Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk
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СКАЧАТЬ anrief. Mittlerweile wussten schon viel zu viele Leute über seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort Bescheid.

      Da er nun schon mal im Westen ist, befriedigt er ein gewisses Nachholbedürfnis nach Service und Luxus bei einem Abendessen im Kempinski, und erst nachdem er das opulente Vergnügen noch mit einer bauchigen Monte-Christo-Zigarre gekrönt hat, verschwindet er reichlich spät am Abend wieder in Richtung Marzahn.

      *

      „Major Meißner hat das hier für Sie abgegeben. Hat lange auf Sie gewartet!“

      Hauptkommissar Benedict entzieht sich den vorwurfsvoll-neugierigen Augen des Objektleiters durch schnelle Flucht auf sein Zimmer. Was das nun wieder wird? Ein Dienstumschlag des Präsidiums. Und auch noch hochoffiziell versiegelt. Mensch, Meißner! Dann bricht er das Siegel auf.

      10

      Die Spiele Deutschland gegen Holland waren die einzigen, für die sich der ansonsten Fußball abstinente Benedict wirklich interessierte. Meist arten sie in eine Art von Stellvertreterkrieg auf dem Sportplatz aus. Geführt von den verbissen kämpfenden Mannschaften und den monstermässig auftretenden Anhängerscharen beider Seiten. Der Hauptkommissar hatte oft darüber nachgedacht, worin die erbitterte Rivalität ihre Ursache haben mochte, fünfzig Jahre nach Kriegsende. Denn jene, die da laut „deutsche Faschisten" brüllten, konnten an diese Zeit keine eigenen Erinnerungen haben, aus denen sie ihren Vorrat an Hass speisen konnten. Vielleicht war ja auch einfach die geographische Nähe Schuld daran. So wie manch langjährige Nachbarn unerbittliche Fehden über den Gartenzaun hinweg austragen. Man kennt sich halt zu gut.

      Als jetzt der niederländische Spieler Frank Rijkaard dem deutschen Völler als Höhepunkt einer längeren Auseinandersetzung ins Gesicht spuckt, ist es mit Benedicts distanzierter Gelassenheit vorbei. So was kennt er vom American Football nicht.

      „Alte Pottsau!“, bricht es mit zorngeschwellter Ader aus ihm heraus. Zum Glück ist er an diesem Sonntag allein mit sich und seinem wütenden Gebrüll im Fernsehraum des VP-Heims. Und wahrscheinlich auch zum Glück für die Gesundheit vieler passionierter Fußballfans geht das Spiel in Mailand dann 2:1 für das Team der BRD aus.

      Nein, er war nicht raus nach Rauchfangswerder gefahren, um mit Meißner über den brisanten Inhalt des Umschlags zu sprechen. Obwohl der ihn dazu in dem kurzen Begleitschreiben ausdrücklich eingeladen hatte. Aber er hätte sich erst seinen Wagen aus dem Hof des Präsidiums an der Beimler-Straße holen müssen und dann ... es gab soviel zu bedenken. Er hat sich nochmals mit Dean Sangers offizieller Erfolgsstory beschäftigt, aber viel mehr, als dass ihn auch die Menschen in der Sowjetunion geliebt haben müssen und dass er statt Alkohol lieber Spreequell Citrus trank, hat er nicht erfahren. Sicher hat er zu den Guten gehören wollen. Wollten Amerikaner ja immer. Aber seine US-Staatsangehörigkeit hat er wohlweislich nie aufgegeben.

      Aber das alles ist mittlerweile ohne Belang. Die Sache scheint jetzt wirklich erledigt zu sein. Es bleibt ein ziemlich ekliger Nachgeschmack. Sicher eine menschliche Tragödie für ihn selbst und für viele, die ihm nahestanden. Aber eben nur das.

