Ein Buch für Keinen. Stefan Gruber
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Название: Ein Buch für Keinen

Автор: Stefan Gruber

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Афоризмы и цитаты

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isbn: 9783347043282

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СКАЧАТЬ Kreditgeldsystem gilt, dass es gesamtwirtschaftlich zu keiner Bilanzverkürzung zwischen Forderungen und Verbindlichkeiten kommen darf. Daher sind auch Guthaben nur so lange existent, wie es auf der anderen Seite Schuldner gibt, die dafür Leistung erbringen. Dementsprechend kann es auch kein »Gesundsparen« ohne Vernichtung von Sparguthaben geben.1 Der Kapitalismus ist ein Kettenbriefsystem (Paul C. Martin), wo alte Kredite durch neue abgelöst werden. Weil nur Kredite der Treibstoff der kapitalistischen Volkswirtschaft sind, müssen im Volk ständig neue Bedürfnisse geweckt werden, die zuvor noch nicht da waren. Das führt u.a. zum Phänomen der »Werbung«, die aus systemischer Sicht nichts anderes bewirken soll, als zum Schuldenmachen zu verführen, damit die Kapitalisten ihrerseits ihre Schulden bedienbar halten können. Das Anwachsen der Schulden führt auf der anderen Seite aber auch zu einem Anwachsen des Wohlstandes auf ein sagenhaft hohes Niveau, das aber immer auf dem wackeligen Fundament der Vorfinanzierung steht. Der Kapitalismus ist damit niemals (!) im Gleichgewicht, sondern unterliegt einem permanenten Schuldendruck, der im Zeitablauf immer aggressiver wird. Erst dieser bewerkstelligt die typisch kapitalistische Dynamik und den immensen Fortschritt in kurzer Zeit, v.a. gegen Ende hin.2 Stets benötigt der Kapitalismus eine Netto-Neuverschuldung – oder er geht unter. Während im Sozialismus die Armut gleich verteilt ist, wie wir später sehen werden, ist der Wohlstand im Kapitalismus auf Kredit, mithin auf die Zukunft aufgebaut. Hinter dem kapitalistischen Wohlstand lauert also immer (!) der alles zerstörende Crash als dualistischer Pol. Die Gegenwart wird vorfinanziert; geht also das Vertrauen in den zukünftigen Wirtschaftsboom bzw. die Bezahlbarkeit der ausstehenden Kredite verloren, kommt es zur Krise.

      Aber natürlich gibt der Staat nicht auf, wenn sich die ersten ernsten Anzeichen für eine Rückabwicklung des Kapitalismus zeigen. Um diesen noch bedrohlicheren Kollaps weiter in die Zukunft zu verschieben, bringt der Zyklus neue Ökonomen hervor oder hievt deren Ideen ins öffentliche Bewusstsein, wie etwa Keynes und seinen Keynesianismus. Um die fehlende Nachfrage (daher das fehlende Kreditwachstum) zu kompensieren, soll der Staat selbst als Nachschuldner auftreten und die Kreditmaschinerie wieder in Gang bringen. Er soll in neue Technologien investieren, Bauprojekte verwirklichen, Banken und Firmen stützen und damit künstliche Nachfrage erzeugen, damit das Vertrauen in die Zukunft wiederhergestellt wird und die Leute wieder Kredite nachfragen: Das Volk soll wieder Vertrauen in die Bedienung zusätzlicher Kredite bekommen. Schafft es der Staat, durch dieses sogenannte »deficit spending« die Nachfrage noch einmal anzuheizen und einen neuerlichen Boom zu entfachen, soll er sodann die Staatsverschuldung – geht es nach Keynes – durch höhere Steuern wieder ausgleichen. Dass dies natürlich nur einen zeitlich befristeten psychologischen Effekt zur Folge hat, der das Grundproblem nicht löst, sondern weiter verschärft, dürfte einleuchtend sein. In der Praxis kann der Staat seine Staatsverschuldung gar nicht tilgen – was, wie wir später sehen werden, notwendigerweise in den Staatsbankrott führt.

