Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk
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Читать онлайн книгу Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek - Peter Schrenk страница 113

СКАЧАТЬ ick hab doch keen Alzheimer. Wat macht Ihre Birne?“

      Alles Masche. Dr. Siegfried Huber spricht normalerweise lupenreines Hochdeutsch und auch sonst ist der Beamte des Referates I 5 bei der Außenstelle Frankfurt des BUNDESAUFSICHTSAMTES FÜR DAS KREDITWESEN BERLIN mit allen Wassern gewaschen. Damals, auf Fuerte, hatte Huber ihn mit List, Tücke und Brachialgewalt aus mancher bedrohlichen Situation raus geholt, und Huber ist genau der Mann, den er in Ost-Berlin an seiner Seite haben möchte.

      „Sie haben mir doch mal gesagt, dass ich Sie anrufen könne, wann immer Not am Mann ist. Sie würden dabei sein.“

      „Und wo ist die Not am größten, mein Verehrtester?“

      „In Berlin Hauptstadt der DDR!“

      „Ausgerechnet Berlin. Sind Sie jetzt bei den Vopos gelandet?“

      „Sie kriegen auch Ihre Auslagen von mir ersetzt, falls ...“

      „Keine Rede. Wird das Amt nicht ärmer machen. Worum geht’s?“

      Diesmal hatte der Hauptkommissar nicht die obligatorische Telefonzelle hinter der Sektorengrenze angesteuert, sondern war mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln zum Bahnhof Zoo gefahren. Von dort aus hatte er sich, das feierabendliche Menschengewühl der City als Deckung benutzend, zu einem Postamt an der Marburger Straße geschlagen. Hier nun, in einer angemieteten Sprechkabine, würde er seine länger dauernden Gespräche in aller Ruhe und, wie er hoffte, ohne lästige Mithörer, durchführen können.

      Erwartungsgemäß ist auf Huber Verlass. Nachdem sie Treffpunkte, allgemeine Maßregeln und Vorgehensweisen sowie Kommunikationswege abgesprochen haben, legt Benedict erleichtert den Hörer auf und wählt dann Gansers Nummer im Präsidium Düsseldorf.

      „Naaa?“

      Ja, ja. Auch am Jürgensplatz haben die Wände Ohren, und die Mär von Benedicts Ost-Berliner Eskapaden scheint auch zu Ganser gedrungen zu sein. Unbeeindruckt davon verliest der Mann im Postamt mit monotoner Stimme die Raschke-Namen. Gerade will er mit einem nichtssagenden „und tschüss“ den Hörer wieder auflegen, als Ganser noch eine Nachricht für ihn hat.

      „Da wollte dich jemand vom WDR sprechen. Sollst ihn bei Gelegenheit zurückrufen. Hat ’ne Nummer in Köln hinterlassen!“

      *

      „Hallo, hallo! Sie haben die heißeste Musiknummer des WDR gewählt! Shoobidoo, what can I do? Jimmy Record waits for you!“

      Verdutzt hält Benedict den Hörer weiter vom Ohr weg, um dem rheinländisch eingefärbten Englisch des rappigen WDR-Plattenauflegers zu entkommen.

      „Ja ... also, sehr hübsch. Benedict. Sie hatten bei mir angerufen?“

      „Ach, Sie sind’s. Klar doch, hatte ich. Sie wollten doch vorige Woche mal was über einen Dean Sanger wissen, erinnern Sie sich?“

      „Ja?“

      „Also, ich bin dann doch mal ins Archiv gegangen und hab was für Sie gefunden. Ich mein, man weiß ja nie, ob man Sie mal brauchen kann, nich! Da haben Sie ja einen ganz lustigen Vogel ausgegraben. War ja ganz berühmt der Knilch. Allerdings nicht bei uns. Aber im Osten.“

      „Damit sagen Sie mir aber nichts Neues. Das weiß ich selbst!“

      „Cool, man, immer cool! Wir hatten da zwei Video-Kopien mit ihm rumliegen. Das eine ist so ’n Western B-Moovie, sogar mit Yul Brunner zusammen, und das Andere ist mal von CBS in Amerika gesendet worden. Hab kurz rein gesehen. So ’ne Art personality-feature mit ihm. Heißt ,60 Minutes'. Ist das was für Sie?“

      Das mit Yul Brunner hatte er schon von Ramona Sanger in Los Angeles gehört, aber „60 minutes“ ... Donnerwetter! Die Sendung mit Mike Wallace hatte in den Staaten immer die besten ratings und wer da reinkam ... das war schon was!

