Название: Praktische Fälle zum Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen
Автор: Ernst-Dieter Bösche
Издательство: Автор
Жанр: Юриспруденция, право
isbn: 9783792201596
isbn:
Lösung
Nach § 4 Abs. 1 Buchst. b BekanntmVO ist als Bekanntmachungsform die Veröffentlichung in einer (oder mehreren) Tageszeitung grundsätzlich zulässig. Gem. §4 Abs. 2 Satz 2 BekanntmVO sind die Zeitungen allerdings in der Hauptsatzung namentlich zu bezeichnen. Die Formulierung „Veröffentlichung in den am Ort erscheinenden Tageszeitungen" genügt dieser Konkretisierungsanforderung nicht.
§ 5 der Hauptsatzung ist somit rechtswidrig.
9. Fall: Satzungsrecht, Bekanntmachungsorgan
Sachverhalt
Die Hauptsatzung der in Nordrhein-Westfalen gelegenen Gemeinde G sieht vor, dass Satzungen bekannt gemacht werden durch Veröffentlichung in der Tageszeitung „Kieler Nachrichten".
Aufgabe
Wie beurteilen Sie die Rechtmäßigkeit dieser Regelung?
Lösung
Nach § 4 Abs. 1 Buchst. b BekanntmVO ist als Bekanntmachungsform die Veröffentlichung in einer Tageszeitung (= regelmäßig, mindestens einmal wöchentlich erscheinend) zulässig. Die Tageszeitung ist gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 BekanntmVO namentlich zu bezeichnen.
Diesen Anforderungen wird mit der Regelung der Bekanntmachung in den „Kieler Nachrichten" entsprochen. Sie ist mit dem Wortlaut des § 4 BekanntmVO vereinbar. Es fragt sich aber, ob der Sinn der Veröffentlichungspflicht von Satzungen der Regelung nicht entgegensteht.
Sinn der Veröffentlichungspflicht überhaupt ist, dass die von der Satzungsregelung potenziell Betroffenen von den Vorschriften Kenntnis erlangen können. Dies ist zwar prinzipiell bei einer Veröffentlichung in den „Kieler Nachrichten" möglich. Allerdings ist zu bedenken, dass die „Kieler Nachrichten" nicht ohne Weiteres in einer nordrhein-westfälischen Gemeinde erhältlich sind, jedenfalls nicht ohne Abonnement.
Es ist für die Einwohner nicht zumutbar, außergewöhnliche Anstrengungen zu unternehmen, um an das Veröffentlichungsorgan von Satzungen zu gelangen. Da nicht feststeht, wann wieder eine Veröffentlichung stattfindet, müsste man die „Kieler Nachrichten" abonnieren, um sicher zu gehen, eine Satzungsveröffentlichung nicht zu verpassen. Man wäre gezwungen, eine Zeitung zu abonnieren, die vom lokalen Berichtszuschnitt in einer nordrhein-westfälischen Gemeinde kaum von Interesse sein dürfte.
Dem mit der Veröffentlichungsverpflichtung von Satzungen verfolgten Sinn wird nur entsprochen, wenn das Veröffentlichungsorgan in der Gemeinde ohne unzumutbare Schwierigkeiten durch jedermann unschwer erhältlich ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gewährleistet. Die Regelung der Hauptsatzung verstößt nicht gegen den Wortlaut, wohl aber gegen den Sinn des Veröffentlichungsgebots (§ 4 BekanntmVO).
Die Hauptsatzungsregelung ist folglich rechtswidrig.
10. Fall: Satzungsrecht, Bekanntmachungsform, Änderung der Hauptsatzung
Sachverhalt
Der Rat der Stadt St hat einschließlich Bürgermeister 39 Mitglieder (gesetzliche Mitgliederzahl). Auf der Tagesordnung der gestrigen Ratssitzung stand u.a. der Punkt: „Änderung der Hauptsatzung (Änderung der Bekanntmachungsform)". Anstelle der bisherigen Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt St sollen Satzungen künftig bekannt gemacht werden durch Veröffentlichung auf der Homepage der Stadt St. In der Ratssitzung stimmten 18 Mitglieder für eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung, zehn stimmten dagegen und elf enthielten sich der Stimme.
