Venedig sehen und morden - Thriller-Paket mit 7 Venedig-Krimis. Meinhard-Wilhelm Schulz
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Читать онлайн книгу Venedig sehen und morden - Thriller-Paket mit 7 Venedig-Krimis - Meinhard-Wilhelm Schulz страница 27

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      Ansonsten, meine Herren, wäre es besser, meine Mutter und meine Frau aus dem Spiel zu lassen. Ich weiß doch ganz genau, worauf Sie hinaus wollen, wenn Sie einen Gegensatz zwischen den beiden konstruieren. Verhören Sie mich, solange Sie wollen, aber lassen Sie die beiden Frauen in Ruhe!«

      »Gut, schön«, sagte Volpe und legte die Fingerspitzen aufeinander, »Ihr Wunsch sei uns Befehl. Doch kommen wir zunächst noch einmal auf Ihren Poncho zurück:

      Der Mörder der vergangenen vier Nächte trug stets einen solchen Kapuzenumhang, das ist sicher. Der Schneider bezeugt, nur Ihnen einen solchen geliefert zu haben. Ein Fetzen blieb beim letzten Überfall in der Hand der Getöteten. Er passt exakt in den Saum des Ponchos, den wir einem Obdachlosen am Canal Grande abkauften. Wollen Sie leugnen, dass es Ihr Umhang ist?«

      »Er ist es nicht. Beweist mir das Gegenteil!«

      »Gut«, sagte Volpe seufzend, »dann berichten Sie uns lückenlos, was Sie in den vergangenen vier Nächten getan haben!«

      »Ich war im Studio.«

      »Ihre Frau und die Zofe konnten das nicht bezeugen.«

      »Ich pflege alleine und in aller Stille zu arbeiten.«

      Volpe zuckte mit den Schultern und schwieg. Auch ich wusste jetzt nicht weiter. Ob die Geschworenen mit den bislang gesammelten Beweisen zufrieden sein würden? Ich hatte da meine Zweifel. Ein guter Anwalt konnte unsere Argumente als Vermutungen ausgeben. Raimondo war ein harter Gegner, auch wenn er jetzt in sich zusammengesunken auf dem Stuhl hockte. Er war müde. Wir alle waren müde. Marcello raffte sich dann auf, noch eine Frage zu stellen. Geradezu beiläufig und wie ein verständnisvoller Vater sagte er, zum Du übergehend:

      »Nicht wahr, Raimondo, du bist ein todunglücklicher Mensch.«

      »Warum sollte ich unglücklich sein?«

      »Seit du entdeckt hast, dass du anders warst als deine Altersgenossen, als all die anderen Jungs, die ganz verrückt auf Abenteuer mit Mädchen waren, also ab Eintritt der Pubertät.«

      Raimondo begann am ganzen Leib zu zittern. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Er tat spöttisch und sagte:

      »Was sollte an mir schon anders sein als bei anderen Männern?«

      »Nun, als du noch ein ganz, ganz junger Mann warst … und feststelltest … dass du … und die Mädchen … und das war ganz anders, als bei deinen Kameraden, die verrückt auf Mädchen waren, an denen du kein Interesse hattest, nicht wahr?«

      Er blickte den Gefesselten durchdringend an. Er wusste, dass es jetzt nur noch des richtigen Wortes bedurft hätte, um den ältlichen jungen Mann zum hemmungslosen Heulen zu bringen, aber das rechte Wort fiel ihm nicht ein. Marcello hätte nur sagen müssen, »mein lieber, guter Junge, ich verstehe dich, und du tust mir leid. Was hat man dir nur angetan!«

      Stattdessen murmelte er schulmeisterlich belehrend:

      »Unser guter Doktor könnte es besser erklären als ich. Sie sind nicht verantwortlich für das, was sie tun … nicht zurechnungsfähig und brauchen sich nicht vor Gefangenschaft und lebenslanger Haft zu fürchten.«

      Der Graf richtete sich trotzig auf und fauchte:

      »Ich brauche nichts und niemanden zu fürchten. Ich bin unschuldig und das Opfer einer Verwechslung oder unerklärlicher Umstände. Ich habe schon viel zu viel gesagt. Ab sofort verweigere ich die Aussage und überlasse alles meinem Anwalt, und dabei bleibt es.«

      Marcello, dieser alte Hase in allen möglichen Verhören, begriff, dass er durch seinen eigenen Fehler der Befragung des Verdächtigen ein Ende bereitet hatte. Achselzuckend läutete er nach dem Amtsdiener, der den Conte in den Kerker zurück bringen sollte. Bereitwillig stand dieser auf und wollte schon gehen, als Volpe ihm noch zurief:

