Название: Schwarzer Peter
Автор: Tim Herden
Издательство: Автор
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783963110306
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„Ich war auf der Insel unterwegs.“
Schlick lachte auf. „Du hast dich wahrscheinlich mit deinem Lover getroffen, während Werner hier verreckte.“
Rieder hob ein wenig seine rechte Hand. „Herr Schlick. Sie sind noch nicht dran. Vielleicht wäre es besser, wenn wir Sie getrennt voneinander vernehmen.“
„Ich will hören, was die Schl…“, Schlick verstummte, als er den strafenden Blick des Polizisten sah.
„Herr Damp, würden Sie bitte Herrn Schlick …“
Damp setzte seine Mütze auf und wollte schon Schlick bitten, aufzustehen. Da winkte Schlick ab. „Schon gut. Ich sage nichts mehr.“
Rieder wandte sich wieder an die Frau. „Können Sie mir vielleicht genauer sagen, wann Sie das Haus verlassen haben und wo Sie waren?“
Martina Gilde strich ihre Haare hinter das rechte Ohr. Ein Ohrsticker blitzte auf. Rieder hatte zwar keine Ahnung von Schmuck, aber der eingefasste Stein musste teuer gewesen sein. „Ich bin kurz vor zwei hier weg. Der Herr Sohn“, erklärte sie hämisch, „wollte mit der Fähre halb eins von Schaprode nach Kloster kommen. Ob dem so war, kann ich nicht sagen.“
„Und dann?“, hakte Rieder nach.
„Ich war in ein paar Geschäften in Vitte und Kloster. Viel hat ja noch nicht auf. Später war ich dann noch im Hochland spazieren. Ich musste mal raus. Außerdem wollte ich ihm nicht begegnen.“
„Ich war jeden Samstagnachmittag bei meinem Vater“, erklärte Richard Schlick. „Am Samstag fand ich Werner in einem bedauernswerten Zustand. Er hatte nichts zu trinken. Wahrscheinlich wollte sie ihn verdursten lassen …“
Martina Gilde stöhnte auf. „So ein Quatsch. Er konnte sich kaum noch bewegen, und mit seinem Tattrich hätte er jedes Glas umgekippt, oder es wäre ihm aus der Hand gefallen. Glauben Sie ihm nur nicht, was er behauptet, Herr Kommissar. Die Pflegeschwester oder ich haben ihn immer mit allem versorgt, was er brauchte.“
Richard Schlick schüttelte heftig den Kopf, sagte aber nichts.
„Also zurück zum Samstag“, versuchte Rieder die Befragung voranzubringen. „Sie kamen gegen sieben nach Hause und fanden Ihren Mann tot auf.“
„Ja, genau. Er hat ihn erstickt oder vergiftet“, brauste sie erneut auf. „Er will doch nur die Firma an sich raffen.“
„Zu möglichen Motiven kommen wir später. Und was haben Sie dann gemacht? Sie haben doch sicher einen Arzt verständigt, der den Tod bestätigt hat?“
„Ich habe die Pflegerin geholt. Sie hat sich um alles gekümmert.“
„Die Pflegerin? Und warum keinen Arzt?“
„Dass Werner tot war, habe ich selbst gesehen. Ich war so geschockt.“ Sie tupfte mit dem Taschentuch erneut ihre Wangen trocken. „Er war am Vormittag noch so lebendig gewesen.“
„So lebendig!“, mischte sich Schlick jetzt doch ein. „Er war schon halbtot, als ich kam. Ich habe ihm ein Glas Wasser geholt und ihm zu trinken gegeben. Da erwachten seine Lebensgeister wieder etwas. Die Pflegerin hatte mich schon ein paar Tage vorher ins Vertrauen gezogen und gebeten, etwas zu tun, ihn in ein Pflegeheim zu verlegen, weil sie dir nicht getraut hat und sich Sorgen gemacht hat.“
„Du spinnst doch.“
„Wer ist diese Pflegerin?“, ging Rieder dazwischen.
„Anna Rese“, antworteten beide zugleich.
Rieder drehte sich zu Damp um. „Hausärztlicher Pflegedienst“, klärte ihn sein Kollege auf.
