Ein Buch für Keinen. Stefan Gruber
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Название: Ein Buch für Keinen

Автор: Stefan Gruber

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783347043282

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      Inflation, Deflation und der Einfluss der Notenbanken

      Für interessierte und ökonomisch versierte Leser will ich an dieser Stelle einige irrige Annahmen des Mainstreams zum Thema Inflation und Deflation klarstellen. Die modernen Vertreter der ökonomischen Kaste hängen noch immer der falschen, von der österreichischen Schule der Nationalökonomie beeinflussten, Ansicht an, dass ein Anwachsen der Geldaggregate, d.h. des Bargeldes, Buchgeldes und aller davon abgeleiteten Derivate (M0, M1, M2, M3), irgendwann als starke Inflation durchbricht. Sie sprechen dann gern von »Geldmengen«. Je größer diese »Geldmenge« sei, desto stärker die Inflation in der Zukunft (!), wenn sich dieses Geld, so die Meinung, durch die Wirtschaft gefressen habe. Diese Ansicht ist vollkommen falsch. Existierendes Geld, wie Bargeld oder Buchgeld, hat bereits gekauft, d.h. es war bereits nachfragewirksam. Wenn ein Unternehmer einen Kredit aufnimmt, d.h. im Sinne der »Austrians« die Geldmenge erhöht und damit ein Produkt A kauft, dann entsteht damit eine Nachfrage nach diesem Produkt und sein Preis erhöht sich. Das bedeutet, dass der Kredit bereits inflationär wirksam war – und zwar zum Zeitpunkt des Kaufes und nicht irgendwann in der Zukunft. Gleichzeitig aber muss der Kreditnehmer etwas leisten, d.h. er muss Waren produzieren oder eine Dienstleistung anbieten, um Geld zur Rückzahlung seines Kredites zu erwirtschaften. Wo er also auf der einen Seite eine inflationär wirkende Nachfrage nach einem Produkt oder einer Dienstleistung in die Welt setzt und so den Preis erhöht, muss er auf der anderen Seite ein Angebot (!) an Waren oder Dienstleistungen in die Welt setzen, das den durchschnittlichen Preis von Waren oder Dienstleistungen senkt, d.h. deflationär wirksam ist. Dabei ist es vollkommen gleichgültig, wer diesen Kredit aufnimmt. Auch der Arbeitnehmer, der damit seine Wohnung finanziert und so die Wohnungspreise treibt, hilft in der Firma, in der er angestellt ist, Produkte zu schaffen, d.h. das Preisniveau dieser Produkte durch Angebote zu senken. Die gesamte Wirtschaft besteht nach Paul C. Martin aus lauter solchen Mini-Inflationen und Mini-Deflationen, sodass das Preisniveau insgesamt stabil bleiben sollte. Das tut es aber nicht, da, wie wir schon erläutert haben, in einer Boom-Phase zuerst die Kreditmenge steigt (Inflation), bevor das Bruttoinlandsprodukt nachziehen kann (Deflation). Man kann Inflation auch definieren als »noch nicht erbrachte Leistung«. Inflation hängt also eng mit dem debitistischen Termin- und Zeitphänomen zusammen. Es gibt nur einen Akteur, der das Inflationsniveau dauerhaft hebt: Der Staat, weil er auf Schuldenbasis konsumiert, ohne zu leisten. Ein Kreditnehmer, der nicht leistet (Privatkonkurs) hebt zwar ebenfalls das Inflationsniveau. Die Bilanzlücke muss aber die Geschäftsbank mit ihren Gewinnen schließen, was wiederum deflationär ist. Das heißt: Die sogenannte »Geldmenge« hat überhaupt keinen Einfluss auf die Inflationsrate in der Zukunft, denn sie hatte bereits Einfluss – mit diesen Krediten wurden Waren, Dienstleistungen, Aktien, Immobilien, Rohstoffe etc. gekauft. Alles, was diese bereits existierenden Kreditmengen (die immer anderswo Guthaben sind) tun können: Sie können verschiedenste Marktsegmente nachfragen, was dort die Preise erhöht, während auf der anderen Seite Kredite fällig werden, was Geld vernichtet und die Nachfrage im gesamtwirtschaftlichen Maßstab wieder einbrechen lässt. Weder eine Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit noch eine Inflationserwartung des Publikums (»Wir müssen unser Geld schnell in Sachwerte umtauschen, weil es bald nichts mehr wert ist«) können Geld entwerten, solange die Nettoneuverschuldung nicht weiterläuft. Niemals (!) können existierende Geldmengen eine starke Inflation oder gar eine Hyperinflation auslösen.

