Название: Ein Buch für Keinen
Автор: Stefan Gruber
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Афоризмы и цитаты
isbn: 9783347043282
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Die Kinder selbst vollenden dann bloß noch, was der Kapitalismus für sie vorgesehen hat. Sie sehen ihren dekadenten Wohlstand als Selbstverständlichkeit, da sie nie gelernt haben, dass Wohlstand nur durch Leistung generiert wird und eifern nur mehr dem nach, das schöner, wohlhabender und begehrenswerter ist als sie: Models, Reiche, Film- und Musikstars. Ihr Geltungsbedürfnis und ihr kompensierter Individualismus durch eigenen Kleidungs- und Musikstil resultiert in erster Linie aus einer fehlenden autoritären3 Erziehung, die aber im Patriarchat erst Stabilität gewährleistet. Deren Ergebnis sind Jugendliche, welche die materialistisch-mediale Welt für bare Münze nehmen, weil ihnen durch fehlende Grenzen nie ein realistisches und konsistentes Weltbild vermittelt wurde. Am Ende stehen sie da und träumen selbst mit 20 noch in Massen von der Karriere als Model oder Popstar und nur überschuldete, dekadente Individuen sind es, die dem Debitismus am Ende noch seinen letzten Schub verleihen. Die verzweifelten Versuche rechter Parteien, die alten Werte zu retten, sind lächerliche Versuche, den Lauf des Debitismus aufzuhalten, ja den Lauf einer Kultur im Gesamten. Trotzdem sorgen erst ihre Existenz und die Existenz aller anderen Apologeten für die dynamische Entwicklung einer Kultur. Die Dynamik erhält sich eben nur durch den Glauben an Meinungen und Ideologien. Würden alle begreifen, was Thema dieses Buches ist, wären Stillstand und Untergang die Folge. Durch den breitflächigen Wohlstand, bei gleichzeitiger Konzentration der Basisproduktion und des Eigentums in Großkonzernen und Großgrundbesitzern sowie der Ablösung der manuellen Arbeit durch den technologischen Fortschritt, kommt es zu einer wahren Flut von Eltern, die ihren Kindern bloß die beste Ausbildung zukommen lassen wollen. Wo früher die Masse nach der Grundschule im elterlichen Betrieb arbeitete, später dann der Lehrberuf zur üblichen Ausbildung der Kinder herangezogen wurde, da kommt es jetzt zum massenhaften Auftreten von Absolventen höherer Schulen. Studenten strömen in den Dienstleistungssektor, wählen Marketing-, Management- und Wirtschaftsfächer (neben Fächern, die »Spaß« machen – ein Attribut, das vor 50 Jahren völlig fremd war) und werden damit ein Rädchen in der Konsummaschinerie, die den Nachschuldner in der Masse sucht. Dass eine solche Entwicklung bald in sich selbst endet, wenn die Masse ihre überzogenen Konten nicht mehr bedienen kann, ist absehbar. Ich will das nicht als Kritik verstanden wissen, da eine solche vollkommen sinnlos wäre. Was wir sehen, ist einfach ein völlig normaler debitischer Durchlauf – mit dem Unterschied, dass in unserem Fall nicht nur der Subzyklus (Nachkriegskapitalismus), sondern auch der große kapitalistische Zyklus (spätestens seit 1750, also der Industriellen Revolution) seinem Ende zugeht. Was das im Konkreten bedeutet, werden wir später analysieren, wenn es um den Aufstieg und Fall von Kulturen geht.
Die geistige Verflachung der spätkapitalistischen Menschen, sowohl in der Bevölkerung1 als auch in der daraus rekrutierten Polit-Elite, speist sich aber auch noch aus einem anderen Phänomen: Seit der sukzessiven Etablierung des Patriarchats innerhalb des Stammes2 und dem Beginn der ersten Arbeitsteilung, dem Zerfall des Stammes später in Berufe und Klassen nach Unterwerfung und Installation des Staates, geht der Mensch den Weg der Ausdifferenzierung und Individualisierung. Diesem steht das kollektive Bewusstsein des »matriarchalen«1 Stammes als dualistisches Pendant gegenüber. Unterbrochen durch fraktale »weibliche« Stammessimulationen (z.B. Sozialismus als Subzyklus) innerhalb des großen patriarchalischen Zyklus findet diese Ausdifferenzierung im Kapitalismus – als höchste Form des Patriarchats – seine Vollendung. Diese Ausdifferenzierung und Spezialisierung im Arbeitsteilungsprozess sorgen für »die Verdummung der in der Arbeitsteilung tätigen Menschen. Die Arbeitsteilung wird von Smith zwar als Bedingung höherer Produktivität erkannt, die geringere Persönlichkeitsentfaltung der an sie geketteten Menschen gegenüber selbst barbarischen Völkern aber gleichwohl eindringlich beschrieben.«2
Heinsohn zitiert dabei Adam Smith, den Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre: »Ein Mensch, der sein ganzes Leben damit verbringt, ein paar einfache Operationen zu vollziehen, deren Erfolg vielleicht immer derselbe oder wenigstens fast derselbe ist, hat keine Gelegenheit, seinen Verstand zu üben oder seine Erfindungskraft anzustrengen, um Hilfsmittel gegen Schwierigkeiten aufzusuchen, die ihm niemals begegnen. Er verliert also natürlich die Fähigkeit zu solchen Übungen und wird am Ende so unwissend und dumm, als es nur immer ein menschliches Wesen werden kann. Die Verknöcherung des Geistes macht ihn nicht nur unfähig, an einer vernünftigen Unterhaltung teilzunehmen oder sie auch nur zu genießen, sondern sie lässt es auch in ihm zu keinem freien, edlen oder zarten Gefühl mehr kommen und erlaubt ihm selbst nicht, die alltäglichen Pflichten des Privatlebens richtig zu beurteilen.«
Es sollte hier vor allem eines klar werden: Der Ablauf der massenpsychologischen Phänomene ist vollkommen durch den Debitismus determiniert. Der Debitismus sagt nicht die Entstehung des Rock ´n´ Roll voraus und er weiß nicht, welche Modetrends nächsten Sommer angesagt sind, aber er kann die äußere Form eines Zyklus ganz klar voraussagen. Er weiß, dass der letzte Subzyklus innerhalb des großen kapitalistischen Zyklus eine sexuelle Befreiung hervorbringt und die Unterhaltungsindustrie СКАЧАТЬ