      Gleichzeitig beginnen die Notenbanken im Umfeld stockender Kreditvergabe den Leitzins (= der Preis für die Umwandlung von Schuldtiteln in Bargeld) künstlich zu senken, um die Nachfrage nach Krediten wieder anzukurbeln. Auch dieses Phänomen wird von der Mainstream-Ökonomie vollkommen missverstanden: Ihre Vertreter meinen, der Leitzins würde je nach Inflations- oder Deflationserwartung künstlich regulierend wirken. Tatsächlich aber kennt der Leitzins nach der debitistischen Boomphase (»kapitalistischer Sommer« – im gegenwärtigen Durchlauf des Westens bis ca. 1980) langfristig, innerhalb eines Trendkanals bzw. spitz zulaufenden Dreiecks, nur eine einzige Richtung: die nach unten. Das Zinsniveau muss (!) in einer Welt des ewigen Kreditwachstums gen null tendieren, da bei steigender Verschuldung weitere Kredite nur bei günstigen Konditionen aufgenommen werden. Und auf der anderen Seite muss der Spielraum zur Anhebung des Leitzinses immer kleiner werden, da eine vollkommen überschuldete Volkswirtschaft höhere Zinsen einfach nicht mehr verkraftet. Und zwar umso weniger, je länger das System läuft. Ist erst der Leitzins bei null und der Staat, durch seine exzessiven Ausgaben zur »Bewältigung« der Krise, kurz vor dem Bankrott, beginnt der deflationäre Kollaps. Wie bereits erwähnt, findet eine Deflation in der Theorie erst dann ihren Boden, wenn alle Schulden und Guthaben sich zu null saldieren und es keinerlei Geld mehr in der betreffenden Volkswirtschaft gibt. Das wird auf der einen Seite durch die laufenden Steuerforderungen verhindert und auf der anderen Seite versucht der Staat – vor allem beim letzten debitistischen Durchlauf am Ende eines Kulturzyklus – bereits viel früher, die deflationäre Spirale durch das Drucken von Nettogeld aufzufangen. Zwar bezeichnet Nettogeld im engeren Sinne schuldloses Geld, in der Praxis aber wird der Staat dafür langlaufende Staatsanleihen direkt bei der Notenbank zur Umwandlung in Notenbankgeld hinterlegen, die bei Fälligkeit durch kürzer laufende Staatsanleihen abgelöst (prolongiert) werden. De facto also ist dieses Nettogeld als Schuld verbucht, was aber mehr einer Formalität gleicht und kaum einen Unterschied macht.1 Um ein Kippen der Deflation in eine Hyperinflation zu vermeiden – beides ist eine Gefahr für das Machtmonopol des Staates –, versucht er die Geldknappheit am Ende des großen kapitalistischen Zyklus (letzter debitischer Durchlauf und Ende des Kulturzyklus) durch dosiertes Einstreuen von Nettogeld zu kompensieren und die Gratwanderung zwischen Deflation (Tilgung und Ausbuchung von Schulden) und Hyperinflation (Entwertung der Schulden) zu meistern. Dieser Weg, sofern der Staat nicht von ihm abkommt, nennt sich »jahrzehntelange schrittweise, kontrollierte Verarmung«. Dieses dosierte Einstreuen von Nettogeld hat zwar in der Tat eine entlastende Funktion für die Kreditnehmer, die damit ihre Kredite begleichen können, führt aber auf der anderen Seite zu einem Steigen der Preise (v.a. bei lebenswichtigen Gütern des täglichen Bedarfs) bei gleichzeitiger Kontraktion des Wirtschaftsraumes durch ein Abwürgen des Schuldendrucks und ein Stagnieren der Löhne. Die Inflation wird dabei immer wieder unterbrochen durch schwere deflationäre Schocks, die eine Ausweitung der Nettogeldproduktion nach sich ziehen. Darüber hinaus ändert diese Maßnahme nichts Gravierendes an der Vermögensverteilung im Wirtschaftsraum und erzeugt schon gar nicht einen Anreiz zur Schaffung von belastbarem Eigentum und der Nachfrage danach bzw. nach Krediten. Eine solche Krise ist eben nicht zu lösen. Entweder der Staat lässt die Deflation zu, was sein Machtmonopol gefährdet, oder er übernimmt laufend, nach jedem deflationären Einbruch, die uneinbringlichen Schulden, verschiebt also deren Fälligkeit in die Zukunft und lässt den Steuerzahler dafür bürgen. Letztere ist die empirisch wahrscheinlichste und langwierigste – und gerade deshalb stabilste – Variante am Ende eines Kulturzyklus, wie noch zu zeigen sein wird, aber auch diese Form der »Dauerkrisenbekämpfung« muss, um den Staat über einen langen Zeitraum solvent zu halten, immer mit periodischen Teilenteignungen von Geldbesitzern oder Steuererhöhungen einhergehen. Da sich aber aus einer sukzessive kontrahierenden Wirtschaft immer weniger Geld für den Staat abschöpfen lässt, um laufende Verbindlichkeiten zu bedienen, steht auch hier am Ende immer die Hyperinflation mit Währungsreform, die aber ohne Lösung der Eigentumsproblematik keinen echten Neubeginn ermöglicht.

      Jeder debitistische Durchlauf endet also nach einer allgemeinen Überschuldung – wenn sich immer weniger Nachschuldner finden, die durch ihre höheren Kredite die alten terminlich befristeten Kredite ablösen. Was versteht man aber im Detail unter »Überschuldung«? Warum lässt sich das Kreditwachstum nicht bis in alle Ewigkeiten fortsetzen? Die Beantwortung dieser Frage stützt sich auf vier Argumente. Wie bereits erwähnt, ist es ein dem Kapitalismus inhärentes Problem, dass sich zinstragende Geldforderungen bzw. Wertpapiere aller Art in der reichen Schicht anhäufen, die von der arbeitenden Schicht erwirtschaftet werden müssen. Der Schuldendruck nimmt also durch die Herausbildung eines Geldadels für die wirtschaftende Mittelschicht sukzessive zu. Sie verschuldet sich zunehmend für die Erträge der Reichen, muss aber gleichzeitig den berühmten Nachschuldner für ihre erwirtschaftenden Produkte ebenfalls in der Mittelschicht suchen (sofern nicht Luxusgüter produziert werden). Zweitens akkumuliert sich auch das Eigentum in dieser Klasse, das dort meist nicht mehr als Pfand für die Kreditschöpfung zur Verfügung steht. Der dritte Punkt ist die allgemeine Sättigung des Publikums am Peak des Wohlstands, vor allem am Ende des großen kapitalistischen Zyklus. Diese Sättigung führt dazu, dass der Konsum sich stetig weg vom Eigentum und hin zu kurzlebigen Lifestyle-Konsumgütern verlagert, die ihrerseits kein Eigentum zur Kreditgenerierung mehr verkörpern. Dies führt zu einer laufend sinkenden Kreditaufnahme, die aber zu diesem Zeitpunkt die Kredittilgung noch überkompensiert. Dennoch kommt es dadurch – zusätzlich befeuert durch eine Einbindung der betreffenden Volkswirtschaft СКАЧАТЬ