Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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Ein gewisses junges Mädchen aus der guten Gesellschaft aber war aus Abenteuerlust Journalistin geworden. Stubener hatte seine Einwilligung dazu gegeben, dass die Dame Pat in ihrer Eigenschaft als Reporterin interviewte.
Sie unterzeichnete ihre Aufsätze immer mit ihrem wirklichen Namen, Maud Sangster. Die Sangsters waren eine bekannte reiche Familie. Ihr Begründer, der alte Jacob Sangster, hatte sein Bündel geschnürt, als Knecht auf Farmen im Westen gearbeitet und ein unerschöpfliches Boraxlager in Nevada entdeckt, das er anfangs mit Mauleselgespannen bearbeitete, bis er schließlich eine Eisenbahn baute, um den Transport selbst zu besorgen. In der Folge hatte er auf Hunderten und Tausenden von Quadratmeilen in Kalifornien, Oregon und Washington Borax abgebaut und den Verdienst eingesteckt.
Später hatte er mit seinen Geschäften Politik verbunden, Politiker, Richter und Maschinen gekauft und war Leiter eines großen industriellen Konzerns geworden. Und dann starb er, reich an Ehren und Pessimismus, und hinterließ seinen Namen den Geschichtsschreibern der Zukunft zum Beschmutzen und ein paar hundert Millionen seinen Söhnen zum Streiten.
Die folgenden Prozesse und industriellen und politischen Kämpfe verärgerten und belustigten ganz Kalifornien ein Menschenalter hindurch und endeten mit tödlichem Hass zwischen den vier Söhnen.
Der jüngste von ihnen, Theodore, machte plötzlich, im besten Mannesalter, eine Wandlung durch. Er verkaufte seine Landsitze und seine Rennställe und stürzte sich in einen Kampf gegen alle Korruption in dem Staat, in dem er geboren war. Und er traf die meisten Millionäre dieses Staates bei seinem Versuch, sich von der Schande zu befreien, die der alte Jacob Sangster begründet hatte.
Maud Sangster war die älteste Tochter Theodores. Das Geschlecht der Sangster erzeugte durchweg kampflustige Männer und schöne Frauen. Maud bildete keine Ausnahme. Dazu musste sie etwas von der alten Abenteuerlust der Sangsters geerbt haben, denn als sie erwachsen war, tat sie vieles, was eine Dame in ihrer Stellung sich nicht hätte leisten dürfen. Obgleich sie eine glänzende Partie war, blieb sie unverheiratet. Sie hatte sich in Europa aufgehalten, ohne einen adligen Gatten heimzuführen, und hatte unter ihren Landsleuten zahlreiche Körbe ausgeteilt. Sie liebte den Freiluftsport, hatte die Tennismeisterschaft von Kalifornien gewonnen und die Zeitschriften der besseren Kreise durch unpassende Artikel in Atem gehalten. Sie war in einem Rennboot von San Mateo nach Santa Cruz gesegelt und hatte einmal Aufsehen erregt, weil sie sich als einzige Frau an einem Polokampf beteiligt hatte.
Die reformatorischen Bestrebungen ihres Vaters ergriffen auch sie. In leidenschaftlichem Unabhängigkeitsdrang setzte sie, die noch nie einem Manne begegnet war, dem sie sich freudig unterworfen hätte, und die ihrer vielen Anbeter längst überdrüssig war, ihren Missetaten die Krone auf, verließ ihr Heim und nahm eine Stellung beim »Kurier-Journal« an.
Einmal glückte es ihr, Morgan in einer wichtigen Sache zu interviewen, während ein Dutzend hervorragender New-Yorker Journalisten vergebens Jagd auf ihn machte. Sie ging mit einem Taucher auf den Grund des Goldenen Tors hinab und flog mit Rood, dem »Vogelmenschen«, als er alle Rekorde schlug.
Nach alledem sollte man glauben, dass Maud Sangster eine derbe Amazone gewesen wäre. Aber im Gegenteil: sie war eine grauäugige, schlanke junge Dame, drei- oder vierundzwanzig Jahre alt, mittelgroß, mit ungewöhnlich kleinen Händen und Füßen. Und im Gegensatz zu anderen Sportmädels war sie von einer ausgesprochenen Weiblichkeit.
Sie hatte selbst dem Redakteur vorgeschlagen, dass sie Glendon interviewen wolle. Außer Bob Fitzsimmon, den sie einmal flüchtig im Frack im Grillraum des Palace-Hotels gesehen hatte, war ihr noch nie im Leben ein Boxer begegnet. Sie hatte sich übrigens auch nie etwas daraus gemacht, einen kennenzulernen, und war nie neugierig gewesen, bis Pat Glendon nach San Franzisko kam, um für seinen Kampf mit Nat Powers zu trainieren. Da reizte sie der Ruf, den er in den Zeitungen genoss. Das »Höllenbiest« – das zu sehen musste sich lohnen!
Nach dem zu urteilen, was sie über ihn gelesen hatte, musste er wirklich ein Ungeheuer in Menschengestalt, stumpfsinnig und mit der Tücke und Wildheit des Dschungeltieres, sein.
Zwar ließen Bilder von ihm diese Eigenschaften nicht erkennen, aber sie zeigten doch deutlich die mächtige Muskulatur, die darauf schließen ließ, dass er ein solches Ungeheuer war.
Und so stellte sie sich in Begleitung eines Pressefotografen zu der von Stubener angegebenen Zeit im Trainingssaal ein.
Stubener hatte Sorgen. Pat war rebellisch. Er ließ das eine seiner kräftigen Beine über die Stuhllehne baumeln, hatte die Sonette von Shakespeare aufgeschlagen auf dem Knie liegen und protestierte gegen das Kommen dieser Frau.
»Warum wollen die Weiber sich jetzt in Sportsachen mischen?« fragte er. »Da haben sie gar nichts zu suchen. Was verstehen Weiber davon? Die männlichen Reporter sind schon schlimm genug. Ich habe es nie ausstehen können, dass Weiber im Trainingssaal herumlungerten, und es ist mir ganz einerlei, ob sie Reporterin ist oder nicht.«
»Aber sie ist keine gewöhnliche Reporterin«, unterbrach Stubener ihn. »Sie haben doch wohl von den Sangsters gehört – den Millionären?«
»Warum arbeitet sie dann für eine Zeitung – und nimmt anderen armen Teufeln die Arbeit weg?«
»Sie hat sich mit ihrem alten Herrn überworfen. Sie gerieten aneinander, als er in San Franzisko auszumisten begann. Sie ging. Ging ganz einfach, verließ ihr Heim und suchte sich Arbeit.
Und das will ich Ihnen sagen, Pat: Sie schreibt ein tadelloses Englisch. Nicht einer von all den Zeitungsschmierern in der Gegend kann es mit ihr aufnehmen, wenn sie erst mal loslegt.«
Jetzt begann Pat Interesse zu zeigen, und Stubener beeilte sich hinzuzufügen:
»Sie macht Gedichte – so ein richtiges Tralala-Zeugs, gerade wie Sie. Nur glaube ich, dass ihre besser СКАЧАТЬ