Leben ohne Maske. Knut Wagner
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Название: Leben ohne Maske

Автор: Knut Wagner

Издательство: Автор

Жанр: Биографии и Мемуары

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isbn: 9783957163080

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СКАЧАТЬ Korridor manchmal Kot verlor. Wolfgang machte es nichts aus, die Scheißeklümpchen vom braunen Linoleum aufzuwischen. Er war nicht so geruchsempfindlich und reagierte nicht so allergisch wie seine Mutter, die nach jedem Malheur, das Meta Larsen passierte, herumschrie und kotzen musste.

      Wolfgang wurde erst von seiner Aufsichtspflicht entbunden, wenn seine Mutter am Nachmittag aus dem Kaufhaus kam. Aber da hatte Wolfgang schon so viele Nerven gelassen, dass ihm die Kraft fehlte, zu einem späteren Zeitpunkt an seiner Arbeit weiterschreiben zu können. Auch bedrückte es ihn sehr, wie schnell der geistige Verfall seiner Großmutter voranschritt.

      Wolfgangs Großmutter wollte sich nützlich machen, und so ließ sie sich tagelang von ihrer Tochter das Stricken wieder und wieder zeigen. Sie wollte tun, was sie immer getan hatte. Aber die Nadeln und das Garn gehorchten ihr nicht mehr.

      Als Wolfgangs Großmutter merkte, dass ihr nicht mehr gelang, was ihr sonst mit Leichtigkeit gelungen war, war sie zu Tode betrübt und wütend über sich. „Ich bin ein altes Kalb“, sagte sie unglücklich. „Schlagt mich doch tot! Ich bin zu nichts mehr nutze.“

      Sie sah keinen Sinn mehr in ihrem Leben. Sie schmiss die Stricknadeln weg und weinte.

      Es war zwar schrecklich für Wolfgang, mit ansehen zu müssen, wie verzweifelt seine Großmutter war, als sie merkte, dass sie nicht mehr stricken konnte. Aber den größten Schreck jagte sie ihm ein, als sie auf dem Fensterbrett des dritten Stockes stand.

      Wolfgang war gerade auf dem Rückweg von einem Kurzeinkauf, der keine Viertelstunde gedauert hatte, als er von der Straße aus sah, wie seine 78-jährige Großmutter auf dem Fensterbrett stand. Die Fensterflügel waren sperrangelweit offen, und Wolfgang rannte wie um sein eigenes Leben. Er war heilfroh, als er seine Großmutter, die nicht mehr wusste, was sie tat, vom Fensterbrett runter und wieder in der Stube hatte.

      Damit seine Großmutter keine Dummheiten mehr machen konnte, schraubten sie ihr die Fenster zu, und am Abend tagte der Familienrat. Jedem war klar, dass Meta Larsen keinen Augenblick mehr aus den Augen gelassen werden konnte und rundum betreut werden musste.

      Wolfgangs Vater sagte, dass er sich um einen Pflegeheimplatz kümmern wolle. Obwohl das äußerst schwierig sei und dauern könne. Wolfgangs Mutter erklärte, dass sie so lange zu arbeiten aufhören werde, bis ein Pflegeheimplatz für Meta Larsen gefunden sei. Nachdem sie ihre Stelle im Kaufhaus gekündigt hatte, blieb sie vierzehn Tage später zu Hause, um ihre Mutter fortan ganztägig beaufsichtigen zu können.

      Aus diesem Grund brauchte sich Wolfgang tagsüber kaum noch um die Betreuung seiner Großmutter zu kümmern. Aber dafür wurden nachts seine Nerven aufs Ärgste strapaziert. Denn Wolfgangs Großmutter geisterte durch die Zimmer. Urplötzlich stand sie vor Wolfgangs Bett, strich ihm über den Kopf, und wenn er hochschreckte, wich sie zurück. Sie sagte etwas Tröstendes, das Wolfgang nicht verstand, und ging zurück in ihr Zimmer.

      Es kam aber auch vor, dass Wolfgangs Großmutter nachts mehrmals aus ihrem Bett fiel und um Hilfe schrie. Sie lag auf dem Bettvorleger aus Ziegenfell, wusste nicht, wo sie war, und Wolfgang und seine Mutter hievten sie zurück in ihr Bett. Auf den Rat ihrer Tochter, nicht alleine in der Nacht aufzustehen, hörte sie nicht, und schon kurze Zeit später war wieder ein Plumpsen und Schreien zu hören. Denn Wolfgangs Großmutter konnte nicht aufhören, ihre Füße immer wieder auf den Bettvorleger zu setzen und aufzustehen, selbst wenn sie schwach und taumelig war.

      Nach solchen nächtlichen Aktionen fand Wolfgang kaum in den Schlaf, und wenn er morgens erwachte, fühlte er sich wie gerädert und war zu keiner vernünftigen Arbeit mehr in der Lage.

