Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter. Adalbert Stifter
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter - Adalbert Stifter страница 32

Название: Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter

Автор: Adalbert Stifter

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027237647

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СКАЧАТЬ seine Augen gegen die Versammlung, blieb stehen, und sprach: »Liebe Gute Ansehnliche! Nach Slawibor bin ich an der Reihe zu reden. Ihr seht, daß meine Haare weiß sind, und mein Nacken gebeugt ist. Ich rede nicht aus Lust oder Unlust oder für eine Person, sondern als der, der zum obersten Seelenhirten dieses Landes erwählt ist, wenn auch nicht würdig und noch nicht von seinem erzbischöflichen Oberherrn von Mainz geweiht. Ich habe nicht für den Jüngling, welchen der Herzog gesendet hat, gesprochen, daß es nicht scheine, daß ich nur durch Gunst für den Herzog Sobeslaw bewegt sei. Ich rede zu euch, weil ihr Christen seid. Es sind in Prag und in dieser Burg Wyšehrad Versammlungen gehalten worden, und es ist heute hier eine große Versammlung, zu welcher fast alle Herren der Länder Böhmen und Mähren gekommen sind. Diese Versammlungen haben in der bangen Lage um Rettung und um einen Herzog gesucht. Aber die Versammlungen bestehen vor dem Auge Gottes nicht. Unser Herzog lebt, und ist in Hostas Burg schwer erkrankt. Die Arzneiverständigen sagen, daß er an dieser Krankheit sterben werde; aber der den Lazarus erweckt hat, der zu dem Krüppel gesagt hat: Geh, und wandle, der kann ihn zu uns führen, und ihn für den Fürstenstuhl noch eine Reihe von Zeiten erhalten. Wenn aber auch in seinem Rate bestimmt ist, daß der Herzog in das selige Leben gerufen werden soll, so ist auch darnach der Herzog vorhanden; fast alle in diesem Saale, so weit meine Augen reichen, haben Wladislaw den Sohn unsers erlauchten Herzogs Sobeslaw, welchen der deutsche König Konrad vor zwei Jahren am zweiundzwanzigsten Tage des Monates Mai auf dem Fürstentage zu Bamberg mit der Herzogsfahne Böhmens belehnt hatte, auf dem Tage unserer Länder in Sadska am neunundzwanzigsten des Brachmonates desselben Jahres in diese Belehnung eingeführt. Es besteht demnach Wladislaw der Sohn unsers guten Herzogs Sobeslaw als künftiger Herzog. Schon die Priester der falschen Götter, welche in Griechenland und Rom und vor kurzer Zeit auch noch in diesem Lande nur in einer andern Weise verehrt worden sind, haben harte Strafen für den Frevel des Meineides verkündet: um wie viel mehr straft ihn der gerechte und der einzig wahre Gott der Christen. Aber nicht der Strafe sondern des Glaubens willen halten die Christen ihr Gelöbnis. Und wenn die Hand des Meineidigen verdorrt ist, oder aus dem Grabe heraus gewachsen ist, oder wenn Gott durch Wunder und Zeichen Entsetzen in die Seele des Meineidigen geworfen hat, so hat er dadurch nur den Abscheu vor diesem unmenschlichsten aller Frevel kund getan. Und auch der irdische Vorteil, den ihr durch Meineid erstrebt, wird nicht erreicht. Die Vereinigung im Unrechte ist schwach, wie stark auch die Verbindungsstelle zu sein scheint; denn der Fürst der Zwietracht, der den Faden geschlungen hat, zerreißt ihn wieder, weil er leicht zu zerreißen ist, und stößt die Glieder gegen einander, weil man von Unrecht leicht wieder zu Unrecht geht: die Vereinigung im Rechte aber ist stark, wie schwach auch die Verbindungsstelle zu sein scheint, weil Gott den Faden geknüpft hat, und weil man erschrickt, vom Rechte zu weichen. Wer durch den Knaben David den Riesen Goliath erschlagen hat, wer durch den Richter Gideon tausend Feinde in das Gras strecken ließ, der kann durch den Knaben Wladislaw, dem ihr voreilig geschworen zu haben glaubt, dieses Land retten. Und es war sein Finger, der euch so zahlreich nach Sadska geführt, und dort hat schwören lassen. Drum sage ich, und bitte euch in christlicher Demut: Sendet zu dem Herzoge Sobeslaw, und sagt: Wir sind in deiner schweren Krankheit zusammengekommen, um zu beraten, und haben als das Rechte erkannt, daß wir Gott bitten sollen, er möge dir die Genesung wieder schenken, und daß wir, wenn er dich einmal in sein Reich aufnimmt, deinem Sohne Wladislaw als unserm Herzoge dienen. So sage ich, und so halte ich es für recht.«

      Als der Bischof diese Worte geredet hatte, stand ein Priester nach dem andern und standen die Äbte auf, und verneigten sich tief vor ihm, und in Teilen des Saales brach ein freudiger Zuruf aus.

      Der Bischof ging wieder zu seinem Sitze, und ließ sich auf demselben nieder.

