Название: Jenseits des Spessarts
Автор: Günter Huth
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783429064822
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Theresas Gesicht überzog ein Hoffnungsschimmer.
„Simon, das ist ein Wink des Schicksals. Durch dieses Angebot gewinnen wir mindestens zwei Tage. Bitte ruf ihn an und sag ja!“
Am nächsten Morgen rief Kerner McArthur an und nahm das Angebot dankend an. Bittere Tränen gab es, als Kerner seiner Familie mitteilen musste, dass man Rex nicht mitnehmen konnte. Theoretisch gab es zwar die Möglichkeit, aber es war nicht möglich, in der kurzen Zeit bis zur Abreise alle Formalitäten für den Rüden zu erledigen. Nachdem Rex aber auch Richard, seinen Nachfolger, als Bezugsperson anerkannte, beschloss er, den Rüden bei ihm zu lassen. Der Hund war an ein freies Leben im Camp und im Busch gewohnt und würde in einer Wohnung in der Stadt verkümmern. Am Tag der Abreise unternahm Richard mit Rex eine längere Kontrollfahrt durch den Busch. Etwas, was er schon häufiger praktiziert hatte und wobei Rex immer freudig mitgegangen war. Als Richard den Rüden diesmal aufforderte in den Jeep zu springen, verweigerte er den Gehorsam und hielt sich dicht an Kerner. Erst als Simon Kerner ihm streng befahl einzusteigen, fügte er sich. Den Blick, den der Rüde ihm zuwarf, als der Jeep vom Hof fuhr, würde Kerner nie vergessen. Wahrscheinlich war das eine Trennung auf Dauer. Clara hatten sie gesagt, Rex würde bald nachkommen. Womit sich das Mädchen nach vielen Tränen trösten ließ.
Simon Kerners Blick ging suchend in Richtung Flughafenterminal. Sie hatten einen Krankentransport vom Flughafen zur Uniklinik in Würzburg organisiert. Zu ihrer Freude erfuhren sie, dass bei kleineren Kindern die Mutter mit im Krankenzimmer übernachten durfte. Dieses Angebot wollten sie natürlich annehmen, zumal sie ja noch keine Wohnung hatten. Clara würde so vom ersten Tag an eine kompetente ärztliche Rundumversorgung bekommen und war nicht dem Stress der Trennung von ihrer Mutter ausgesetzt. Damit war auch das Problem der Wohnungssuche nicht mehr ganz so brandeilig. Eberhard Brunner bot Kerner an, so lange in seiner Wohnung zu leben, bis er etwas Geeignetes gefunden hatte. Durch die Aufstellung der Soko und die damit verbundenen organisatorischen Anstrengungen würde Brunner sowieso häufig unterwegs sein. Brunner hatte es sich aber nicht nehmen lassen, den Freund und sein Gepäck vom Flughafen abzuholen.
Da entdeckte Kerner, vom Terminal kommend, einen Transporter heranfahren. Das Zeichen des Roten Kreuzes war schon von der Ferne aus zu erkennen.
Der geräumig Rettungswagen hielt neben dem Flugzeug und zwei Rettungsassistenten stiegen aus. Sie stellten sich kurz vor, dann fragte der Ältere: „Es soll um den Transport eines kleinen, an Leukämie erkrankten Mädchens gehen. Wie ist ihr Gesundheitszustand? Ist sie ansprechbar?“ Er warf einen Blick zur Flugzeugluke.
Kerner erläuterte ihm den Gesundheitszustand seiner Tochter. „Sie ist häufig matt und schläft viel. Sie hat auch den Flug weitgehend verschlafen.“
„Okay“, stellte er fest. „Dann wollen wir sie mal holen.“ Er gab seinem Kollegen einen Wink. Der ging zum Heck des Wagens und öffnete die Doppeltür. Gemeinsam zogen die beiden Männer eine fahrbare Liege heraus, die sie aufklappten. In dem Augenblick erschien Theresa oben in der Luke und sah auf Kerner herab.
„Sie ist wach“, erklärte sie halblaut.
Simon Kerner legte dem älteren der beiden Sanitäter seine Hand auf den Arm. „Warten Sie. Wenn Sie damit einverstanden sind, werde ich Clara selbst aus dem Flugzeug heraustragen. Der Flug und die ganzen Erlebnisse der letzten Zeit haben sie ziemlich angegriffen.“
„Das geht selbstverständlich in Ordnung.“
„Gut, dann gehe ich jetzt rein und hole sie. Meine Frau wird ja bei Clara mitfahren?“
„Selbstverständlich“, erwiderte der jüngere der beiden. Kerner sprang die paar Stufen zum Flieger hinauf.
