Venedig sehen und morden - Thriller-Paket mit 7 Venedig-Krimis. Meinhard-Wilhelm Schulz
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Читать онлайн книгу Venedig sehen und morden - Thriller-Paket mit 7 Venedig-Krimis - Meinhard-Wilhelm Schulz страница 25

СКАЧАТЬ er dabei auch seine Frau mit?«

      »Das geht euch einen Dreck an! Dazu sage ich nichts.«

      Trotzig blieb sie stehen und schleuderte giftige Blicke um sich. Wir blieben gelassen sitzen und betrachten uns in aller Muße die Bilder an den Wänden, welche unverkennbar die Handschrift des Verhafteten trugen. Dann sprang Volpe mit einem Riesensatz aus dem Sessel und fuhr die Ärmste an:

      »Geben Sie es doch zu, er war letzte Nacht hier!«

      »Ich pflege nachts zu schlafen«, giftete sie ausweichend, »und von daher keine nächtlichen Besucher zu empfangen. Und ich will jetzt endlich wissen, wohin diese Befragung zielt. Dies hier ist meine Wohnung. Und wenn man mich nicht besser behandelt, verweigere ich jede weitere Auskunft und weise Ihnen die Tür. Also, was ist? Was wollen Sie von mir? Haben Sie einen Haftbefehl in der Tasche?«

      Marcello erhob sich auffällig langsam und sagte dann mit besänftigendem Tonfall:

      »Cara Signora Tiepolo, ich muss Ihnen leider mitteilen, dass wir Ihren Sohn verhaftet haben. Er steht im dringenden Verdacht, in den letzten vier Nächten vier Frauen ermordet zu haben. Was sagen Sie dazu? Was wissen Sie darüber? Hat er mit Ihnen darüber gesprochen? Heraus mit der Sprache!«

      Feurige Röte schoss jetzt über ihr Gesicht. Sie zitterte am gesamten Körper. Nur mühsam unterdrückte sie einen Tobsuchtsanfall. Mir wollte das Ganze eher wie ein Theaterstück vorkommen, das sie gerade zum Besten gab.

      »Und Ihr habt es gewagt, meinen Raimondo zu verhaften? Diesen lieben guten Jungen? Er kann doch keiner Fliege etwas zuleide tun. Hier, seht einmal her!«

      Sie holte ein Fotoalbum aus dem Regal und blätterte es auf. Seite um Seite war ein wunderschöner kleiner Junge zu sehen, ein Bildchen hübscher als das andere, stets ein niedliches blondgelocktes Kind zeigend. Neugierig beugten wir uns darüber. Sie flüsterte liebevoll:

      »Schaut doch einmal, was mein süßer Raimondo für ein netter Junge ist. Wenn ihr das seht, könnt ihr solche Ungeheuerlichkeiten doch gar nicht mehr wiederholen.«

      Mich beeindruckte das freilich kaum. Wie oft schon hatte ich verzweifelte Eltern in meiner Praxis erleben müssen, die mir da ihr Leid klagten, indem aus einem ungewöhnlich süßen und lieben Kind mit Eintritt der Pubertät ein Ungeheuer wurde.

      Sogar die Behauptungen von der Art, wenigstens die kleinen Kinder seien noch Unschuldslämmchen, sind zurück zu weisen. Vielen solch kleiner Bestien ist das, was ich als Arzt und Psychologe ‚Empathie‘ nenne, nicht gegeben. In manchen Kindergruppen ginge zu wie im Krieg, wenn man ihnen nur Waffen in die Hände gäbe. Goldings verfilmter Roman ‚Lord of the Flies‘ zeigt dies höchst eindrucksvoll; ich flüsterte:

      »Gute Frau Tiepolo, das ist ja alle schön und gut, tut aber nichts zur Sache. Der Mensch kann sich ändern. Wir müssen wissen, ob Ihr Sohn letzte Nacht, kurz nach Mitternacht, hierher zu Ihnen gekommen ist; ja oder nein?«

      »Nein, tausend mal nein!«, schrie sie aufgebracht, »wie oft soll ich Ihnen das denn noch sagen?«

      »Und wann war er letztmals hier?«, fragte di Fusco.