      Als einige Zeit vergangen war, und die Versammlung wieder nach einem Redner schaute, stand der alte Bolemil auf, und sprach: »Nach dem hochehrwürdigen Bischofe Silvester kömmt die Rede an mich. Meine Worte werden gewiß vergeblich sein, weil die Jugend und viele Männer nach ihren Gelüsten vorwärts gehen; aber ich rede sie, weil ich sie schuldig bin. Ich muß wieder von den alten Zeiten anfangen. Als der König Wratislaw herrschte, waren auch Streite, er hatte, als er Herzog war, viel Hader mit seinem Bruder Jaromir dem Bischofe von Prag, und da er König war, mit seinem Bruder Konrad von Brünn, und er hatte einen schmerzlichen Zerstoß mit seinem eigenen Sohne Bretislaw, welchen Kämpfen ich selber schon als junger Dienstmann beiwohnte; aber diese Streite wurden immer nur durch eine starke Aufreizung, wie sie bei Menschen vorkommen, angezündet, und sie wurden mit Reueschmerz und mit Bruder- und Freundestränen gestillt, wie der milde König vor Brünn mit der österreichischen Hilburg der Gemahlin seines Bruders Konrad getan hat. Man wußte damals stets, wer Herzog sei, sein Recht war nie in Zweifel gestellt, man tat seine Pflicht, und alle hervorragenden Männer verehrten den König und Herzog, und das Volk insgesamt, wie sogar die Feinde des Königs sagen, liebte ihn, von dem größten Landmanne Böhmens bis zu dem armen Sackpfeifer herab. Da war ein Mann, ihr müßt seinen Ruf kennen, sein Name war Bozetech, er war Abt, und stand dem Kloster an der Sazawa vor: dieser malte liebliche Bilder, und gestaltete aus Holz und Stein und Bein Heilige und himmlische Erscheinungen, daß die Menschen herzu kamen, und sie mit Bewunderung und Tränen ansahen. Er war ein hochgesinnter fröhlicher Mann, und bei dem Könige Wratislaw sehr wohlbeliebt. Einmal griff er bei einer hohen Messe dem Bischofe Cosmas vor, und setzte dem Könige die Krone auf. Darüber erzürnte der Bischof so sehr, daß er ihm befahl, ein Heilandkreuz von seiner eigenen Lebensgröße zu schnitzen, es auf seinen Schultern nach Rom zu tragen, und es daselbst in der Kirche des heiligen Petrus niederzulegen. Und der Mann Bozetech tat, was ihm befohlen worden war. Wo ist jetzt einer, der, wenn er auch wüßte, was Gehorsam ist, ein solches Zeichen gäbe, die Heiligkeit der Ordnung anzuerkennen? Das ist zu Grunde gegangen. Damals folgten die Herzoge auf einander ohne Widerrede. Auf den heftigen Ulrich folgte der erste Bretislaw, der das Alterserblichkeitsgesetz errichtete, auf Bretislaw folgte der schöne Spitihnew, und auf ihn sein Bruder unser König Wratislaw, auf diesen sein Bruder Konrad, und auf Konrad der Sohn Wratislaws der zweite Bretislaw, der die Alterserblichkeit zerstörte. Daraus folgten die bösen Kämpfe, von denen ich heute schon gesprochen habe. Vor der Alterserblichkeit, da die Söhne der Herzoge nach der Väter Tode immer das Land teilten, waren auch blutige wilde Streite. Diese Streite aber heilte das Alterserblichkeitsgesetz; es brachte aber andere. Der Herzog, welcher seinen Kindern und Brüdern wohl will, wird sie eifriger als Nachfolger wünschen als den ältesten des Geschlechtes, der seiner Liebe sehr entfernt sein kann, und weil er die Macht hat, wird er versucht sein, sie zu gebrauchen. Der heftige zweite Bretislaw, der schon in seiner Jugend auf einem Kriegszuge durch ein unvorsichtiges Bad in einem Flusse, durch welches er die Feinde auf sich lockte, vielen Großen des Reiches, die ihn bewachten, den Tod bereitete, der den Freund seines Vaters Wratislaw Zderad, welcher ihm dies einmal vorwarf, tötete, und dadurch Mißtrauen zwischen sich und seinem Vater und sogar einen sündhaften Sohneskrieg entzündete, hat es getan. Er hat mit seinen Lechen und Zupanen seinem Bruder Boriwoy gegen das Alterserblichkeitsgesetz die Nachfolge gesichert, weil er dem gesetzlichen Nachfolger seinem Vetter Ulrich zürnte. Ihr wisset, wie er geendet hat. In dem Walde von Bürglitz ist er von einem Manne ermordet worden, wie man sagt, aus Rache der Wrše Bozey und Mutina, die er verbannt hatte. Wer durch Totschlag zeigt, daß er das Leben eines Menschen nicht achtet, gibt andern die Lehre, das seine auch nicht zu achten. Und doch war er sonst ein guter Mann, er herrschte zur Wohlfahrt des Landes, und da er auf so traurige Weise gestorben war, weinte Jung und Alt um ihn. Nach seiner Herrschaft kam, wie sie kommen mußte, eine völlige Unsicherheit in die Nachfolge. Dem von ihm eingesetzten Boriwoy entriß Swatopluk die Herrschaft, nach der Ermordung Swatopluks im Kriegslager wählte das Heer auf fremdem Boden für sich einen Herzog und zwar Otto den Bruder Swatopluks, ein Wahllandtag zu Hause wieder für sich Wladislaw den Bruder Boriwoys und Halbbruder Bretislaws, und es kam zu einem Vergleiche, in welchem Otto seinem Anspruche entsagte. Wladislaw aber gab aus eigenem Willen auf seinem Sterbebette die Nachfolge Sobeslaw unserm jetzigen Herzoge, der unter der Freude des Volkes den Fürstenstuhl bestieg, und nun, da der Herzog noch lebt, da der nächste Herzog schon belohnt und anerkannt ist, sind wir wieder versammelt, einen Herzog zu wählen. Was kann aus diesen Dingen werden? Durch die Ungewißheit der Nachfolge sind von jenem Bretislaw an mehrere Hunderte der hervorragenden Männer der Länder um das Leben gekommen, und viele Tausende des Volkes in das Grab gesunken, es sind Städte in Asche gelegt, Dörfer dem Erdboden gleich gemacht, und saatreiche Fluren in Einöden СКАЧАТЬ