Название: Praktische Fälle zum Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen
Автор: Ernst-Dieter Bösche
Издательство: Автор
Жанр: Юриспруденция, право
isbn: 9783792201596
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Anmerkung: Die Verfassungskonformität (neue Aufgabe mit Personalverpflichtung) ist zu unterstellen und nicht zu prüfen.
Lösung
Die Kostenregelung wäre nicht verfassungsmäßig, wenn diese neue Aufgabe zu einer wesentlichen Belastung der betroffenen Gemeinden führen würde. Nach Art. 78 Abs. 3 Satz 1 LVerf i. V. m. § 3 Abs. 4 Satz 2 GO ist bei der Übertragung neuer Aufgaben, die zu einer wesentlichen Belastung der betroffenen Gemeinden führen, durch das Gesetz aufgrund einer Kostenfolgeabschätzung ein entsprechender finanzieller Ausgleich für die entstehenden notwendigen durchschnittlichen Aufwendungen zu schaffen (striktes Konnexitätsprinzip).
Die Verpflichtung, pro Schule eine sozialpädagogische Vollzeitstelle dauerhaft zu schaffen, bedeutet eine wesentliche Belastung der gemeindlichen Haushalte. Folglich bedarf es einer gesetzlichen finanziellen Ausgleichsregelung. Die bloße Feststellung der Kostenträgerschaft („die Kosten trägt die Gemeinde") genügt der Anforderung der Schaffung eines gesetzlich geregelten finanziellen Ausgleichs nicht.
Die Kostenregelung ist somit nicht verfassungsgemäß.
4. Fall: Gleichstellungsbeauftragte
Sachverhalt
Die Gemeinde G hat im Mai vergangenen Jahres die 10.000-Einwohnermarke überschritten. Zurzeit hat sie 10.103 Einwohner. Der Bürgermeister hat nach anfänglichem Zögern auf Drängen aller im Rat vertretenen Fraktionen die Stelle zur Wahrnehmung der Aufgabe zur Gleichstellung von Frau und Mann hausintern ausgeschrieben. Daraufhin ging lediglich die Bewerbung von Paul P ein. P ist Gemeindehauptsekretär und derzeit im Standesamt als Sachbearbeiter und stellvertretender Standesbeamter tätig.
Da P über gute Dienstzeugnisse verfügt, beabsichtigt der Bürgermeister, ihn zum Gleichstellungsbeauftragten der Gemeinde G (BesGr. A 9) zu bestellen. Die stellenplanmäßigen Voraussetzungen liegen vor.
Der Personalrat der Gemeinde G hält aufgrund der Aufgabenstellung die Besetzung der Stelle mit einer Frau für besser.
Aufgabe
Der Bürgermeister beauftragt das Personalamt vor Fertigung der Versetzungsverfügung für P mit der rechtlichen Überprüfung der Angelegenheit. Sie sind Sachbearbeiter im Personalamt und erhalten den Auftrag zu prüfen, ob Bedenken gegen die Bestellung von P bestehen.
Lösung
Ob P zum Gleichstellungsbeauftragten bestellt werden darf, bestimmt sich nach § 5 GO. Nach § 5 Abs. 1 GO sind in Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern hauptamtlich tätige Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen.
Die Abs. 3, 4 und 5 des § 5 GO verwenden einheitlich die Formulierung: „die Gleichstellungsbeauftragte". Der Gesetzgeber geht also eindeutig davon aus, dass zur Gleichstellungsbeauftragten nur eine Frau bestellt werden darf.
Folglich wäre die Bestellung von P zum Gleichstellungsbeauftragten nicht zulässig.
5. Fall: Bezeichnung der Gemeinde
Sachverhalt
In der Stadt St sind bei Ausgrabungen zahlreiche Nachweise römischer Besiedlung gefunden worden.
Auf Antrag des Geschichtsvereins in St befasste sich der Rat der Stadt St in seiner letzten Sitzung mit der Änderung der Bezeichnung in „Römerstadt St".
Der Rat der Stadt St hat einschließlich Bürgermeister 45 Mitglieder. Bei der Abstimmung über die Änderung der Bezeichnung stimmten von den 35 anwesenden Mitgliedern 30 für die Änderung, fünf stimmten dagegen.
