Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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»Nach der Hochschule«, sagte er. »Dort hält heute ein Professor eine Vorlesung über Browning, und Browning ist einer von den Schriftstellern, die einem erklärt werden müssen. Manchmal scheint mir, dass ich in die Abendschule gehen sollte.«
»Aber großer Gott, Mann!« rief der Manager entsetzt. »Sie sollen doch heute Abend mit dem Fliegenden Holländer kämpfen.«
»Ich weiß. Aber ich brauche erst vor halb oder drei Viertel zehn im Ring zu sein. Die Vorlesung ist um Viertel nach neun zu Ende. Wenn Sie Angst haben, dass ich zu spät komme, dann holen Sie mich in Ihrem Wagen ab.« Stubener zuckte hilflos die Achseln.
»Das schadet doch nicht«, meinte Pat. »Vater sagte immer, das Schlimmste wären die letzten Stunden vor dem Kampf, und mancher Kampf sei verloren worden durch das Versagen eines Mannes, der nichts zu tun gehabt hätte, als zu denken, und der nervös geworden wäre.
Na, die Sorge brauchen Sie sich um mich nicht zu machen. Sie sollten sich freuen, dass ich noch Lust habe, eine Vorlesung zu hören.«
Und später, am Abend, während eine der fünfzehn prachtvollen Runden der anderen folgte, dachte Stubener mehr als einmal, was dieses Sportpublikum wohl sagen würde, wenn es wüsste, dass dieser junge Boxer direkt von einer Browning-Vorlesung in den Ring gekommen war.
Der Fliegende Holländer war ein junger Schwede, der einen ungewöhnlichen Kampfwillen und eine gewaltige Ausdauer besaß.
Er gönnte sich nicht einen Augenblick Ruhe während des Kampfes und griff von Beginn der Runde, bis der Gong ertönte, unaufhörlich an. Beim Outfighting wirbelten seine Arme wie Dreschflegel durch die Luft, und beim Infighting gebrauchte er die Schultern, lieferte fast einen Ringkampf und schlug, sobald er nur eine Hand freibekam.
Von Anfang bis zu Ende war er wie ein Sturmwind und machte seinem Namen Ehre. Seine Schwäche war die mangelnde Fähigkeit, Entfernung und Zeit zu berechnen. Dennoch hatte er viele Kämpfe dadurch gewonnen, dass er auf ein Dutzend der Schläge, die er unaufhörlich auf seinen Gegner niederhageln ließ, einen guten Treffer landete.
Pat, der sich immer in acht nehmen musste, dass er seinen Gegner nicht zu Boden schickte, hatte genug zu tun. Es war ihm auch nicht möglich, diesen ewig fliegenden Handschuhen ganz zu entgehen, wenn er auch nicht ernsthaft gefährdet wurde. Aber es war ein gutes Training für ihn und machte ihm Vergnügen.
»Könnten Sie ihn jetzt erledigen?« flüsterte Stubener ihm in der Pause nach der fünften Runde zu.
»Gewiss«, lautete Pats Antwort.
»Sie wissen doch, dass er noch nie k. o. geworden ist«, warnte Stubener ihn ein paar Runden später.
»Dann, fürchte ich, werde ich mir die Knöchel zerbrechen«, lächelte Pat. »Ich kenne meine Stoßkraft und weiß, dass etwas in Stücke gehen muss, wenn ich einen Schlag lande. Wenn er nicht will, dann eben meine Knöchel.«
»Glauben Sie, dass Sie es jetzt machen könnten?« fragte Stubener am Ende der dreizehnten Runde.
»Zu jeder Zeit, sage ich Ihnen doch.«
»Na, Pat, dann lassen Sie ihn meinetwegen in die fünfzehnte kommen.«
In der vierzehnten Runde übertraf der Fliegende Holländer sich selbst. Als der Gong ertönte, schoss er durch den Ring auf Pats Ecke los, ehe der richtig auf den Füßen stand.
Das Publikum jubelte, denn es wusste, dass der Fliegende Holländer jetzt loslegte.
Pat, dem das Spaß machte, beschloss, sich gegen den heftigen Angriff ganz passiv zu verteidigen und nicht einmal zu schlagen. Er gab eine hübsche Vorstellung im Decken. Manchmal deckte er das Gesicht mit dem linken Arm und den Leib mit dem rechten, dann wieder passte er sich der wechselnden Angriffsweise an und deckte das Gesicht mit beiden Händen oder den Leib mit Ellbogen und Unterarmen. Und bei alledem griff er nicht ein einziges Mal an, obwohl er unter den stürmischen Schlägen bebte, die wie ein Trommelfeuer niedergingen.
Die Zuschauer, welche dem Ring zunächst saßen, sahen und erkannten, was vor sich ging, die übrigen aber ließen sich täuschen. Sie erhoben sich und brüllten vor Begeisterung über die Abreibung, die Pat scheinbar infolge der Überlegenheit des anderen erhielt.
Als die Runde vorbei war, waren sie ganz verblüfft, als sie Pat sich ruhig in seine Ecke begeben sahen. Das war unbegreiflich. Er hätte eigentlich zu Apfelmus geschlagen sein müssen, und doch war ihm nichts geschehen.
»Kommt es jetzt?« fragte Stubener ängstlich.
»Binnen zehn Sekunden«, erklärte Pat zuversichtlich.
»Passen Sie nur auf.«
Alles ging ohne jeden Trick vor sich. Als der Gong den Beginn der letzten Runde verkündete, sprang Pat auf, und jetzt sah man, dass er zum ersten Mal während des ganzen Kampfes wirklich auf seinen Gegner losging. Das war so unverkennbar, und der Fliegende Holländer fühlte es selber so stark, dass er zum ersten Mal in seiner Boxerlaufbahn, als sie sich in der Mitte des Ringes trafen, sichtlich zögerte.
Den Bruchteil einer Sekunde standen sie sich Angesicht zu Angesicht gegenüber. Dann sprang der Fliegende Holländer auf seinen Gegner los, und Pat schickte ihn, während er noch im Sprunge war, mit einem wohlberechneten rechten Kreuzschlag auf die Bretter.
Dieser Kampf war es, der Pats unerhört schnellen Aufstieg zur Berühmtheit begründete. Sportsleute und Sportreporter wurden auf ihn aufmerksam. Der Fliegende Holländer hatte zum ersten Mal in seinem Leben eine k.-o.-Niederlage erlitten. Sein Besieger hatte sich als ein Meister in der Verteidigung erwiesen. Seine früheren Siege waren kein Zufall gewesen. Er hatte eine ungeheure Kraft in seinen Fäusten, war ein Riese, der es noch weit bringen musste. Die Zeit ist schon vorbei, versicherten die Berichterstatter, da er seine Kraft auf Boxer dritten Ranges verschwendete, die nur Versuchskaninchen für ihn darstellen konnten. Wo waren Ben Menzies, Rege Rede, Bill Tarwater und Ernest Lawson? Es wurde Zeit, dass sie gegen diesen jungen Mann antraten, der sich so plötzlich als ein Boxer von Rang erwiesen hatte. Was für ein СКАЧАТЬ