Retromania. Simon Reynolds
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Retromania - Simon Reynolds страница 9

Название: Retromania

Автор: Simon Reynolds

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783955756086

isbn:

СКАЧАТЬ nur sehr lange ruhig war, sie sich aber niemals getrennt hatten, kuratieren das All Tomorrow’s Parties Festival, bei dem die wieder aktiven Post-Punker Gang of Four, X und Wire und die Spät-80er/Früh-90er-Streitrosse Shellac, Throwing Muses, Teenage Fanclub, Giant Sand und Th’ Faith Healers spielen ››››››› Mai 2009: Mit Great Gig in the Sea sticht die erste Kreuzfahrt, die sich Pink Floyd widmet, Richtung Bahamas in See und verspricht zwei volle Konzerte der Tribute-Band Think Floyd USA, darunter eine Song-für-Song identische Wiedergabe von Dark Side of the Moon ››››››› Juni 2009: Neil Young veröffentlicht den ersten Teil seines lange erwarteten Archives-Projekts. Die 10-CD-Box Archives, Vol. 1: 1963–1972 ist nur der erste von vier solchen Sets und enthält unveröffentlichte Aufnahmen plus zwanzig Stunden Videos, die Young-Doku Journey Through the Past von 1974, Fotos, Texte, Briefe, andere Erinnerungsstücke, ein nachgedrucktes Magazin und Audiomitschnitte von Interviews, Radiospots und Konzertansagen ››››››› Juli 2009: The Dead Weather, eine Retro-Rock-Supergroup mit Jack White von The White Stripes und Sängerin Alison Mosshart von The Kills (deren Image und Stimme mit Patti Smith vergleichbar sind), veröffentlichen Horehound. Der Kills-Gitarrist Jamie Hince (der in etwa wie Dr Feelgoods Wilko Johnson spielt) erwägt währenddessen mit seiner Freundin Kate Moss eine Band zu gründen ››››››› August 2009: Auf die Minute genau 40 Jahre, nachdem die Beatles am 8. August 1969 die Abbey Road für das Coverfoto von Abbey Road überquerten, leitet der Besitzer des Beatles Coffee Shop, Richard Porter, eine spezielle Beatles-Führung und führt über die Abbey Road … ››››››› August 2009: Ang Lees Film Taking Woodstock kommt zum 40-jährigen Jubiläum des 1969er-Rockfestivals in die Kinos ››››››› September 2009: Richard Hell, der Typ, dessen Frisur und zerrissenes T-Shirt Malcolm McLaren als Vorbild für die Sex Pistols diente, veröffentlicht eine neu aufgenommene Version des zweiten The Voidoids-Albums Destiny Street unter dem Titel Destiny Street Repaired ››››››› September 2009: Die sehnsüchtig erwarteten remasterten Beatles-Alben plus zwei hochpreisige Deluxe-Box-Sets ihrer Diskografie mit Stereo- und Mono-Versionen führen die Albencharts auf der ganzen Welt an. The Beatles: Rock Band überholt in den Videospiel-Charts Guitar Hero 5 ››››››› September 2009: Disney und Apple Corps schließen einen Deal über Robert Zemeckis 3D-Adaption des Beatles-Films Yellow Submarine von 1968 ab ››››››› Oktober 2009: The Pixies gehen mit Doolittle in Originalreihenfolge auf Tour, um das 20-jährige Jubiläum zu feiern und es gibt Gerüchte, dass sie tatsächlich ein neues Album im Studio aufnehmen, das dann ihr sechstes wäre ››››››› November 2009: Kraftwerk veröffentlichen 12345678: The Catalogue, ihre komplette Diskographie (ohne drei Frühwerke) remastered und in neuer Aufmachung ››››››› November 2009: Sonic Youth haben einen Cameo-Auftritt in Gossip Girl als Hochzeitsband von Rufus Humphrey und spielen eine Akustik-Version von »Starpower« von 1986 ››››››› Dezember 2009: John »Ich hatte nie ein Interesse daran, mich zu wiederholen« Lydon stellt Public Image Ltd wieder zusammen, um das 30-Jährige Jubiläum von Metal Box mit einer Reihe von Gigs zu feiern, jedoch nicht mit dem Line-up, mit dem das Album aufgenommen wurde (dann wären Keith Levene und Jah Wobble dabei gewesen), sondern in der Besetzung aus den späten 80ern. Im Frühjahr 2010 folgt eine Tour durch die Staaten ››››››› Dezember 2009: The Flaming Lips veröffentlichen eine Coverversion von Pink Floyds Dark Side of the Moon ›››››››

      Prolog: Don’t Look Back

      Nostalgie und Retro

      Das Wort wie auch das Konzept der Nostalgie wurden im 17. Jahrhundert von dem Physiker Johannes Hofer entwickelt, um den seelischen Zustand schweizerischer Söldner während langer Dienste in der Ferne zu beschreiben. Wörtlich bedeutete Nostalgie Heimweh, ein die Kräfte aufzehrendes Verlangen, ins Heimatland zurückzukehren. Zu den Symptomen gehörten Melancholie, Anorexie und sogar Selbstmord. Diese »Krankheit« – im Nachhinein offensichtlich psychosomatisch – blieb bis ins späte 19. Jahrhundert ein Problem der Militärärzte, denn es war für die Kriegsführung wesentlich, die Moral aufrechtzuerhalten.