Aufgabe
Der Bürgermeister beauftragt Sie zu prüfen, ob eine Beanstandung des Beschlusses zur Änderung der Hauptsatzung in Betracht kommt.
Lösung
Nach § 54 Abs. 2 GO müsste der Bürgermeister den Beschluss beanstanden, wenn er geltendes Recht verletzt.
Eine Rechtsverletzung könnte sich aus einem Verstoß gegen § 4 BekanntmVO ergeben. § 4 Abs. 1 BekanntmVO führt die zugelassenen Veröffentlichungsformen abschließend auf. Die Bekanntmachung durch Veröffentlichung auf der Homepage ist danach nicht zulässig.
Der Beschluss verstößt also gegen § 4 Abs. 1 BekanntmVO und müsste vom Bürgermeister beanstandet werden.
Die Beanstandung setzt aber voraus, dass der Beschluss (dieses rechtswidrigen Inhalts) überhaupt rechtswirksam gefasst worden ist.
Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 GO kann der Rat die Änderung der Hauptsatzung nur mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder beschließen. Die gesetzliche Mitgliederzahl beträgt 39, die Mehrheit also mindestens 20 Stimmen. Für die Änderung stimmten 18 Mitglieder. Die zur Änderung der Hauptsatzung erforderliche Mehrheit von 20 Stimmen wurde nicht erreicht. Folglich wurde die Änderung der Hauptsatzung mit dem rechtswidrigen Inhalt nicht beschlossen. Ein rechtswidriger Beschluss liegt also gar nicht vor.
Eine Beanstandung kommt daher nicht in Betracht.
11. Fall: Satzungsrecht, Satzungsermächtigung
Sachverhalt
Die Gemeinde G beabsichtigt, unter Berufung auf die Satzungsermächtigung nach § 7 GO eine „Satzung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf den Straßen, Wegen und Plätzen in der Gemeinde G" zu erlassen, in der eine Vielzahl ordnungsrechtlicher Tatbestände in Form von Verboten und Geboten geregelt werden soll.
Aufgabe
Wäre der Erlass einer solchen Satzung rechtmäßig?
Lösung
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 GO können die Gemeinden ihre Angelegenheiten durch Satzung regeln, soweit Gesetze nicht etwas anderes bestimmen.
Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Gemeinde sind gemeindliche Angelegenheiten. Folglich wäre die Gemeinde G am Erlass einer Satzung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf den Straßen, Wegen und Plätzen nur gehindert, wenn Gesetze bestimmen würden, dass eine solche satzungsrechtliche Regelung nicht zulässig ist.
Eine gesetzliche Bestimmung dieser Art könnte in § 27 Abs. 1 OBG zu sehen sein.
Danach können die Gemeinden zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Verordnungen erlassen. Diese Verordnungen sind Rechtsverordnungen. Wegen dieser speziellen Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung ist für eine satzungsrechtliche Regelung kein Raum. § 27 Abs. 1 OBG ist eine andere die Satzungsermächtigung einschränkende gesetzliche Bestimmung i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 1 GO.
Der Erlass der beabsichtigten Satzung wäre folglich nicht rechtmäßig.
Gleichwohl könnte die Gemeinde G ihr Regelungsvorhaben in Form einer Ordnungsbehördlichen Verordnung nach § 27 Abs. 1 OBG verwirklichen.
12. Fall: Satzungsrecht, Inhaltsermächtigung
Sachverhalt
Der Rat hat in seiner letzten Sitzung eine „Satzung zur Regelung der Entschädigung von Rats- und Ausschussmitgliedern" beschlossen. Diese Satzung setzt den Regelstundensatz sowie den stündlichen, täglichen und monatlichen Höchstbetrag СКАЧАТЬ