Aufgabe
Der Bürgermeister beauftragt Sie als Mitarbeiter des Ratsbüros zu prüfen, welche weiteren Schritte erforderlich sind, damit die Bezeichnung „Römerstadt" geführt werden kann.
Lösung
Die weiteren Verfahrensschritte könnten sich nach § 13 Abs. 3 GO bestimmen. Danach bedarf die Änderung der Bezeichnung der Genehmigung des für Inneres und Kommunales zuständigen Ministeriums.
Die Genehmigung setzt voraus, dass die Bezeichnungsänderung zulässig ist. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 GO können die Gemeinden außer der Bezeichnung Stadt auch andere Bezeichnungen führen, die z. B. auf der Geschichte der Gemeinde beruhen. Nach dem Sachverhalt war die Stadt römisch besiedelt. Die Bezeichnung „Römerstadt" hätte also einen nachweislich historischen Bezug und wäre gem. § 13 Abs. 3 Satz 1 GO zulässig und genehmigungsfähig.
Dafür wäre erforderlich, dass die Änderung der Bezeichnung durch den Rat ordnungsgemäß beschlossen worden ist.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 2 GO kann der Rat mit einer Mehrheit von drei Vierteln seiner Mitglieder die Bezeichnung ändern. Die gesetzliche Mitgliederzahl des Rates der Stadt St ist 45. Zur wirksamen Änderung der Bezeichnung wäre ein Beschluss mit einer Zustimmung von mindestens 34 Mitgliedern erforderlich. Für die Änderung der Bezeichnung stimmten 30 Mitglieder. Folglich ist die zur Änderung der Bezeichnung erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden. Die Änderung ist somit nicht beschlossen worden. Es bleibt bei der Bezeichnung „Stadt" St.
Weitere Schritte zur Bezeichnungsänderung kommen nicht in Betracht.
6. Fall: Satzungsrecht, Bekanntmachung von Satzungen
Sachverhalt
In seiner Sitzung am 17. April hat der Rat der Stadt St u.a. die Änderung des § 7 der Hauptsatzung (öffentliche Bekanntmachungen) dahin gehend beschlossen, dass statt der bisherigen Form der öffentlichen Bekanntmachung in der „Rundschau" (Tageszeitung) öffentliche Bekanntmachungen im Amtsblatt der Stadt St erfolgen sollen.
Die Satzungsänderung wurde am 22. April im Amtsblatt der Stadt St öffentlich bekannt gemacht.
Die nächste Ratssitzung fand am 13. Juni statt. Zeit und Ort der Sitzung sowie die Tagesordnung wurden am 27. Mai im Amtsblatt der Stadt St veröffentlicht.
In der Sitzung am 13. Juni wurden 16 Beschlüsse gefasst.
Aufgabe
Sie sind Sachbearbeiter im Ratsbüro der Stadt St und haben am Tag nach der Ratssitzung den routinemäßigen Auftrag zu prüfen, ob Bedenken gegen die Ausführung der Beschlüsse bestehen.
Lösung
Nach § 62 Abs. 2 Satz 2 GO führt der Bürgermeister die Beschlüsse des Rates aus. Allerdings setzt dies voraus, dass diese Beschlüsse rechtmäßig sind. Rechtswidrige Beschlüsse hat der Bürgermeister gem. § 54 Abs. 2 GO zu beanstanden.
Eine Rechtswidrigkeit der Beschlüsse könnte sich daraus ergeben, dass Zeit und Ort der Sitzung sowie die Tagesordnung möglicherweise nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sind.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 4 GO sind Zeit und Ort der Sitzung sowie die Tagesordnung öffentlich bekannt zu machen. Gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 BekanntmVO legt die Hauptsatzung die Form der öffentlichen Bekanntmachung fest. Durch Änderung des § 7 der Hauptsatzung der Stadt St erfolgen Bekanntmachungen durch Veröffentlichung im Amtsblatt.
Fraglich ist aber, ob diese Änderung zum Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung von Zeit und СКАЧАТЬ