      Es war Ende Januar, und Wolfgang glaubte nicht mehr daran, die Staatsexamensarbeit, die Anfang März abgegeben werden musste, fertig zu kriegen. Verzweiflung suchte ihn heim. Denn von der Staatsexamensarbeit hing sein zukünftiges Leben mit Heidi ab.

      Ohne Staatsexamensarbeit keine Zulassung zu den Abschlussprüfungen, ohne Abschlussprüfungen kein Staatsexamen, ohne Staatsexamen kein Einsatz als Absolvent und ohne Absolventeneinsatz kein gemeinsames Unterrichten an einer Landschule.

      Wolfgang wusste sich keinen Rat mehr. Er schrieb Heidi, in welch beschissener Lage er sich befinde. Und Heidi, die Verständnis für Wolfgangs Situation hatte, machte ihm das Angebot, seine Arbeit bei ihr in Arnsbach zu Ende zu schreiben. Bis zum Abgabetermin seien es noch vier Wochen, und in vier Wochen Abgeschiedenheit und Ruhe könne man einiges schaffen, sagte Heidi. So kam es zu Wolfgangs zweitem Besuch in Arnsbach.

       12. Kapitel

      Als Wolfgang am Sonntagmorgen anreiste, sagte er: „Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich freue, in den nächsten vier Wochen mit dir zusammen zu sein.“

      „Mir geht es genauso“, sagte Heidi und umarmte ihn fest.

      „Eine betrübliche Nachricht muss ich dir jedoch machen“, sagte Heidi. „Meine Eltern erlauben es nämlich nicht, dass wir zusammen auf der Doppelbettcouch im Mansardenzimmer schlafen. Mein Vater ist der Meinung, solange wir nicht verheiratet seien, müssten wir getrennt schlafen. Meiner Mutter und ihm sei es einst auch nicht anders gegangen.“

      „Eine lächerliche Ansicht, wie ich finde“, sagte Wolfgang. „Mit List und Tücke werden wir aber trotzdem zu unserem Vergnügen kommen.“

      „Das denke ich auch“, sagte Heidi.

      In Heidis Mansardenzimmer angekommen, in dem Wolfgang den ganzen Februar über sitzen und an seiner Staatsexamensarbeit schreiben würde, sagte Heidi: „Das Beste ist, wenn ich unten in der Kammer schlafe und du hier oben in der Mansarde. Da kannst du aufstehen, wann du willst, und an deiner Arbeit schreiben, solange du willst. Ab halb sieben früh hast du deine Ruhe. Da ist keiner mehr zu Hause. Außer meinem Opa. Und der wird dich nicht groß stören. Mittags wird er von meiner Mutter versorgt. Sonst macht er seinen Kram alleine. Im Höchstfall musst du ihm mal aus der Zeitung vorlesen.“

      Der Sonntag war wie im Flug vergangen, und gegen zehn Uhr abends räumte Heidi die aufgestapelten Zeugnishefte vom Tisch. „Ich habe wieder nicht geschafft, was ich wollte“, sagte sie zu Wolfgang. „Zwei Drittel der Zeugnisse habe ich erst geschrieben.“

      „Den Rest schaffst du doch spielend“, sagte Wolfgang. „Bis Donnerstag ist noch viel Zeit.“

      „Ich habe eine äußerst turbulente Woche vor mir“, sagte Heidi. „Viel Zeit bleibt mir da nicht.“

      Als Heidi am nächsten Nachmittag nach Hause kam, war sie äußerst geschafft, und ohne sich nach Wolfgangs Arbeitsfortschritten zu erkundigen, sagte sie: „Heute hatte ich acht Stunden Unterricht. Und hospitiert wurde auch noch.“

      In den ersten beiden Stunden habe Konzak in seiner Eigenschaft als Kreisfachberater für Englisch hospitiert, erzählte Heidi. Wenn nicht gerade hospitiert werde, komme sie in Englisch fast ohne Vorbereitungen aus.

      „Die Englischstunden sind eine wahre Erholung für mich“, sagte Heidi. „Da habe ich festen Boden unter den Füßen, was ich von Deutsch nicht gerade sagen kann. Da schwimme ich manchmal mächtig, und mit oft dürftigen Vorbereitungen hangle ich mich dann wie ein Seiltänzer von einer Stunde zur anderen.“

      Davon war aber nichts zu merken, als der Direktor in der dritten Stunde hospitiert hatte. „Ich war gut vorbereitet“, sagte Heidi. „Ich habe Grammatik gemacht. Trotzdem waren die Schüler lieb und haben ganz toll mitgearbeitet. Der Direktor hatte nichts an meiner Stunde auszusetzen. Er war äußerst zufrieden mit meiner Arbeit.“

      Dann fragte sie Wolfgang, wie er mit seiner Arbeit СКАЧАТЬ