Название: STARS AND STRIPES (Black Stiletto 3)
Автор: Raymond Benson
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Black Stiletto
isbn: 9783958354470
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Martin und ich sind heute Abend zum Essen verabredet. Daran ist nichts verwerfliches – denn offiziell bin ich nicht die Hausärztin seiner Mutter, auch wenn diese sie kaum noch untersucht. Ich mag Judy, und ich mag Martin. Ich möchte ihm gern näherkommen, aber das wird so lange nicht passieren, bis ich ihm wirklich vertrauen kann.
Ich traf mich mit Martin in einem Restaurant namens Kona Grill in Lincolnshire. Dort werden amerikanisch-asiatische Speisen und Sushi angeboten, und zwischen 17 und 19 Uhr gibt es dort eine prima Happy Hour. Die Appetizers gibt es dann zum halben Preis und man kann sich eine komplette Mahlzeit daraus zusammenstellen. Wir waren schon einmal dort gewesen und es gefiel uns. Zudem liegt es recht günstig, denn ich kann nach der Arbeit im Woodlands hier vorbeischauen, und er kommt auf seinem Weg von seinem Büro in Deerfield nach Buffalo Grove ebenfalls hier vorbei.
Er war bereits da und arbeitete an seiner ersten Margarita. Ich mache mir nichts aus Happy-Hour-Drinks und trinke auch nur selten Alkohol, und wenn, dann einen Wein zu einem guten Essen. Martin, soviel ich weiß, neigt zu einem täglichen Cocktail. Aber ich nörgele nicht an ihm herum. Auf die Art habe ich meinen letzten Freund verloren. Er warf mir vor, ich würde mich wie seine Ärztin und nicht wie seine Partnerin verhalten.
»Gut siehst du aus«, sagte er, nachdem er mich auf die Wange geküsst hatte.
»Danke, doch das sagst du jedes Mal, wenn wir uns sehen«, antwortete ich lachend.
»Aber es stimmt.«
»Martin, ich habe den ganzen Tag gearbeitet. Ich sehe sicher müde aus.«
»Deshalb könntest du einen davon gebrauchen.« Er hob sein Glas. »Macht dich gleich wieder munter.«
»Kaffee macht mich munter. Hast du schon was zu Essen bestellt?«
»Noch nicht.«
Die Bedienung erschien und ich ließ mir ein Wasser bringen. Martin und ich entschieden, uns eine Pizza zu teilen, die sie hier Fladenbrot nannten, und eine California Roll. Das reichte mir vollauf.
»Ich hab gerade nach deiner Mutter gesehen«, erzählte ich ihm.
»Ich war gestern bei ihr, aber da warst du nicht da.«
»Ich weiß.«
»Wie ging es ihr heute?«
»Wie immer. Ich glaube, sie mag mich. Es heitert sie auf, wenn sie mich sieht.«
»Das ist mit jedem Besucher so. Du solltest sehen, wie sie reagiert, wenn sie Gina sieht. Mom blüht dann regelrecht auf. Ich wünschte, Gina könnte öfter bei ihr sein. Mom wird sie nicht wiedererkennen, oder? Wenn Gina über Weihnachten hier ist, sind es vier Monate oder so, seit sie sie zum letzten Mal gesehen hat.«
»Wenn die Bindung zwischen ihnen so stark ist, wie du sagst, wird sie sich erinnern. Das Bild deiner Tochter steht direkt auf ihrer Kommode und deine Mutter kann es sich jeden Tag ansehen.«
»Ich hoffe, du hast recht.«
»Wie läuft‘s auf Arbeit?«
Martin zuckte mit den Achseln. »Ach, unverändert. Es ist nicht das, was ich am besten kann oder was mir am meisten gefallen würde, aber es ist Arbeit. Immer noch besser, als Arbeitslosengeld zu bekommen. Sam war heute da. Der ist schon echt eine Nummer für sich. Hat die ganze Zeit nichts anderes getan, als sich über den Weihnachtsrummel aufzuregen – Weihnachtsmusik, Weihnachtsdekoration, Weihnachtsdies und Weihnachtsdas. Seiner Meinung nach sollte Hanukkah so viel Aufmerksamkeit bekommen.«
»Tut es hier in der Gegend doch, oder nicht? Hier gibt es einen sehr großen Anteil von Juden.«
»Ich weiß. Er ist einfach komisch.«
»Mein Großvater war Jude.«
»Wirklich?«
»Ja. Aber meine Großmutter nicht, also blieb nicht viel davon hängen. Er war auch ein ganz eigener Charakter. Er hat mir immer Schokotaler – Hanukkah gelt – für meine Weihnachtsstrümpfe geschickt.«
Das Essen kam und wir stürzten uns darauf. Spätestens da merkte ich, dass ihn etwas bedrückte. Normalerweise aß er schnell und redete viel. Aber dieses Mal war er eher schweigsam und stocherte in seinem Essen herum.