      »Warten Sie, Raimondo! Eine letzte Frage!«

      Der Verhaftete blieb stehen und musterte meinen Freund verächtlich. Dann sagte er:

      »Ich werde nichts mehr antworten.«

      »Das wollen wir erst noch sehen«, sagte Volpe, »denn meiner Meinung nach haben Sie diese, äh, Cornelia di Malatesta nur deshalb geheiratet, weil sie in der oberen Körperhälfte ein Mann ist, ein schöner Mann, nicht wahr, und Ihre Mutter lügt, wenn sie sagt, Sie hätten es erst in der Hochzeitsnacht erfahren.«

      Weiter kam mein Freund nicht, denn der Graf stieß ein tierisches Heulen aus, dem der Hyäne ähnlich, und stürzte sich über meinen Freund, um ihn wie eine Bestie anzufallen, obwohl seine Hände gefesselt waren. Zwei Polizisten warfen sich auf ihn, um ihn zu bändigen. Wie eine Raupe, die unter die Ameisen geraten ist, wand und drehte er sich unter dem Zugriff der Beamten und trat nach ihnen, Schaum vor dem Mund. Volpe kicherte und sagte, als das irre Kreischen des Grafen abgeebbt war:

      »Bis zur Eheschließung, lieber Conte, waren Sie ein echtes Muttersöhnchen, waren Sie im Grunde mit der Mutter verheiratet und wurdest von ihr gegängelt, aber durch die Hochzeit mit Cornelia sind Sie vom Regen in die Traufe geraten, denn die unschuldige ‚Androgyne‘, die Sie liebte, musste bald begreifen, dass Sie immer noch mit der Mama verbandelt und ihr hündisch Untertan waren, und dass mit Ihnen, Herr Graf, im Bett nichts anzufangen war, weil Ihre Bestrebungen und Triebe auf das eigene Geschlecht gerichtet sind.

      Daher verachtete und unterdrückte die Contessa Sie in gleicher Weise, bis Ihr Hass, Raimondo, Ihr Hass auf sämtliche Frauen alle Grenzen überstieg. Weil Sie aber weder, wie einst Kaiser Nero, zum Muttermörder werden konntet noch es wagtet, wie dieser auch noch Ihre Frau umzubringen, haben Sie sich an Dritten gerächt und vier von ihnen ermordet. Wollen Sie das leugnen?«

      »Lügen, Lügen, alles nur Lügen«, kreischte der Graf wie von Sinnen, »und die hast du alleine aufgetischt, du verfluchter kleiner privater Schnüffler, du elendes Würstchen und Wichtigtuer. Warte nur, das zahle ich dir heim. Nicht lange, und ich werde dir den Schädel einschlagen, du Ratte! Du räudiger Hund! Du dreckiges Schnüffelschwein! Ich bringe dich um!

      Raimondo ging die Puste aus. Keuchend hing er in den Armen der beiden Wachmänner, die ihn untergehakt hatten:

      »Hihihi«, tönte Volpe, »den Tod haben mir schon andere angekündigt, aber noch lebe ich. Wie auch immer, mein Jüngelchen, zum Einen haben wir uns dein beschädigtes Bowie Knife gesichert, mit der du deine Opfer gemeuchelt hast, und es war sogar noch Blut daran, du dummer Anfänger! Was glaubt du wohl, wird die Untersuchung erbringen, he?«

      Ich darf Volpes Rede an dieser Stelle tadelnd unterbrechen. Es war nämlich keinerlei Blut am Dolch zu finden. Volpe log, um den Mörder in die Enge zu treiben. Durfte er das? Heiligt der Zweck die Mittel? Nun, ich will das hier nicht entscheiden und rasch den Rest seiner flammenden Rede wiedergeben.

      »Zum Zweiten haben wir deinen Umhang in Verwahrung genommen. Der einzige Schneider, der so etwas in letzter Zeit aus schwarzer Seide mit eingewebtem grauen Faden fertigte, hat ihn nachweislich an dich verkauft. Der Fetzen, den dein letztes Opfer heraus gerissen hatte, passt genau hinein. Wenn du es immer noch abstreitest, der Besitzer zu sein, so lügst du.

      Zum Dritten hat dich die Zeugin wiedererkannt. Zum Vierten: Du warst wie vom Erdboden verschluckt, als der Doktor und ich dir folgten, und welch Zufall! Genau an dieser Stelle entdeckten wir das Haus deiner abgöttisch geliebten Mutter.

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