„Hat die Pflegerin einen Arzt geholt? Es musste doch ein Totenschein ausgestellt werden.“
„Ja, hat sie.“
„Kann ich den Totenschein mal sehen?“
Martina Gilde stand auf und verschwand aus dem Zimmer. Als sie draußen war, beugte sich Schlick etwas vor. „Ich habe Beweise, dass sie dafür gesorgt hat, dass Werner sterben musste. Das ist Totschlag. Mindestens.“
Rieder beugte sich auch vor. „Vielleicht aber auch nur unterlassene Hilfeleistung. Kommt auf die Beweise an. Also, was haben Sie gegen Frau Gilde in der Hand?“
Statt zu antworten, legte Schlick den Finger auf den Mund. Martina Gilde kehrte ins Zimmer zurück. Sie reichte Rieder den Totenschein. Der Polizist überflog das Formular und gab es Damp. Am 30. März, 20.45 Uhr, hatte Dr. Möselbeck den Tod von Werner Gilde festgestellt. Todesursache: Herzversagen. Möselbeck war ein verantwortungsvoller Arzt. Mehrfach hatte Rieder erlebt, wie er bei ungeklärten Todesfällen auf der Insel das Ausstellen eines Totenscheins verweigert und stattdessen eine Autopsie durch die Rechtsmedizin in Greifswald angeordnet hatte. Meistens zu Recht.
„Um die Todesursache zu überprüfen, müsste eine Exhumierung mit anschließender Obduktion durch die Staatsanwaltschaft angeordnet werden“, klärte Rieder die Hinterbliebenen auf. „Dafür müssen aber triftige Gründe vorliegen. Ich kann sie aufgrund des Totenscheins nicht erkennen. Sie können natürlich Anzeige erstatten, und wir müssten dann Ermittlungen aufnehmen, die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft übergeben, und die entscheiden dann …“
„Ich dachte, dazu sind Sie hier“, erwiderte die Witwe.
Rieder schaute zu Schlick. Der nickte. „Gut, dann werden wir jetzt Ihre Anzeigen aufnehmen.“ Er bat Damp, den Polizeilaptop aus dem Auto zu holen. Damp eilte hinaus.
Während Rieder mit Martina Gilde und Richard Schlick schweigend auf die Rückkehr Damps wartete, stand er auf und betrachtete näher die Bilder im Raum. Eines der Porträts zeigte einen jungen Mann. Er hatte einen runden, fast kahlen Kopf. Seine Augen blickten ernst. Zu seinem dunklen Anzug trug er eine Fliege. Rieder fielen besonders die Hände auf mit ungewöhnlich langen, feingliedrigen Fingern. Trotz des strengen Blicks wirkte der Mann gelangweilt. Auch dieses Bild war von Elisabeth Büchsel signiert. „Das ist mein Vater“, klärte Richard Schlick die Polizisten auf. „Das Bild ist in den frühen fünfziger Jahren entstanden, nachdem er die Firma übernommen hatte.“
Aus den Augenwinkeln versuchte Rieder Ähnlichkeiten des Vaters mit dem Sohn zu entdecken. Er fand allerdings keine. Im Hintergrund des Bildes war ein kleiner Schriftzug. „Erfolg haben ist Pflicht“, entzifferte er und sprach die Worte dabei leise vor sich hin.
„Der Leitspruch unseres Unternehmens“, meldete sich Richard Schlick, der offenbar Rieder gehört hatte.
„Und? Haben Sie Erfolg?“
„Wir können nicht klagen.“ Schlick setzte sich auf und warf sich wie ein Sänger in Pose. Er begann er einen Vortrag über den wirtschaftlichen Erfolg der Firma Gildemeister mit Backmischungen und Tütensuppen. Martina Gilde verdrehte immer wieder die Augen, wenn sie nicht ausgiebig die Qualität des Nagellacks auf ihren Fingernägeln betrachtete.
„Gildemeister ist im Osten der Marktführer in diesem Segment. Im Westen läuft es auch nicht schlecht. Immerhin muss man bedenken, dass wir 1990 noch einmal bei null angefangen haben …“
Damps Rückkehr beendete СКАЧАТЬ