      Diesmal hatte sich Meißner gegen mögliche Einwände des West-Polizisten von vornherein abgesichert und der Kopie von Dean Sangers Abschiedsbrief gleich ein Gutachten über umstrittene Schreibleistungen der Abteilung Kriminaltechnik beim Präsidium der Volkspolizei Berlin beigefügt. Unter dem Datum 19.06.1986 kam ein Sachverständiger für Handschriftenuntersuchung und Hauptmann der K - Benedict erinnert sich, was Meißner ihm dazu gesagt hatte - im Endergebnis zu der Schlussfolgerung: Die umstrittenen Schreibleistungen (Blatt 1-15) stammen von Dean Sanger, geb. am 22.09.1938! Die Kopie von Dean Sangers Abschiedsbrief hatte von Seite zu Seite größere Beklemmungen bei Benedict verursacht, und manches Mal hatte er sich zum Weiterlesen zwingen müssen. Sicher, er hatte die politische Naivität des Amerikaners belächelt und seine künstlerischen Qualitäten niedrig eingeschätzt, aber doch hatte sich insgeheim auch etwas wie Bewunderung für die Konsequenz dieses Lebensweges in seinem Innersten entwickelt. Und dann so etwas. Eine derart peinliche Art und Weise, andere für die eigenen Unzulänglichkeiten verantwortlich machen zu wollen, ihnen gar die Verantwortung für seinen Freitod aufzubürden ... was für ein krankes Hirn konnte so etwas ersonnen haben?

      Mein Tat hat nichts mit Sozialismus und Genossen zu tun ... Ich wollte zu Dir in Frieden mit Katarina Sonntag kommen, aber als ich Heute abend zurück aus Defa kam ... Katarina fang an

      mich an zu schrein dass ich nur ein Showman bin und es war nur ein „Show“ von mir. Ich habe sie gebidden mich in ruhe zu lassen, aber sie hat immer weiter angeschrien, dass ich war nur ein schlechter Amerikanischer Showman-

      Der Brief war mit der Hand auf die leeren Rückseiten eines Schreibmaschinentextes geschrieben worden. Dieser Text hatte sich deutlich durchgedrückt, und Benedict hatte vor dem Spiegel feststellen können, dass es sich um ein Filmscript handelte.

      Sie quält mich und Foltert mich seit Wochen weil sie is Krank eifersegtig über alle Leute die ich Liebe oder die mich lieben aber besonders meine ehemalige Frau und mein Tochter. Ich liebe Katarina Trotz ihre Krankheit, aber ich kann kein Weg finden aus von meine Problem. Ich muss ein schweres, wichtiges Film drehen in eine Woche - mit Katarina kann nichts gut gehen wenn sie mich ständig anschreit, dass ich nur ein Showman bin und keine Mut habe mich selbst umzubringen. Sie hat mich schon genug verletzt, muss ich auch das hören bis mein Tod?

      War es nur unbegründete Eifersucht gewesen, fragte sich Benedict an dieser Stelle des Briefes, oder hatte sie gemerkt, dass Dean Sanger sie Richtung USA verlassen wollte. Hatten vielleicht andere das auch bemerkt und sie gedrängt, ihren Einfluss auf ihn dahingehend geltend zu machen, dass er dieses Vorhaben wieder aufgab?

      Ich wollte bis der Tod uns scheidet mit Katarina leben - aber Sie hat mich umgebracht - Tag für Tag. - Und Heute mir zu sagen, dass ich zu feige bin mich umzubringen, is zu weit... weil sie wird wieder so machen.

      Was für ein widerliches Vermächtnis. „Sie hat mich umgebracht.“ Dieser Mensch musste von Sinnen gewesen sein.

      Katarina brauchte für ihre Ego nur die berühmtesten männer - und sie hat es geschafft und sie dann hat uns alle vertig gemacht... es tut mir leid dass ich nicht mit mein Freund Victor gefallen bin. Aber jeder hat sein eigenes Schicksall... Gerhard - du warst immer ein Treuer Freund - Hass mich bitter nicht. Ich war am ende Gestern - Und alles wäre besser geworden wenn Katarina hätte schon Heute nicht angefangen mich als Feigling zu nen ... Sie sagte dass Du hast gesagt, das dass war „Show“ gestern. Ich bin sicher sie lügt wie immer wenn Sie mich von meine Freunde trennen will... Lebt wohl - Meine Liebe geht an meine Mutti die ich so liebe und war so ein Vorbild für mich. An Ramona meine Tochter ... ich umarme Dich - Dean Sanger 12/6/86

      Nachdem der Hauptkommissar Sangers Brief gelesen hat, kam er sich wie ein Voyeur vor. Sicher waren in dem mit fliegender Hand und in schlechtem Deutsch geschriebenen Abschied an Mein Freund und Gen. Gerhard Felmer auch noch die fast obligatorischen Ideologiepassagen, aber sie konnten die СКАЧАТЬ