Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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Die Freude, die Saxon schon immer an dem Körper ihres Mannes empfunden hatte, erwachte in diesem Augenblick zu neuem, vielfältigen Leben. Er war in Wahrheit ein Held, würdig der Schar, die mit ihren Flügelhelmen aus den spitzschnäbligen Booten auf den blutigen englischen Strand sprang.
Am nächsten Morgen wurde er durch einen Kuss geweckt, den sie auf seine linke Hand drückte.
»Ha! Was tust du?« fragte er.
»Ich gebe Hazel und Hattie einen Guten-Morgen-Kuss«, antwortete sie mit ehrbar niedergeschlagenen Augen. »Und jetzt will ich auch dich zum Guten Morgen küssen. – Und wo hat der Schlag getroffen? – Zeig’ es mir.«
Billy tat, wie sie wünschte, und berührte die Spitze ihres Kinns mit seinen Knöcheln. Mit beiden Händen schob sie seine Hand zurück und versuchte sie dann vorwärts zu reißen, sodass es ein Stoß wurde. Aber Billy leistete Widerstand.
»Wart einen Augenblick!« sagte er. »Du willst doch nicht, dass ich dir das Kinn ganz zerschlage. Ich will es dir zeigen. Ich kann es mit einem viertel Zoll tun.«
Und aus einer Entfernung von einem viertel Zoll traf er ihr Kinn mit einem winzigen Stoß.
Im selben Augenblick kam ein weißer Funke; es war, als spränge etwas in ihrem Hirn, während ihr ganzer Körper erschlaffte, gefühllos, schwach und willenlos wurde und ihre Augen sich verschleierten und ihre Sehkraft verloren. Im nächsten Augenblick aber kam sie wieder zu sich, und ein entsetzter, verständnisvoller Ausdruck war in ihren Augen.
»Du trafst ihn aus einer Entfernung von einem Fuß«, murmelte sie mit Andacht in der Stimme.
»Ja, und mit meinem ganzen Schultergewicht obendrein«, lachte Billy. »Ach, das ist gar nichts! – Jetzt will ich dir etwas anderes zeigen.«
Er suchte und fand ihren Solar Plexus, den er leicht mit dem Mittelfinger antippte. Dieses Mal war es, als würde sie am ganzen Körper gelähmt, und ihr Atem stockte, wohingegen ihr Gehirn und ihre Sehkraft vollkommen klar blieben. Und ungefähr im selben Augenblick waren auch diese ungewohnten Gefühle schon verschwunden.
»Ja«, meinte Billy, »jetzt kannst du dir vielleicht denken, wie es ist, wenn der andere von den Knien aus stößt, das war der Stoß, der Bob Fitzsimmons seine Weltmeisterschaft verschaffte.«
Saxon schauderte, ließ es sich aber doch gefallen, dass Billy scherzend alle Schwächen der menschlichen Anatomie an ihr selbst demonstrierte. Er presste die Spitze eines Fingers an eine Stelle mitten an ihrem Unterarm, und sie fühlte einen wahnsinnigen Schmerz. Zu beiden Seiten des Halses, unterhalb der Stelle, wo er begann, drückte er ganz leicht mit seinem Daumen, und sie fühlte ihr Bewusstsein schwinden.
»Das ist einer von den Todesgriffen der Japaner«, sagte er und fuhr fort, wobei er die verschiedenen Griffe und Stöße andauernd mit Kommentaren begleitete. »Dies ist der Zehenstoß, mit dem Gotch Hackenschmidt erledigte. Den habe ich von Farmer Burns gelernt. Und dies ist ein halber Nelson, ja, und denk dir jetzt, du machst Skandal in einem Ballsaal, und ich bin Festleiter und soll dich hinauswerfen.«
Mit der einen Hand griff er um ihr Handgelenk, und mit der anderen um ihren Unterarm, worauf er wieder sein eigenes Handgelenk packte. Bei dem geringsten Druck hatte sie das Gefühl, dass ihr Arm ein Pfeifenrohr war, das zerbrechen wollte.
»Das nennt man: ›Komm mit!‹ und hier ist der ›starke Arm‹. Ein Junge kann mit diesem Griff einen Mann werfen. – Und wenn jemand sich mit einem anderen prügelt, und seine Nase gerät ihm zwischen die Zähne, und man will ja nicht gern seine Nase verlieren, nicht wahr? Ja, dann macht man das hier, so schnell wie der Blitz.«
Sie schloss unwillkürlich die Augen, als Billy die Daumenspitzen darauf drückte. Sie konnten den fliegenden Schmerz fühlen, der einer dumpfen, furchtbaren Qual vorausging.
»Und wenn er dann noch nicht loslässt, dann presst man hart zu, und seine Augen fallen ihm aus dem Kopf, und er wird stockblind für den ganzen Rest seines Lebens. Ach, er soll schon loslassen.«
Er ließ sie los, und sie lehnte sich lachend zurück.
»Wie fühlst du dich?« fragte er. »Das sind zwar keine richtigen Boxertricks, aber sie kommen einem sehr zu statten, wenn man mal in eine Schlägerei gerät.«
»Ich fühle, dass ich mich rächen muss«, sagte sie und versuchte, den ›Komm-mit‹-Griff an seinem Arm anzuwenden.
Als sie aber zudrücken wollte, schrie sie laut vor Schmerz, denn sie tat sich nur selber weh. Billy grinste über ihre fruchtlosen Anstrengungen. Sie grub ihre Daumen in seinen Hals, um einen japanischen Todesgriff auszuführen, und sah mit tiefstem Bedauern ihre gebogenen Nägel. Sie klopfte ihn hart auf die Spitze des Kinns und schrie wieder laut, dieses Mal, weil sie sich ihre Knöchel geschlagen hatte.
»Das kann mir aber jedenfalls nicht weh tun«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen, und schlug mit der geballten Faust auf seinen Solar Plexus.
Billy brüllte direkt vor Lachen. Unter dem Überzug von Muskeln, der wie ein eiserner Panzer wirkte, war das verhängnisvolle Nervenzentrum vollkommen unzugänglich.
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