Название: Der Malaiische Archipel
Автор: Alfred Russel Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Путеводители
Серия: Edition Erdmann
isbn: 9783843804233
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Die Dajaks sagen, dass der Mias nie von Tieren im Wald angefallen wird, mit zwei seltenen Ausnahmen; und die Erzählungen davon sind so merkwürdig, dass ich sie möglichst mit den Worten meiner Berichterstatter, alter Dajak-Häuptlinge, welche ihr ganzes Leben an Orten, wo das Tier sehr viel vorkommt, zugebracht haben, geben will. Der erste, den ich danach fragte, sagte: »Kein Tier ist stark genug, um den Mias zu verletzen, und das einzige Geschöpf, mit dem er überhaupt kämpft, ist das Krokodil. Wenn er kein Obst im Dschungel findet, so geht er an die Flussufer, wo es viele junge Schösslinge gibt, die er gern frisst, und Früchte, die dicht am Wasser wachsen. Dann versucht das Krokodil oft ihn zu packen, aber der Mias springt auf dasselbe, schlägt es mit Händen und Füßen, zerfleischt und tötet es.« Er fügte hinzu, dass er einmal solchem Kampf zugeschaut habe, und dass der Mias stets Sieger bliebe.
Mein zweiter Berichterstatter war der Orang Kaya oder Häuptling der Balow-Dajaks am Simunjon-Fluss. Er sagte: »Der Mias hat keine Feinde; kein Tier wagt es, ihn anzugreifen, bis auf das Krokodil und die Tigerschlange. Er tötet das Krokodil stets nur durch seine Kraft, indem er auf demselben steht, seine Kiefern aufreißt und die Kehle aufschlitzt. Wenn eine Tigerschlange einen Mias angreift, packt er sie mit seinen Händen, beißt sie und tötet sie bald. Der Mias ist sehr stark; kein Tier im Dschungel ist so stark wie er.«
Es ist sehr bemerkenswert, dass ein so großes, so eigentümliches und so hochorganisiertes Tier wie der Orang-Utan auf so begrenzte Distrikte beschränkt ist – auf zwei Inseln, die fast am wenigsten von höheren Säugetieren bewohnt werden; denn östlich von Borneo und Java vermindern sich die Vierhänder, Wiederkäuer und Raubtiere rapide und werden bald ganz verschwunden sein. Wenn wir weiter bedenken, dass fast alle anderen Tiere in früheren Zeitaltern durch verwandte, wenn auch distinkte Formen repräsentiert waren – dass in der letzten Zeit der Tertiärperiode Europa von Bären, Hirschen, Wölfen, Katzen bevölkert war; Australien von Kängurus und anderen Beuteltieren; Südamerika von gigantischen Faultieren und Ameisenfressern; alle verschieden von irgendwelchen jetzt existierenden, wenn auch sehr nahe mit ihnen verwandten – so haben wir guten Grund zu glauben, dass der Orang-Utan, der Schimpanse und der Gorilla auch ihre Vorgänger gehabt haben. Mit welchem Interesse muss jeder Naturforscher an die Zeit denken, in der die Höhlen und Tertiärablagerungen der Tropen durchsucht sind, und man die frühe Geschichte und das erste Erscheinen der großen menschenähnlichen Affen endlich kennenlernen wird.
Ich will nun einiges anführen in Betreff der vermeinten Existenz eines borneonischen Orangs von der Größe des Gorillas. Ich selbst habe die Körper von siebzehn frisch getöteten Orangs untersucht und habe alle sorgfältig gemessen; von sieben bewahrte ich das Skelett auf. Ich erhielt ferner zwei Skelette von Tieren, die andere töteten. Von dieser großen Reihe waren sechzehn ganz ausgewachsen, neun Männchen und sieben Weibchen. Die erwachsenen Männchen des großen Orangs variierten in der Höhe nur zwischen vier Fuß ein Zoll und vier Fuß zwei Zoll, bis zu den Hacken gemessen, sodass es sich hier um die Höhe des aufrecht stehenden Tieres handelt; die Breite der ausgestreckten Arme variierte von sieben Fuß zwei Zoll bis sieben Fuß acht Zoll und die Breite der Gesichter von zehn bis dreizehneinhalb Zoll. Die von anderen Naturforschern beigebrachten Maße stimmen genau mit den meinigen. Der größte von Temminck gemessene Orang war vier Fuß hoch. Von fünfundzwanzig von Schlegel und Müller gemessenen Exemplaren war das größte alte Männchen vier Fuß ein Zoll; und das größte Skelett im Kalkuttaer Museum betrug, nach Herrn Blyths Angabe, vier Fuß anderthalb Zoll. Meine Exemplare waren alle von der Nordwestküste Borneos; die der Holländer von den West- und Südküsten; und kein Exemplar ist bis jetzt nach Europa gekommen, das diese Maße überschreitet, obschon die Gesamtzahl von Häuten und Skeletten wohl mehr als hundert beträgt.