      „Hört sich nicht schlecht an. Können Sie mir das zuschicken... nein, besser noch, schicken Sie’s nach Frankfurt. Ich gebe Ihnen eine Adresse. Aber mit Kurier, dann ist es morgen noch da!“

      „Was tut man nicht alles für law and orderl.“

      „War es das dann?“

      „Immer langsam, sprach die Antilope, als der Löwe sie fraß! Ich hab mir noch was aus dem Archiv der Los Angeles Times auf meinen Screen geben lassen. Nur stichwortartig, bisschen back-ground-Zeugs, ist nicht viel. Hier, von 1988: ,Er war der Johnny Cash des Kommunismus, und der einzige Amerikaner, der den Lenin-Orden für Kunst erhielt. Folk-Sänger Dean Sanger wurde zum Star, nachdem er zum Kommunismus übergetreten und in den frühen sechziger Jahren nach Ost-Deutschland gezogen war ... nun wird Sangers Geschichte, die im Juni 1986 zu einem mysteriösen Ende kam, zu einem Film aufbereitet. Produzent Ed Pressman hat kürzlich die Rechte dafür von einem langjährigen Freund Sangers gekauft, der im Auftrag von Sangers Hinterbliebenen handelt...‘, blah, blah, blah ... das ist noch ganz witzig. .Einige Leute sahen in ihm einen Helden, sagte Pressmann, andere einen Verräter. Ich glaube, dass sein Leben beides war, Komödie und Tragödie ...‘ Dann habe ich da noch was Witziges von Dezember 1987. ,Ein Bundesrichter in Los Angeles wies die Klage einer Frau ab, die behauptet hatte, dass Ostdeutsche Agenten ihren Vater, einen populären Sanger im Ostblock, ermordet hätten, um seine Rückkehr in die Vereinigten Staaten zu verhindern ... Dean Sanger, verbittert über die Politik der Vereinigten Staaten während des Vietnam-Krieges ... zog nach Ost-Deutschland ... wurde sechs Wochen nachdem er seinen Wunsch nach Rückkehr in die USA in der Fernsehsendung ,60 Minutes' publik machte, tot in einem See bei Ost-Berlin aufgefunden. ... dann ist da nur noch ein etwas längerer Bericht anlässlich seines Todes, aus dem Juni 1986, aber das ist nur das Übliche ..."

      „Ist schon gut, lassen Sie mal sein.“

      „Tut mir leid, der war ja bei uns im Westen ein Flopper. Wenn ich sonst noch was für Sie tun kann ... die zwei Videos gehen dann gleich nach Frankfurt raus ..."

      Konnte der flippige Kölner sonst noch was für ihn tun? Nachdenklich starrt Benedict durch die Glasscheibe hinaus auf die Menschenschlangen vor den Postschaltern. Vage versucht sich ein Gedanke in seinem Gehirn zu artikulieren. Vielleicht...

      „Herr Benedict? Sind Sie noch dran?“

      „Ja, ja... wenn ich Sie noch um einen weiteren Gefallen bitten dürfte?“

      „Und das wäre?“

      „Sie haben doch bestimmt irgendwelche Kontakte zur amerikanischen Musikszene...“

      „Klar haben wir da so ’n paar connections. Müssen ja auf dem Laufenden sein!“

      „Das hat auch was mit Dean Sanger zu tun. Da muss es irgendeine Managerin geben, die in Amerika seine Rückkehr vorbereiten wollte. Von der weiß ich aber nur den Vornamen: Dixie. Würde gerne mehr über die in Erfahrung bringen. Meinen Sie ...?“

      „Für einfache Sachen sind Sie nicht zu haben, was? Nur den Vornamen! Was ich machen kann, ist, mal ein paar Kollegen bei Szene-Magazinen anzuzapfen. ,Rolling Stons, ,Melodymaker‘ oder ,Variety', vielleicht. Möglich, dass ich da was raus finde. Ich ruf Sie wieder an, wenn ich was weiß!“

      Nur kurz hatte Benedict mit dem Gedanken gespielt, dem WDR-Mann die Telefonnummer СКАЧАТЬ