»Stimmt etwas nicht, Martin? Geht es dir gut?«, fragte ich.
»Ich weiß nicht. Ich hab dir schon davon erzählt. Ich hab gelegentlich diese wirren Träume. Wenn ich davon aufwache, bin ich den restlichen Tag mies gelaunt und angespannt.« Er winkte ab. »Aber mir geht‘s gut.«
»Hattest du bereits Erfahrungen mit Depressionen? Nicht nur bei dir selbst, auch bei deiner Mutter?«
»Hmmm, ich glaube nicht. Zumindest nichts, was man eine klinische Depression nennen würde. Ich meine, jeder ist dann und wann mal niedergeschlagen, oder? Nach meiner Scheidung war ich deprimiert. Ich war depressiv, als ich arbeitslos war. Aber jetzt geht es mir gut. Das war normal, denke ich. Oder nicht?«
»Sicher, so lange, bis es dich in deinem Alltag einzuschränken beginnt. Was ist mit deiner Mutter?«
»Sie trank recht viel, während ich aufwuchs. Als ich aufs College ging, wurde es richtig schlimm, denke ich. Das war die Zeit, wo unser Haus langsam aber sicher verfiel. Als ich nach Hause kam, um sie zu besuchen, merkte ich, dass sie mehr trank. Aber weißt du was? Sie hielt sich weiter fit. Sie hatte einen Boxsack im Keller und schlug jeden Tag ihres Lebens darauf ein. Und sie ging Laufen. Aber ich kann nicht sagen, ob sie wirklich eine Alkoholikerin war oder nicht, denn ich hab sie nie betrunken erlebt, weißt du? Sie hielt sich ziemlich gut.«
»Das heißt nicht, dass sie keine Alkoholikerin war … oder ist.«
»Okay, nun, dann denke ich, dass Mom womöglich für ein paar Jahre depressiv gewesen sein kann.«
Ich nutzte die Chance und bohrte weiter. »Martin, ihr Verhalten könnte etwas mit all den Narben zu tun haben.«
»Maggie, nicht schon wieder.«
»Aber es könnte wichtig sein! Sie hat Schusswunden, Martin! Welche gewöhnliche Mutter in einer Kleinstadt hat denn Schusswunden?«
»Ich sagte dir doch schon, dass ich nicht weiß, woher sie die hat. Das war, bevor ich geboren wurde, und sie hat mir nie davon erzählt. Ich wusste nichts von ihnen, bis du mir davon erzähltest.«
Ich wusste, dass er log. Er vermied es, mir in die Augen zu sehen und aß weiter. Also sagte ich: »Dann verstehe ich nicht, wieso du nicht daran interessiert bist, die Geschichte dahinter herauszufinden. Wäre sie meine Mutter …«
»Okay«, blaffte er mich an. »Herrgott, Maggie. Glaubst du, mir macht das keine Sorgen? Ich bin ziemlich neben der Kappe, was meine Mutter betrifft, weißt du? Allein die Tatsache, dass sie in einem Pflegeheim leben muss, ist erschütternd.«
»Ich weiß.« Ich legte ihm eine Hand auf seinen Unterarm. »Es tut mir leid.«
Er begann fahrig zu werden, legte СКАЧАТЬ