Dennoch aber behaupten sonderbarerweise einige Menschen, dass sie Orangs von viel bedeutenderer Größe gemessen haben. Temminck erzählt in seiner Monographie des Orangs, er habe gerade Nachricht erhalten, dass ein Exemplar von fünf Fuß drei Zoll Höhe gefangen sei. Unglücklicherweise scheint es Holland nie erreicht zu haben, denn nichts verlautete seitdem von diesem Tier. Herr St. John, in seinem »Life in the Forests of the Far East«, Bd. II, S. 237, erzählt uns von einem Orang, den ein Freund von ihm geschossen und der fünf Fuß zwei Zoll von der Ferse bis zum Scheitel gemessen habe; der Arm war siebzehn Zoll im Umfang und das Handgelenk zwölf Zoll! Nur der Kopf wurde nach Sarawak gebracht, und Herr St. John erzählt uns, dass er dabei war, als er gemessen wurde, und dass er fünfzehn Zoll breit und vierzehn lang gewesen. Unglücklicherweise scheint auch dieser Schädel nicht aufbewahrt worden zu sein, denn nie hat ein Exemplar, das diesen Maßen entspräche, England erreicht.
In einem Brief von Sir James Brooke vom Oktober 1857, in welchem er mir den Empfang meiner Abhandlung über den Orang, die in den »Annals and Magazine of Natural History« publiziert ist, anzeigt, schickt er mir die Maße eines von seinem Neffen getöteten Exemplars, und ich will es genauso wiedergeben, wie er mir schrieb: »September 3, 1867, weiblichen Orang-Utan getötet. Höhe vom Kopf zur Ferse vier Fuß sechs Zoll. Ausdehnung von Finger- zu Fingerspitze über den Körper sechs Fuß ein Zoll. Breite des Gesichtes, die Schwielen eingerechnet, elf Zoll.« Nun ist in diesen Maßen ein handgreiflicher Irrtum; denn in jedem bis jetzt von Naturforschern gemessenen Orang entspricht eine Ausdehnung der Arme von sechs Fuß ein Zoll einer Höhe von ungefähr drei Fuß sechs Zoll, während die größten Exemplare von vier Fuß bis vier Fuß zwei Zoll Höhe immer sieben Fuß drei Zoll bis sieben Fuß acht Zoll an den ausgebreiteten Armen messen. Es ist in der Tat ein genereller Charakter, dass die Arme so lang sind, dass ein fast aufrecht stehendes Tier mit den Fingern auf dem Boden ruhen kann. Eine Höhe von vier Fuß sechs Zoll würde demnach eine Armbreite von wenigstens acht Fuß erfordern! Wenn es nur sechs Fuß wären bei jener Höhe, wie sie in den betreffenden Maßen angegeben, so würde das Tier überhaupt kein Orang sein, sondern eine neue Affenart, die wesentlich in ihren Gewohnheiten und der Manier der Fortbewegung differiert. Aber Herr Johnson, der dieses Tier schoss und der Orangs wohl kennt, sprach es für einen an; wir haben daher zu entscheiden, ob es wahrscheinlicher ist, dass er einen Fehler von zwei Fuß beim Messen der Armlänge oder einen von einem Fuß beim Messen der Höhe beging. Das Letztere ist sicherlich leichter möglich, und dann kommt sein Tier, was Proportion und Größe betrifft, in Übereinstimmung mit allen in Europa existierenden. Wie leicht man sich in der Höhe dieser Tiere täuschen kann, zeigt der Fall des sumatranischen Orangs, dessen Haut von Dr. Clarke Abel beschrieben ist. Der Kapitän und die Leute, welche dieses Tier töteten, erklärten, dass es lebend größer gewesen sei als der größte Mann und so riesenhaft ausgesehen habe, dass sie es für sieben Fuß hoch gehalten hätten; aber sie fanden, als es getötet war und auf dem Boden lag, dass es nur ungefähr sechs Fuß lang war. Nun wird man kaum glauben, dass die Haut dieses selben Tieres in dem Kalkuttaer Museum existiert und Herr Blyth, der frühere Kurator, konstatiert hat, »dass es keineswegs zu den größten gehört«, was sagen will, dass es ungefähr vier Fuß hoch war!
Nach diesen zweifellosen Beispielen von Irrtümern in den Maßen der Orangs geht man nicht zu weit, wenn man schließt, dass Herrn St. Johns Freund einen ähnlichen Irrtum beim Messen beging oder, besser, vielleicht einen Gedächtnisfehler machte; denn es wird nicht gesagt, dass die Maße notiert wurden zur Zeit, als man sie nahm. Die einzigen Angaben des Herrn St. John, auf seine eigene Autorität hin, sind, dass »der Kopf fünfzehn Zoll breit und vierzehn Zoll lang war.« Da mein größtes Männchen dreizehn und einen halben Zoll über dem Gesicht maß gleich nach dem Tod, so verstehe ich sehr wohl, wie der Kopf, als er von Batang Lupar nach Sarawak kam, nach zwei, wenn nicht drei Tagereisen, so durch Verwesung angeschwollen war, dass er einen Zoll mehr maß als im frischen Zustand. Nach all diesem aber glaube ich, ist es erlaubt zu sagen, dass wir bis jetzt nicht die geringsten zuverlässigen Beweise von der Existenz eines Orang auf Borneo von mehr als vier Fuß zwei Zoll Höhe besitzen.