Название: Jenseits des Spessarts
Автор: Günter Huth
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783429064822
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„Bleib ganz ruhig“, versuchte er auf ihn einzuwirken, während er zum Telefon griff und die Notrufzentrale anwählte. „Es ist gleich Hilfe unterwegs!“
Nachdem er den Notruf abgesetzt hatte, wählte er sofort die Nummer von Eberhard Brunner.
„Eberhard, ich wurde in deiner Wohnung angegriffen“, rief er ins Handy. „Einen der Kerle habe ich in Notwehr erschossen, der andere wurde von seinem eigenen Mann schwer verletzt. Was soll ich machen? Soll ich die Mordkommission verständigen? Das muss ja polizeilich aufgenommen werden.“
Brunner brauchte einen Augenblick, um die Nachricht zu verdauen, dann erwiderte er: „Das ist ja Wahnsinn! Bist du in Ordnung?“ Kerner beruhigte ihn. „Bleib einfach vor Ort“, fuhr Brunner dann fort, „ich werde alles Weitere veranlassen.“
Der Notarzt war zuerst da. Ihm folgte im kurzen Abstand ein Rettungswagen. Da Lebensgefahr bestand, wurde der überlebende Angreifer sofort in die Notaufnahme des Zentrums für Innere Medizin des Universitätsklinikums eingeliefert. Wenig später folgte die alarmierte Mordkommission unter KHK Kauswitz, in deren Gefolge die Spurensicherung und die Rechtsmedizin. Die Straße rund um die Wohnung Brunners war total verstopft, zwei Streifenwagenbesatzungen leiteten den Verkehr um.
Kauswitz saß mit Kerner in der Küche von Brunners Wohnung und führte die erste Vernehmung. Kerner war ihm kein Unbekannter. Kauswitz war damals bei den Ermittlungen um den Tod von Steffi, Kerners damaliger Lebensgefährtin, beteiligt gewesen. Kerner hatte die Dönerbox zur Seite geräumt. Während der Aussage von Kerner kam Brunner herein.
„Ist mit dir alles in Ordnung?“, wollte er besorgt wissen. Kerner beruhigte ihn. Nachdem er den gesamten Ablauf nochmals in allen Einzelheiten geschildert hatte, gab es für Brunner nur einen Schluss.
„Dieser Überfall galt mir. Davon bin ich überzeugt. Wenn vielleicht nicht direkt meiner Person, dann doch zumindest indirekt als Botschaft an mich.“ Er stand auf und sah durch die Tür ins Wohnzimmer hinaus. „Es ist dir klar, dass du in den nächsten Tagen hier nicht wohnen kannst, das ist ein Tatort und wird versiegelt werden, bis die Kollegen fertig sind.“
Simon Kerner sah Kauswitz an. „Wie lange wird die Wohnung nicht betretbar sein?“
„Ich denke, drei Tage, dann können wir sie wieder freigeben.“
„Dann gehst du so lange in ein Hotel“, erklärte Brunner. „Ich werde das organisieren.“
„Wir benötigen dann auch noch ein offizielles Protokoll“, stellte Kauswitz fest. „Es ist zwar offensichtlich, dass es sich hier um Notwehr handelt, trotzdem müssen wir eine Anzeige aufnehmen.“
Kerner nickte. Er war Jurist und das Prozedere war ihm bekannt.
*
Safar ibn Abdallah al-Hilabar lief außer sich vor Wut in seinem Arbeitszimmer auf und ab und tobte. Er hatte diese Aktion in der Sanderau angeordnet und war sich dabei sehr raffiniert vorgekommen. Eine deutliche Botschaft als Beginn eines Drohpotentials, das man bei Bedarf, Stück für Stück sich steigernd, abspielen konnte. Stattdessen jetzt dieses Desaster! Omar tot, sein Sohn schwer angeschossen. Einer der Sanitäter des Rettungswagens zeigte sich gegen ein kleines Honorar sehr redefreudig. Offenbar hatten sie diesen Kerner total unterschätzt. Oder seine beiden Sendboten hatten sich angestellt wie die letzten Anfänger. Omar war tot. Das war bedauerlich und würde zur gegebenen Zeit gerächt werden. Das Problem war Karim. Der Junge war zwar schwer verletzt, aber seine Mutter hatte die Auskunft erhalten, dass er die Operation wohl überleben würde. Es war ein Fehler gewesen, dass Omar ohne seine Zustimmung den Jungen zu dieser Aktion mitgenommen hatte. Er hatte seine Zweifel, ob Karim der trickreichen Vernehmung durch erfahrene Kriminalbeamte standhalten würde. Die Frage, wie viel Informationen Omar seinem Sohn weitergegeben hatte, war im Augenblick nicht zu beantworten. Safar pflegte derartige Probleme rational anzugehen. Für solche Probleme gab es Achmed. Achmed hatte längere Zeit für eine Spezialeinheit im Irak gekämpft und war mit allen Mitteln der Problembeseitigung vertraut. Safar hatte ihn aufgenommen, weil er trotz seines Saubermannimages, das er sich in den letzten Jahren angeeignet hatte, hin und wieder doch einen Mann fürs Schmutzige benötigte.
