Название: Jenseits des Spessarts
Автор: Günter Huth
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783429064822
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Sie zuckte mit den Schultern. „Die Chemotherapie schlaucht sie schon gewaltig. Sie hat kaum Appetit. Sie schläft viel. Der Professor meint, das würde ihr helfen Kraft zu schöpfen. Wenn man ihm Glauben schenken kann, verträgt sie die Chemo ganz gut und es sei schon gelungen, das Wachstum der Krebszellen etwas zu bremsen.“
„Das ist ja schon mal eine gute Nachricht!“ Kerner musterte den Infusionsbeutel, der an einem Ständer neben dem Bett hing und über einen Schlauch eine Flüssigkeit in ihre Venen tropfte.
„Ist das …?“
Theresa verstand ihn, ohne dass er es aussprach.
„Nein, das ist keine Chemikalie. Es handelt sich um eine Lösung, die ihre Kräfte unterstützen soll.“
„Hast du schon etwas vom Typisierungsergebnis gehört?“ Da Clara mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne einen Knochenmarkspender nicht auskommen würde, hatten sich Mutter und Vater sofort nach der Ankunft in der Klinik auf ihre Eignung als Spender untersuchen lassen. Außerdem lief eine Anfrage bei der zentralen Datenbank für Knochenmarkspender.
„Nein, leider noch nicht. Es würde im Augenblick auch noch nicht gehen, da ihr Immunsystem erst völlig heruntergefahren werden muss, damit es eine Spende nicht abstößt.“
Simon Kerner setzte sich auf einen anderen Stuhl. Gemeinsam betrachteten sie ihr Kind, das in seinen jungen Jahren schon einen Kampf ausfechten musste, den oft ein Erwachsener nicht bestand.
„Wenn du mal gerne an die frische Luft gehen möchtest, dann geh nur. Ich bin ja jetzt da.“ Er nickte Theresa auffordernd zu. Sie zögerte einen Moment, dann meinte sie: „Nicht weit von hier ist ein großer Supermarkt. Ich könnte wirklich ein paar Dinge brauchen, Hygieneartikel und so. Außerdem geht mir langsam die Wäsche aus. Das Krankenhaus wäscht mir meine Sachen gegen eine Gebühr dankenswerterweise mit, wenn ich sie entsprechend markiere.“
„Geh nur, wie gesagt, ich bin da.“
Man konnte Theresa anmerken, wie schwer es ihr fiel, sich vom Krankenbett ihrer Tochter zu entfernen. Kerner stand auf und nahm sie in den Arm. Schließlich ging sie leise zur Tür und schlich sich hinaus. Kerner setzte sich auf das zweite Bett im Zimmer, das Theresa benutzte. Er zog seine Schuhe aus und lehnte sich bequem zurück. Auf der Seite liegend versank er in der Betrachtung seines Kindes, das mit blassem Gesicht in den Kissen lag. In Gedanken sah er sie lebenslustig, laut lachend über den Hof der Rangerstation toben. Rex, verspielt wie ein Welpe, immer um sie herum. Die Ranger waren ihr alle verfallen gewesen und ließen sich von ihr herumkommandieren. Während er so sinnierte, sank ihm der Kopf auf das Kissen und er fiel in einen flachen Schlummer.
Er schreckte hoch, als es an die Tür klopfte. Er richtete sich auf. Dr. Herbert Jansen, der Oberarzt, kam herein. Er warf Clara einen aufmerksamen Blick zu. Das Kind war nicht aufgewacht.
„Guten Tag, Herr Kerner, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie aufgeweckt habe, aber ich wollte Ihnen die positive Nachricht gleich persönlich überbringen …“
Simon Kerner sah ihn aufmerksam an. Jegliche Müdigkeit war verflogen.
„Ihre Frau ist …?“ Der Arzt sah Kerner fragend an.
„Sie ist nur mal kurz an die frische Luft“, erklärte er, „sie muss jeden Moment zurückkommen.“ Er hatte noch nicht ausgesprochen, als die Tür aufging und Theresa leise eintrat. Als sie Dr. Jansen sah, erschrak sie. Sie versuchte die Mienen der beiden Männer zu lesen. Ein besorgter Blick ging zu ihrem Kind.
