Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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So standen die Dinge, als der vierte Match arrangiert wurde, und zwar gegen Pete Sosso, einen Portugiesen aus Butchertown, der namentlich durch die erstaunlichen Tricks bekannt geworden war, die er im Ring anwandte.
Pat trainierte nicht für diesen Kampf, vielmehr machte er in aller Eile eine traurige Reise in die Berge, um seinen Vater zu begraben. Der alte Pat war sich längst darüber klar, wie es mit seinem Herzen stand, und jetzt hatte es plötzlich aufgehört zu schlagen.
Der junge Pat kam im letzten Augenblick nach San Franzisko zurück. Er vertauschte nur schnell die Reisekleidung mit der Boxhose, und trotzdem mussten die Zuschauer zehn Minuten warten.
»Denken Sie daran, ihm eine Chance zu geben«, ermahnte ihn Stubener, als Pat durch die Seile in den Ring kletterte. »Spielen Sie mit ihm, aber so, dass er es für Ernst hält. Halten Sie ihn zehn bis zwölf Runden hin, ehe Sie ihn k. o. schlagen.«
Pat richtete sich nach dieser Belehrung, und obgleich Sosso so tückisch kämpfte, dass Pat sich nur mit Mühe zurückhalten konnte, schlug er ihn nicht nieder, was eine Kleinigkeit für ihn gewesen wäre.
Es wurde eine schöne Darbietung, und das Publikum war begeistert. Sossos wirbelnde Angriffe, seine wilden Finten, seine plötzlichen Rückzüge und Ausfälle erforderten Pats volle Aufmerksamkeit, um sich zu decken, und doch konnte er nicht verhindern, dass er ab und zu getroffen wurde.
Stubener lobte ihn in den Pausen, und alles wäre wohl nach Wunsch gegangen, hätte Sosso nicht in der vierten Runde einen seiner gemeinsten Tricks angewandt.
Pat hatte, als sie dicht aneinander waren, einen Haken gegen Sossos Kinn gelandet, als zu seinem Erstaunen sein Gegner die Arme sinken ließ, mit rollenden Augen und wankenden Beinen rückwärts taumelte und offenbar halb betäubt war. Pat ließ die Arme sinken und betrachtete verwundert Sosso, der fallen zu wollen schien, sich dann aufrichtete und mit Augen, die scheinbar nichts sahen, wieder ein paar Schritte vorwärts wankte.
Und da geschah es zum ersten und letzten Mal in Pats Boxerlaufbahn, dass er nicht auf dem Posten war. Er war einen Schritt beiseite getreten, um den taumelnden Mann vorbeizulassen, als Sosso plötzlich mit der Rechten zustieß.
Pat bekam den Schlag gerade gegen das Kinn und mit solcher Kraft, dass ihm die Zähne im Munde knirschten. Das Publikum johlte vor Begeisterung.
Aber Pat hörte es nicht. Er sah nur Sosso, der grinsend vor ihm herumtanzte, vollkommen kampffähig und nicht im geringsten mehr taumelnd.
Der Schlag schmerzte, aber weit mehr erbost war Pat über die Tücke seines Gegners. Der Zorn, den sein Vater stets vergeblich in ihm anzufachen versucht hatte, stieg in ihm auf. Er schüttelte den Kopf, wie um den Schlag abzuschütteln, und trat dem Mann entgegen.
Und was jetzt geschah, war das Werk einer Sekunde. Nach einer Finte, die seinen Gegner ablenkte, landete seine Linke auf dem Solarplexus, und fast im selben Augenblick richtete er einen Schlag seiner Rechten gegen das Kinn Sossos. Er traf den Mund, ehe noch der fallende Körper den Boden erreicht hatte.
Die Klubärzte mussten eine halbe Stunde arbeiten, bis es ihnen glückte, Sosso wieder zum Bewusstsein zu bringen.
Dann vernähten sie ihm die Lippen mit elf Nadeln und verpackten ihn in einen Krankenwagen.
»Es tut mir wirklich leid«, sagte Pat zu seinem Manager, »ich glaube, ich verlor meine Ruhe. Das will ich nie wieder tun im Ring. Vater hat mich immer davor gewarnt. Er sagte, es hätte ihn mehr als eine verlorene Schlacht gekostet. Ich wusste nicht, dass es mir passieren könnte, die Ruhe zu verlieren. Aber jetzt, da ich es weiß, werde ich mich vorsehen.«
Und Stubener glaubte ihm. Er war jetzt so weit, dass er seinem Pflegling alles zutraute.
»Sie haben gar nicht nötig, zornig zu werden«, sagte er. »Wenn Sie im Ring stehen, können Sie ja mit Ihrem Gegner umspringen, wie es Ihnen beliebt.«
»Ja, in jeder Sekunde des Kampfes«, bestätigte Pat.
»Sie können ihn erledigen, sobald es Ihnen beliebt.«
»Gewiss. Ich will nicht prahlen. Aber ich glaube, ich habe die Fähigkeit dazu. Meine Augen erspähen jede Chance, die sich mir bietet, und das Gefühl für Zeit und Entfernung ist mir angeboren. Vater hat mir schon immer gesagt, dass es eine besondere Begabung wäre, aber ich glaubte, er wolle mich nur dadurch anspornen. Jetzt, nach diesen Kämpfen, glaube ich, dass er recht hatte. Er nannte es eine Wechselbeziehung zwischen Geist und Muskeln.«
»Und das in jeder Sekunde des Kampfes«, wiederholte Stubener nachdenklich.
Pat nickte. Und Stubener hatte die Überzeugung von einer goldenen Zukunft.
»Na also, dann vergessen Sie nur nicht, dass wir den Leuten etwas für ihr Geld bieten müssen«, sagte er. »Wir werden uns immer im voraus einigen, wie viele Runden ein Kampf dauern soll. Zunächst treten Sie jetzt gegen den Fliegenden Holländer an. Ich schlage vor, dass Sie es die ganzen fünfzehn Runden dauern lassen und ihn erst in der letzten erledigen. Das gibt Ihnen Gelegenheit zu zeigen, was Sie können.«
»Gemacht, Sam«, lautete die Antwort.
»Es ist eine Probe für Sie«, warnte Stubener ihn. »Wenn es Ihnen nun misslingt, ihn in der letzten Runde auf die Bretter zu schicken?«
»Hören Sie«, Pat machte eine Pause, um seinem Versprechen größeren Nachdruck zu verleihen, und nahm dann einen Band Longfellow aus der Tasche. »Wenn ich ihn nicht in der fünfzehnten Runde erledige, will ich nie mehr im Leben ein einziges Gedicht lesen.«
»Das ist ja allerhand«, СКАЧАТЬ