Der fensterlose Raum hatte ungefähr fünfundzwanzig Quadratmeter, war rechteckig und einschließlich Boden völlig weiß gekachelt. In der Mitte des Bodens konnte man einen versenkten Ablauf in einen Kanal erkennen. An der Decke hing eine Klimaanlage, die auch als Absaugeinrichtung fungieren konnte. An einer Längsseite stand ein durchgehender Metalltisch. Über dem Tisch verbreitete eine Reihe Neonröhren ein fast blendendes Licht.
Fast lautlos öffnete sich eine Tür an der einen Schmalseite und ein kräftiger Mann mittleren Alters mit kurzen schwarzen Haaren und Vollbart trat ein. Der Bärtige hatte einen stabilen Holzstuhl mit Lehne dabei, den er über den Gully in der Mitte stellte. Die Sitzgelegenheit war eine Spezialanfertigung, beste Schreinerarbeit. An den Armauflagen, den Beinen und der Lehne befanden sich stabile Gurte mit Metallschließen. Wie es aussah, hatte hier ein Elektrischer Stuhl Modell gestanden. Danach betrat er die Tiefgarage und klopfte an die Schiebetür eines Mercedes Sprinters, der gerade eben eingefahren war. Ein Typ mit Glatze und Piercings im Ohr öffnete.
„Kann’s losgehen?“, fragte er.
„Bringt ihn rein“, befahl der Bärtige.
Der Glatzkopf sprang aus dem Wagen und drehte sich zum Führerhaus um. Ein zweiter Mann, genauso kahlköpfig, packte dort einen dritten, der auf dem mittleren Sitz in sich zusammengesunken lag, vorne am Hemd und zerrte ihn unsanft in eine sitzende Position.
„Der Kerl ist noch total weggetreten“, stellte er fest.
„Ich hoffe, er kommt schnell zu sich“, äußerte der Bärtige, „sonst kann es Ärger geben.“
„Keine Sorge, ein paar aufmunternde Worte und er ist wieder topfit.“ Er lachte keckernd.
Die beiden packten den schlanken, dunkelhaarigen, etwa ein Meter achtzig großen Mann an den Armen und zerrten ihn aus dem Sprinter. Einer schlug die Schiebetür zu, dann nahmen sie den Mann zwischen sich und betraten den Gang in Richtung Kellerraum. Drinnen schleppten sie den betäubten Mann zu dem Stuhl.
„Zieht ihn aus!“, befahl der Bärtige. Ohne Zögern riss ihm der eine die Kleidung vom Leib, während ihn der andere festhielt.
„Anbinden!“
Die beiden Kahlköpfe setzten ihn jetzt richtig auf den Stuhl und führten den breiten Gurt über seine Brust, damit er nicht vom Sitz herunterrutschen konnte. Seine Hände gurteten sie an den Armlehnen fest, seine Unterschenkel an den Stuhlbeinen. Während der ganzen Prozedur hing ihm der Kopf haltlos auf die Brust, aus seinem Mund lief Speichel.
„Was jetzt?“, wollte einer der Glatzköpfe wissen.
„Wir wecken ihn auf!“, erwiderte der Bärtige. „So kann Mustafa al-Asmani jedenfalls nichts mit ihm anfangen.“ Er stellte sich vor den Gefangenen und gab ihm ein paar klatschende Ohrfeigen. Sein Kopf pendelte dabei haltlos hin und her und aus seinem Mund kam halblaut ein weinerlicher Ton, ansonsten veränderte sich nichts. Der Bärtige zuckte mit den Schultern. Das war ziemlich sinnlos.
Er СКАЧАТЬ