Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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Bei Redding setzten sie in einer Seilfähre über den Sacramento, und in brennender Hitze reisten sie einen ganzen Tag über niedrige Ausläufer der Berge und flache Plateaus. Die Hitze wurde immer unerträglicher, und Bäume und Sträucher waren versengt und tot. Dann kamen sie endlich nach Sacramento, wo die großen Schmelzhütten in Kennet die Vernichtung, die die Vegetation betroffen hatte, erklärten.
Sie klommen aus der Schmelzstadt heraus, wo hochgelegene Häuser einen unsicheren Halt auf dem steilen Hang gefunden hatten. Es war ein breiter, gut angelegter Weg, der sie den meilenweiten Hang hinauf und von dort steil abwärts in den Sacramento Canyon führte. Der Weg, der in die Felswand des Canyons gehauen war und sich gleichmäßig senkte, wurde so schmal, dass Billy sich fürchtete, einem anderen Fuhrwerk zu begegnen. Tief unten lief der Fluss schäumend oder gleichmäßig gleitend über den steinigen Boden oder stürmte vorwärts über große Steine und Wasserfälle in seiner wilden Jagd nach dem großen Tal, das sie soeben verlassen hatten.
Zuweilen wurde der Weg etwas breiter, und dann kutschierte Saxon, während Billy zu Fuß ging, um den Wagen zu erleichtern. Sie bestand darauf, es auch hin und wieder zu tun, und wenn er die stöhnenden Pferde anhielt, damit sie auf dem steilen Hang Luft schöpften, und wenn Saxon dann neben ihren Köpfen stand, sie streichelte und ermunterte, den Weg fortzusetzen, dann war Billys Freude zu innig, als dass er sie in Worten hätte ausdrücken können, und er konnte nur seine schönen Pferde und seine schöne Frau ansehen, die so frisch und zierlich in ihrem goldbraunen Cordkleid, die festen Waden in braunem Cord unter dem kurzen, straffen Rock, dastand. Und wenn sie ihn dann mit einem Blick ansah, in dem er dieselbe Freude las, die sein Gemüt erfüllte, und sich die ehrlichen grauen Augen plötzlich betauten, dann konnte er sich nicht mehr bezwingen, sondern wusste, dass er etwas sagen musste, um sich Luft zu machen.
»Oh, du Liebes!« rief er.
Und sie antwortete strahlend: »Oh, du Lieber!«
Eine Nacht verbrachten sie in einer tiefen Senkung des Canyons, wo ein kleines Dorf mit einer Kistenfabrik lag, und wo ein zahnloser Greis, der mit seinen blassen Augen ihre Reiseausstattung betrachtete, fragte: »Seid ihr Zirkuskünstler?«
Sie kamen an Castle Crags vorbei, das mit seinen mächtigen Bastionen flammendrot von dem in der Hitze zitternden blauen Himmel abstach. Dann sahen sie den ersten Schimmer des Mount Shasta, einer rosigen Schneezinne, die sich, schön wie ein Traum, im Sonnenuntergang zwischen und über den grünen Wänden eines Canyons erhob – ein Kennzeichen, das sie viele Tage lang vor Augen haben sollten. Wenn sie einen steilen Hang hinaufkamen, konnte der Shasta plötzlich bei einer Wegbiegung, immer noch in der Ferne, erscheinen, jetzt mit zwei Gipfeln und Gletschern von schwachleuchtendem Weiß. Meile auf Meile, Tag für Tag mühten sie sich bergan, während der Shasta in seinem Sommerschnee immer neue Formen annahm.
»Ein Kino am Himmel«, sagte Billy schließlich.
»Ach, das ist alles so schön!« seufzte Saxon. »Aber es ist kein Mondtal.«
Sie begegneten einer wahren Landplage von Schmetterlingen, und viele Tage lang fuhren sie durch zahllose Schwärme der schönen flammenden Geschöpfe, die eine einförmige samtbraune Decke auf dem Wege bildeten. Und die ganze Zeit war es, als höbe sich der Weg unter den Nüstern der schnaubenden Pferde, während die Luft von lautlosen Wesen erfüllt wurde, die in Wolken von Braun und Gelb, weich und leicht wie Schnee, vom Winde dahingetrieben wurden oder sich in ganzen Bergen an den Hecken sammelten und sich hilflos in den Rieselgräben am Wege entlang treiben ließen. Hazel und Hattie gewöhnten sich allmählich daran, aber Possum fürchtete sich wahnsinnig vor ihnen.
»Hu! Wer hat je von Pferden gehört, die sich nicht mehr vor Schmetterlingen fürchteten?« neckte Billy. »Das steigert ihren Wert direkt um fünfzig Dollar.«
»Warten Sie nur, bis Sie über die Grenze von Oregon nach dem Rogue-River-Tal kommen«, sagten die Leute zu ihnen. »Das ist ein wahres Paradies auf Erden – Klima, Landschaft und Obstgärten; Obstfarmen, die nach einer Schätzung von fünfhundert Dollar den Morgen zweihundert Prozent ergeben.«
»Nun ja«, sagte Billy, als sie außer Hörweite waren. »Der Bissen ist zu fett, da kriegt man Leibschmerzen.«
Und Saxon sagte: »Ich weiß nichts von Äpfeln im Mondtal, aber das weiß ich, dass es zehntausend Prozent Glück geben soll nach einer Schätzung von einem Billy, einer Saxon, einer Hazel, einer Hattie und einem Possum.«
Durch Siskiyou und über hohe Berge kamen sie nach Ashland und Medford und rasteten am wilden Rogue.
»Es ist alles herrlich und prachtvoll«, erklärte Saxon, »aber es ist nicht das Mondtal.«
»Nein, es ist nicht das Mondtal«, sagte Billy zustimmend, und das sagte er auch noch am Abend desselben Tages, als er ein Ungeheuer von Forelle gefangen hatte, bis an den Hals in dem eiskalten Rogue stand und ganze vierzig Minuten mit seiner Beute kämpfte, bis es ihm glückte, sie ans Ufer zu ziehen, wo er sie mit einem Geheul wie ein Comanche an den Kiemen packte.
»Wer sucht, findet«, prophezeite Saxon, als sie über den Grant Pass fuhren und nordwärts über die Berge den fruchtbaren Oregontälern zusteuerten.
Als sie eines Tages in der Nähe des Umpqua rasteten, beugte Billy sich über den ersten Hirsch, den er je geschossen hatte, und begann ihn abzuziehen. Dann sah er zu Saxon auf und meinte:
»Wenn ich nicht Kalifornien kennte, so würde ich glauben, dass Oregon etwas für mich sei.«
Als sie sich abends am Hirschfleisch satt gegessen hatten, sagte er, während er, auf die Ellbogen gestützt, dalag und seine Zigarette nach dem Abendessen rauchte:
»Vielleicht gibt es gar kein Mondtal. Und wenn nicht – was dann? Wir könnten ja unser ganzes Leben lang weiter suchen. Ich wünsche mir nichts Besseres.«
»Ja, aber es gibt ein Mondtal«, sagte Saxon, »und wir werden es schon finden. Wir müssen es finden. Es ginge doch nicht, dass wir nicht eine feste Wohnung hätten. Dann würde es ja keine kleinen Hazels und Hatties oder – kleine – Billys geben –«
»Oder СКАЧАТЬ