      Ursprünglich bezog sich Nostalgie also auf ein räumliches Verlangen und nicht auf ein zeitliches; es war schlicht der Schmerz darüber, am falschen Ort zu sein. Nach und nach verlor Nostalgie diese topografische Bedeutung und bezog sich auf einen temporalen Zustand: Es handelte sich nicht mehr um ein qualvolles Verlangen nach dem Vaterland, sondern um ein sehnsüchtiges Schmachten nach einer verlorenen, glücklichen Zeit. Seit sie nicht mehr pathologisiert wurde, begriff man Nostalgie nicht nur als individuellen Gemütszustand, sondern auch als kollektive Sehnsucht nach einer glücklicheren, einfacheren und unschuldigeren Epoche. Ursprünglich war Nostalgie eine nachvollziehbare Emotion, insofern, als es dafür auch Abhilfe gab (indem man das erstbeste Kriegs- oder Handelsschiff nahm, um zum heimischen Herd, zu Kind und Kegel zurückzukehren, in eine Welt also, mit der man vertraut war). Nostalgie im modernen Sinne ist eine unmögliche Emotion oder zumindest eine unheilbare: Das einzige Mittel dagegen wäre eine Zeitreise.

      Dieser Bedeutungswandel hat sich zweifelsfrei mit der zunehmenden und selbstverständlichen Mobilität vollzogen, aufgrund der Massenimmigration in die Neue Welt und der Wanderbewegung der Siedler und Pioniere innerhalb Amerikas, der kolonialistischen und militärischen Bestrebungen der Europäer in ihren zahlreichen Imperien und aufgrund der Vielzahl von Menschen, die Teil der weltweiten Migrationsbewegungen geworden sind, um überhaupt einer Arbeit nachgehen zu können oder beruflich ihre Aufstiegschancen zu verbessern. Die nostalgische Fixierung auf die Vergangenheit nahm aber auch zu, weil die Welt sich schneller veränderte. Ökonomische Umwälzungen, technologische Erfindungen, soziale und kulturelle Verschiebungen führten dazu, dass es zum ersten Mal eine starke Diskrepanz gab zwischen der Welt, in der man aufwuchs, und der, in der man alt wurde. Angefangen bei den Landschaften, die sich durch Bebauung dramatisch veränderten (»Das waren alles Felder, als ich noch ein junger Bursche war«), bis hin zu technischen Entwicklungen, die den Takt des Alltags beeinflussten, verschwand die Welt, wie man sie kannte, schrittweise. Die Gegenwart wurde zu einem fremden Land.

      Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Nostalgie nicht mehr pathologisch betrachtet, sondern als eine universelle Befindlichkeit. Sie konnte genauso für Individuen gelten – ein morbides Horchen in die Vergangenheit – wie auch für die Gesellschaft als Ganzes. Häufig war an die Nostalgie ein reaktionäres Verlangen nach einer alten sozialen Ordnung gekoppelt, die dank ihrer klar definierten Klassenunterschiede als stabiler angesehen wurde – »hier kannte noch jeder seinen Platz«. Aber Nostalgie hat nicht immer nur den konservativen Kräften gedient. Im Laufe der Geschichte haben radikale Bewegungen ihre Ziele oft nicht als revolutionär, sondern als restaurativ begriffen: Sie wollten die Dinge wieder in den Zustand zurückversetzen, in dem sie einmal waren, ein goldenes Zeitalter des Gleichgewichts und der Gerechtigkeit, das durch ein historisches Trauma oder Machenschaften der herrschenden Klasse zerstört worden war. Im Vorfeld des englischen Bürgerkriegs sahen die Parlamentarier sich selbst als Konservative und König Karl I. als einen Erneuerer, der die Macht der Krone ausweitete. Selbst die Levellers, eine der radikalsten Fraktionen, die während der kurzen Regierungszeit Oliver Cromwells nach der Hinrichtung des Königs aktiv waren, glaubten daran, nur die Magna Carta und das »Naturrecht« aufrechtzuerhalten.

      Revolutionäre Bewegungen basieren oft ideengeschichtlich auf den Bildern von »verlorenen und wiedergewonnenen Paradiesen«. Die Situationisten, die Theoretiker der Pariser Unruhen 1968, schrieben von der »verlorenen Totalität«: Ein paradiesischer Zustand sozialer Gleichheit und individueller Nicht-Entfremdung, von dem sie annahmen, dass er vor der Epoche des industrialisierten Kapitalismus existiert hätte. Und dass dieses Paradies von dem gespaltenen Bewusstsein, verursacht durch Klassengrenzen, Spezialisierung СКАЧАТЬ