„Ist etwas mit Clara?“, fragte sie, während sie ihre Einkaufstüte in der Ecke auf dem Boden abstellte.
„Nein“, gab Kerner zurück, „aber Dr. Jansen wollte uns gerade eine Nachricht überbringen.“
„Ja“, klinkte sich der Arzt ein, „wir haben soeben die Laborergebnisse der Typisierung bekommen.“ Er legte eine kleine Kunstpause ein, dann sah er Theresa direkt an und lächelte: „Ich kann Ihnen gratulieren, Frau Schönbrunn, Sie als Mutter sind mit Ihrer Tochter kompatibel und kommen daher als Spenderin in Frage!“
Für einen Augenblick herrschte in dem Krankenzimmer völlige Ruhe, die nur von dem leisen Piepsen des Infusionsapparats unterbrochen wurde. Theresa und Simon waren derartig geschockt, dass es ihnen die Sprache verschlagen hatte.
„… und da gibt es keinen Irrtum?“, wollte Theresa wissen, die ihr Glück nicht fassen konnte. Sie griff nach der Hand Simons und drückte sie mit voller Kraft.
„Nein, das Ergebnis ist definitiv positiv“, versicherte der Arzt. Er sah Simon Kerner an. „Bei Ihnen ist es leider negativ.“ Er hob bedauernd die Schultern. „Aber wir haben jetzt eine reelle Chance, Clara helfen zu können. Glauben Sie mir, so schnell einen Spender zu finden, ist wirklich nicht die Regel, eher die seltene Ausnahme.“
Als sich Theresa und Simon in die Arme nahmen, lächelte er leise und verließ das Krankenzimmer. Solche glücklichen Momente waren in seinem Beruf leider nicht die Tagesordnung.
Als sich die beiden eine Minute später wieder voneinander lösten, waren beide tränenüberströmt.
„Warum weint Ihr?“, kam die leise Stimme von Clara. Sie war offenbar aufgewacht. Sie hatte in den letzten Wochen viele Tränen ihrer Mutter erlebt, auch wenn diese sich sehr bemühte, sich nichts anmerken zu lassen.
Theresa setzte sich zu ihr ans Bett, strahlte sie an und nahm sie in die Arme. „Mein Schatz, wir haben gerade eine ganz wunderbare Nachricht von Dr. Jansen bekommen. – Stell dir vor, ich komme für dich als Knochenmarkspenderin in Frage!“
Clara sah ihre Mutter mit großen Augen an. Mittlerweile waren ihr trotz ihrem Kindsein viele Details ihrer Krankheit bekannt und sie wusste, dass das, was da in ihrem Körper wütete, eine gefährliche Krankheit war.
„Werde ich dann wieder gesund?“
„Ja, du wirst wieder gesund!“, erwiderte Kerner im Brustton der Überzeugung. Es machte keinen Sinn, das Kind mit den vielen Unwägbarkeiten, die noch auf dem Weg zu ihrer Genesung warteten, zu belasten.
Kerner blieb noch eine Stunde, dann eilte er zu seinem Wagen und machte sich auf den Heimweg zu Brunners Wohnung. Er musste jetzt einige Telefonate erledigen und dann anschließend ein paar Wohnungen ansehen, um ihre Existenz hier in der Heimat auf sichere Füße zu stellen. Er wollte seinem Freund nicht länger als unbedingt notwendig zur Last fallen. Innerlich war er sehr froh!
Zwei Tage später
Simon Kerner war fast den ganzen Tag in Würzburg unterwegs gewesen und hatte sich Wohnungen angesehen. Jetzt kam er gerade vom Krankenhaus. Er hatte Theresa einige Sushi-Leckerbissen mitgebracht, um das Krankenhausessen etwas aufzupeppen. Bei allem Stress war es ihm wichtig, Zeit mit seiner Familie zu verbringen und Clara zu zeigen, dass ihr Papa für sie da war. Da es ihr aufgrund der durchzuführenden Chemotherapie in Abständen immer wieder schlecht wurde, war das Kind sehr anhänglich, brauchte Streicheleinheiten und wollte immerzu kuscheln.
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