Clara lag bleich auf dem umgeklappten Sitz. Theresa saß dicht bei ihr und strich ihr mit der Hand über die Stirn. Clara hatte wieder deutlich fühlbar erhöhte Temperatur.
„Schatz, wir sind schon in Deutschland gelandet“, erklärte sie ihrer Tochter, die gerade ausgiebig gähnte. „Du hast fast den ganzen Flug verschlafen. Wie geht es dir?“
„Wo ist Daddy?“, wollte sie wissen.“
„Hier bin ich“, sagte Kerner und trat einen Schritt nach vorne. „Draußen wartet schon ein Wagen, der Mama und dich nach Würzburg bringt. Komm, mein Schatz, ich nehme dich auf den Arm und trage dich raus.“
„Müssen wir lange mit dem Auto fahren? Werden wir da auch Tiere sehen?“
Simon Kerner musste etwas schmunzeln. „Nein, Clara, größere Tiere werden wir hier nicht sehen. Vielleicht ein paar Vögel. Die Fahrt dauert höchstens eine gute Stunde, dann sind wir da.“ Obwohl sich Clara sicher das Zeitmaß Stunde nicht wirklich vorstellen konnte, gab sie sich zufrieden und ließ sich von ihrem Vater auf den Arm nehmen. Im Vorbeigehen winkte das Mädchen den beiden Piloten und der Stewardess zu, die im vorderen Teil der Kabine standen und zurückwinkten. Kerner und Theresa bedankten sich bei der Crew, dann traten sie auf die Treppe des Fliegers hinaus.
Als Kerner die erste Stufe betrat, sah er blinkendes Blaulicht, das sich vom Terminal her näherte. Wenig später kam mit Schwung ein schwarzer SUV neben dem Rettungswagen zum Stehen. Der Motor und das Blaulicht erloschen, dann wurde die Fahrertür aufgerissen und Eberhard Brunner sprang heraus. Kerner war mittlerweile freudig die restlichen Stufen hinuntergestiegen.
Mit dem Kind auf dem Arm wandte er sich Brunner zu. „Hallo, lieber Freund, ich grüße dich! Schön, dass du kommen konntest!“ Er warf einen Blick auf den SUV. „Aber warum denn nicht gleich mit Sirene …?“
Der grinste und erwiderte: „Da haben so ein paar Sonntagsfahrer gemeint, sie müssten mir im Weg herumzuckeln. Ein bisschen Heulton und schon waren sie wach!“ Er lachte. „Wenn man schon die Möglichkeit hat … Nicht ganz legal, aber wer viel fragt, bekommt viele Antworten …“
Die beiden klopften sich gegenseitig zur Begrüßung auf die Schulter. Es war jetzt fast drei Jahre her, dass Brunner in einem Urlaub Kerner im Nationalpark besucht hatte. Dann betrachtete er Clara, die ihn mit großen Augen musterte.
„Hallo Clara, du bist aber groß geworden. Ich bin der Onkel Eberhard …, aber du wirst dich nicht mehr an mich erinnern. Da warst du noch ganz klein.“ Dann nahm er Theresa herzlich in den Arm.
„Ich hätte mir gerne ein Treffen unter anderen Vorzeichen gewünscht.“ Sie nickte und hatte Mühe, die Tränen zu unterdrücken.
Der ältere Rettungsassistent näherte sich und räusperte leise. „Ich denke, wir sollten langsam los. Wir werden schon im Krankenhaus erwartet.“
„Aber selbstverständlich, Sie haben recht“, gab Kerner zurück. „Wissen Sie, wir haben uns nur schon lange nicht mehr gesehen …“
Kerner gab Clara einen Kuss, dann hob er sie auf die Liege, wo sie in sitzender Position in den Wagen geschoben wurde. Einer der Männer sicherte sie mit zwei Gurten. Theresa verabschiedete sich von Kerner ebenfalls mit einem Kuss, dann stieg sie ein und setzte sich auf den Sessel neben ihrer Tochter. Das Letzte, was Kerner von seinen beiden Frauen sah, waren zwei winkende Hände. Einen Moment später rollte der Rettungswagen vom Rollfeld.
Kerner und Brunner luden die Gepäckstücke in den Kofferraum und auf die Rückbank des SUV, dann fuhren auch sie los.
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