier bleiben und Dich quälen. Niemand ist entkommen als Du.«
Ich fuhr zurück. Hatte ich meine Gedanken laut gesprochen? Ich kehrte mich um und sah, dass die Glastür offenstand. Ich trat einen Schritt vor und blickte hinaus.
Und da standen, erstaunt und erschreckt, so wie ich erstaunt und erschreckt dastand, mein Vetter und meine Frau — meine Frau, bleich und tränenlos. Sie stieß einen schwachen Schrei aus.
»Ich kam«, sagte sie. »Ich wusste es — ich wusste –«
Sie griff mit der Hand nach ihrem Hals und schwankte. Ich trat einen Schritt vor und fing sie in meinen Armen auf.
1 Nebenfluss der Themse im Stadtgebiet von London <<<
2 sehr klares Mineral, das bereits im Alten Rom als Glasersatz genutzt wurde <<<
Schlusswort
Nun, da ich meinen Bericht abschließe, kann ich es nur bedauern, dass ich so wenig befähigt bin, zur Erörterung so vieler strittiger Fragen, die heute noch ungelöst sind, beizutragen. In einer Beziehung werde ich ohne Zweifel Widerspruch hervorrufen. Mein eigentliches Wissensgebiet ist spekulative Philosophie. Meine Kenntnisse in vergleichender Physiologie beschränken sich nur auf ein paar Bücher; aber ich glaube, dass die Vermutungen Carvers in Bezug auf die Ursache des jähen Todes der Marsleute so wahrscheinlich sind, dass sie beinahe den Wert erwiesener Schlussfolgerungen besitzen. Ich habe von ihnen bereits im Lauf meines Berichtes gesprochen.
Das eine wenigstens steht fest, dass in keinem einzigen Körper der Marsleute, die nach dem Krieg untersucht wurden, andere Bakterien gefunden wurden, als diejenigen, deren irdische Herkunft zweifellos war. Die Tatsache, dass sie nicht einen ihrer Toten beerdigten, und die rücksichtslosen Schlächtereien, die sie veranstalteten, deuten gleichfalls darauf hin, dass der Vorgang der Fäulnis ihnen vollständig unbekannt war. Aber so wahrscheinlich sie sind, erwiesene Tatsachen sind diese Annahmen noch nicht.
Ebenso wenig ist die Zusammensetzung des schwarzen Rauches bekannt, dessen sich die Marsleute mit so furchtbarer Wirkung bedienten, und der Erzeuger des Hitzestrahls bleibt ein Rätsel. Die entsetzlichen Unglücksfälle in den Laboratorien von Ealing und South Kensington haben die Chemiker vor genaueren Untersuchungen des Hitzestrahls abgeschreckt. Die Spektralanalyse des schwarzen Pulvers deutet unverkennbar auf das Vorhandensein eines unbekannten Elements mit einer leuchtenden Gruppe dreier Linien in Grün hin; und es ist möglich, dass es sich mit Argon verbindet, um ein Gemenge zu bilden, das auf irgendeinen Bestandteil des Blutes eine unbedingt tödliche Wirkung ausübt. Aber diese unbewiesenen Mutmaßungen werden für den großen Leserkreis, an den dieser Bericht sich wendet, kaum von Interesse sein. Keine jener braunen Schlammmengen, die nach der Zerstörung Sheppertons die Themse hinabtrieben, wurden damals untersucht; und heute werden sie nicht mehr gefunden.
Die Ergebnisse einer anatomischen Prüfung der Marsleute, soweit die herumstreichenden Hunde eine solche Prüfung möglich machten, habe ich bereits mitgeteilt. Aber jedermann ist mit dem wunderbaren und fast unversehrten Exemplar vertraut, welches das naturhistorische Museum in Spiritus aufbewahrt hat, und mit den zahllosen Zeichnungen, die nach ihm angefertigt worden sind. Darüber hinaus aber gehört das Interesse an der Physiologie und dem Körperbau der Marsleute auf ein rein wissenschaftliches Gebiet.
Eine Frage von ernsterem und allgemeinerem Interesse aber ist die Möglichkeit eines zweiten Angriffs der Marsleute. Ich glaube nicht, dass dieser Seite der Frage nur halbwegs genügende Beachtung geschenkt wird. Gegenwärtig befindet sich der Planet Mars in der Konjunktion; aber mit jeder Rückkehr in die Opposition sehe ich für meinen Teil eine Wiederholung des Abenteuers voraus. Auf alle Fälle sollten wir vorbereitet sein. Es scheint mir doch sehr leicht möglich, die Lage des Geschützes, aus dem die Geschosse abgefeuert wurden, genau zu bestimmen, und eine ständige Bewachung dieses Teils des Planeten einzurichten und so die Möglichkeit eines zweiten Angriffs ins Auge zu fassen.
In diesem Fall könnte der Zylinder durch Dynamit oder mittels Artillerie zerstört werden, ehe er genügend abgekühlt wäre, um den Marsleuten das Verlassen des Zylinders zu ermöglichen; oder sie könnten mittels Geschützen sofort СКАЧАТЬ