      Wann entstehen Hyperinflationen? Diese können nur in zwei Phasen eines kapitalistischen Zyklus entstehen – nämlich in der Mitte, weil plötzlich ein allgemeiner Boom entfacht wird und die Masse Kredite aufnimmt ohne Ende, während gleichzeitig die Löhne steigen – es entsteht eine sogenannte Lohn-Preis-Spirale, die sich immer nur dann in Gang setzen kann, wenn die Neuverschuldung exzessiv weiterläuft, während das BIP nur mehr hinterherhinkt. Ohne Nettoneuverschuldung startet keine Lohn-Preis-Spirale und damit auch keine Hyperinflation. Das heißt, im Falle einer stockenden Kreditvergabe, wie gegen Ende eines kapitalistischen Zyklus, können die Rohstoffpreise noch so hoch steigen – daraus entsteht niemals eine Hyperinflation, weil hier nur Geld von einem Marktsegment ins andere verschoben wird, dagegen aber die gesamtinflationär wirkende Neuverschuldung ausbleibt. Das exakte Gegenteil wird am Ende eines kapitalistischen Zyklus eintreten: Steigende Rohstoffe würgen den Konsum ab und die deflationären Kräfte erhalten Einzug. Wann kommt es dann im kapitalistischen Winter, wo keine Neuverschuldung mehr generiert wird, zu einer Hyperinflation? Gerät die Neuverschuldung ins Stocken, wickelt sich das System, wie bereits geschrieben, in die Gegenrichtung ab. Es kommt zu einer Kreditimplosion und einer drohenden deflationären Spirale. Wie weit diese auch immer reicht – hier beginnt dann der Staat zuerst Unmengen an leistungslosem Geld ins System zu pumpen, bzw. am Ende die Druckerpresse anzuwerfen und Nettogeld zu emittieren. Diese Maßnahme ist ein Verzweiflungsakt des Staates, weil sie das Zerstörungspotential langfristig sogar noch erhöht. Sie wird darum auch erst im großen Stil angewendet, wenn die Wirtschaft bereits darniederliegt, der Staat vor dem Bankrott steht und die Folgen der Nettogeldflutung als ein kleineres Übel angesehen werden als die völlige Zerstörung der staatlichen Hierarchie und Kontrolle. Was passiert bei einer solchen staatlichen Geld-Flutung? Die Menschen benutzen das geschenkte, ungedeckte und damit de facto wertlose Geld und tilgen damit entweder ihre Kredite oder verkonsumieren es. Beides ist verheerend. Kredittilgung mit Nettogeld bedeutet, dass der Schuldendruck völlig aus dem System entweicht, denn nur wer schuldet, der muss leisten. Wer Nettogeld vom Staat empfängt und damit Kredite tilgt, leistet nicht und erwirtschaftet damit keinen BIP-Output. Wenn die Leute das Geld verkonsumieren, dann erzeugen sie Nachfrage mit leistungslosem Geld. Sie erzeugen damit eine Inflation bei lebensnotwendigen Gütern, die durch die zusammenbrechende Wirtschaft und das sich damit einhergehende verknappende Angebot noch drastisch verstärkt wird. Bald trifft immer mehr leistungsloses Geld auf eine angebotsschwache, durch das Gratisgeld des Staates sich zusätzlich kontrahierende Wirtschaft; die finale Inflation beginnt. Eine Bereinigung einer spätkapitalistischen Schuldenkrise durch das Anwerfen der Notenpresse führt also im Detail gesehen nicht zu einer klassischen Deflation oder Hyperinflation aus dem Lehrbuch, sondern zu einer drastischen Zerstörung der Wirtschaft (deflationär) bei gleichzeitiger Geldentwertung (inflationär). Am ehesten könnte man diesen Zustand als »hyperinflationäre Depression« bezeichnen. Eine Inflation bzw. Hyperinflation in der kapitalistischen Endphase unterscheidet sich damit gravierend von den inflationären (bzw. hyperinflationären) Tendenzen im kapitalistischen Hochsommer. Nur bei Letzterer kann sich ein Kreditnehmer im Zuge einer Lohn-Preis-Spirale entschulden, während in der Inflation im kapitalistischen Winter die Preise steigen, die Löhne aber, sofern Arbeit überhaupt vorhanden ist, stagnieren bzw. am Ende nominal steigen, jedoch relativ zur Erhöhung des Preisniveaus bei lebensnotwendigen Gütern stark zurückbleiben. Selbst wenn also ein Kreditnehmer die deflationären Tendenzen zuvor bzw. die permanent eintretenden deflationären Schocks dazwischen durchgestanden hat und weiterhin das Privileg einer Arbeitsstelle in Anspruch nehmen kann, wird er am Ende seinen gesamten Lohn zur Tilgung der Urschuld und nicht der Kontraktschuld aufwenden müssen. Hinzu kommt, dass die Löhne in einer globalisierten Welt zusätzlich gedeckelt sind. Es kommt also zu einer Angleichung der Löhne und Sozialleistungen an das Niveau gerade erst aufstrebender kapitalistischer Länder bzw. Regionen bei ungleich höheren Schulden und daher, durch den einbrechenden Konsum, zu einer Spirale der totalen Verelendung.

      Auch die Mainstream-Meinung, dass der Staat sich durch die von ihm selbst geschaffene Inflation entschulden kann, ist völlig falsch. Solange sich der Staat das Nettogeld über die Hinterlegung seiner Anleihen bei der Notenbank beschafft, wachsen seine Schulden genauso, als würde er die Anleihe an private Investoren verkaufen. Die Schulden des Staates sind damit am Ende einer Hyperinflation immer am höchsten! Entschulden kann sich der Staat nur, wenn die Kredit-Exzesse, wie im kapitalistischen Hochsommer, bei den Privaten stattfinden (Lohn-Preis-Spirale) oder er seine Anleihen, wie bei einer Währungsreform, für wertlos erklärt und die Bilanzlücken im System mit Gläubigergeld stopft. Ebenso kann ein Staat im kapitalistischen Winter, wenn er nicht gerade Weltmacht ist und sein Nettogeld durch Gewaltandrohung und imperialistische Kriege deckt (womit aber bloß Zeit erkauft wird), eine einmal begonnene Inflationierung kaum mehr stoppen, da der Ankauf von Staatsanleihen durch die Notenbank die Zinsen der Anleihen unter Marktniveau bzw. Inflationsrate drückt. Der Staat ist damit de facto pleite und Investoren flüchten nach und nach aus verlustreichen Anleihen, СКАЧАТЬ