      »Das weiß ich nicht. Ich führe darüber nicht Buch.«

      »Sie erinnern sich also an keinen Besuch in letzter Zeit?«

      »Nein, an keinen einzigen.«

      »Ein anderes Thema«, brachte sich nun Volpe ein, »war Ihr Sohn als Kind irgendwann einmal schwer krank?«

      »Nur ein zwei Kinderkrankheiten. Er hat sie allesamt gut überstanden. Und wenn Sie mich für dumm verkaufen wollen, großer Detektiv, dann sind Sie auf dem Holzweg. Sie wollen doch nur hören, dass mein Raimondo seit irgendeiner Erkrankung geistesgestört ist, oder nicht?«

      Volpe schwieg. Ich sah ihn leicht erröten. Er hatte gegen die kluge Frau den Kürzeren gezogen. Marcello mischte sich nun ein und nahm das Heft in die Hand:

      »Ihr Sohn hat eine gewisse Contessa Cornelia di Malatesta geheiratet. Das war vor fünf Jahren. Seine künftige Frau war damals bereits, äh, vierunddreißig Jahre alt, eine ungewöhnliche Verbindung, denke ich, nicht wahr? Und wie alt waren Sie, verehrte Signora Tiepolo, damals, als diese Ehe geschlossen wurde?«

      »Dreiunddreißig. Ich bin eine sehr junge Mutter.«

      »War Ihr Mann, il macellaio (Metzger) signore Tiepolo, damals schon tot? Wenn ja, woran ist er gestorben?«

      »Schon seit zwei Jahren. Man hatte mich an einen alten Knacker verschachert. Ich habe ihn gehasst. In Gedanken ekle ich mich noch heute vor ihm ob seiner widerlichen Gelüste.«

      »Woran ist er gestorben?«

      »Er hat verdorbenes Fleisch gegessen, rohes Fleisch, wie das als ‚macellaio‘ seine abscheuliche Gewohnheit war. Als Fleischermeister hätte er es besser wissen müssen, aber er war nicht allzu intelligent, nein, er war ein Dummkopf.«

      Volpe warf mir einen bestimmten Blick zu. Ich wollte etwas sagen, aber er hielt sofort den Finger vor die Lippen, und schon setzte Marcello das Verhör fort:

      »Gab es dazu eine Untersuchung? Eine Obduktion?«

      »Nein, natürlich nicht. Der Hausarzt stellte den Totenschein aus, das war’s. Wen in aller Welt kümmert es schon, wenn ein ältlicher Metzger abkratzt? Zu alltäglich für die Regenbogenpresse. Mein Sohn und ich haben ihm nicht nachgetrauert. Wir haben ihn einäschern lassen, und dann hatte ich die Chance, meinen Raimondo in den Adel aufsteigen zu lassen.«

      Volpe grinste bei ihren Worten so boshaft wissend, als ob er der Frau einen Giftmord unterstellte, den zu ahnden man damals leider versäumt hätte. Die Signora bemerkte das und nickte ihm bitterböse lächelnd zu, als wollte sie sagen, dass es nun leider für ein Verfahren zu spät sei. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter. Für fünfzehn Sekunden herrschte tiefes Schweigen, unterbrochen nur vom Hacken der Standuhr. Dann nahm Marcello das Wort:

      »Wie alt war Ihr Mann, als er starb.«

      »Fünfundfünfzig.«

      »Dann war er ja um Jahre älter als Sie.«

      »Man hat mich nicht gefragt, ob ich ihn heiraten wollte. Ich hatte keine Eltern mehr, und meine geldgierige Verwandtschaft, diese widerlichen Schweine, wollte mich versorgt sehen.«

      Marcello schüttelte bedauernd den Kopf:

      »Nun, lassen wir dieses Thema, lassen wir die Toten ruhen und kommen wir auf die Hochzeit Ihres Sohnes zurück: Waren Sie damit einverstanden, dass er diese Frau heiratete, diese Contessa Cornelia di Malatesta aus Rimini?«

      »Bedauerlicher Weise ja. Ich habe mich sogar dafür stark gemacht, in meiner damaligen Verblendung.«

      »Haben Sie diese Eheschließung sogar arrangiert?«

      »Gewiss! Cornelia stammte aus einer steinreichen Adelsfamilie. Raimondo hatte sich erstaunlicher Weise in die Giftschlange verliebt. Sie war seine erste und einzige Geliebte. Aber das hat heutzutage nichts mehr zu sagen.«

      »Darf ich davon ausgehen, dass Sie von Ihrer, äh, Schwiegertochter, äh, bitter enttäuscht sind?«

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